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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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durchzulüften und die Heizung aufzudrehen, gerade so, als käme er von einer Urlaubsreise zurück.«
    »Und da wurde Ihnen immer noch nicht mulmig, diesen Mann in Ihrem Haus zu haben?«
    »Klar wurde es das.« Sie hatte einen Lappen in der Hand, mit dem sie fast mechanisch den klobigen Fernsehapparat vom dünnen Staub befreite. »Der hatte doch lebenslänglich mit Verlängerung sozusagen. Ich war mir ziemlich sicher, sollte er jemals aus dem Knast kommen, wäre ich schon unter der Erde. Plötzlich ging dann alles so holterdiepolter und Götze stand mit seiner Reisetasche vor der Tür.«
    »Und?«
    »Als das rauskam, war in der Nachbarschaft der Teufel los, aber wie! Ich musste mir ganz schön was anhören, dass ich diesen Mörder wieder bei mir reinlasse. Die haben sogar gedroht, sie würden mein Haus in die Luft jagen, wenn der Götze weiter bei mir wohnt.«
    »Hat Sie das nicht beunruhigt?«
    »Doch, klar, ich wollte ihm ja auch die Kündigung präsentieren, aber der Mann einer Bekannten ist Anwalt und hat mir gesagt, dass das nicht so ohne Weiteres möglich ist. Wegen dem Verbrechen hätte ich ihn schon rausschmeißen können, ja, aber nur damals, als es gerade frisch passiert war. Doch ein Mieter, der seit 20 Jahren regelmäßig zahlt, ist sozusagen unkündbar.«
    »Was hat Herr Götze dazu gesagt?«
    »Ach, wissen Sie, der Mann war so was von ruhig, ich hab den kaum bemerkt. Er meinte, er wäre eh nur kurz da und würde dann auf Reisen gehen, seine Freiheit genießen und so. Da war ich erleichtert, glauben Sie mir.«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Keine Ahnung!«
    »Haben Sie eventuell seine Mobilnummer?«
    »Ich glaube, der hat gar kein Handy. Wir haben mal kurz drüber gesprochen, dass es ja für ihn eine totale Umstellung sein muss, rein technisch, weil in den letzten 20 Jahren mit Internet und so wahnsinnig viel passiert ist. Und da hat er gesagt, er hätte nicht vor, alles jetzt sofort nachzuholen. Bislang wäre er auch prima ohne Handy zurechtgekommen.«
    Frau Torbeck sah eher desinteressiert dabei zu, wie Wencke die gähnende Leere des Kühlschranks begutachtete, den grauen, nach Vergangenheit müffelnden Inhalt des Kleiderschranks inspizierte und schließlich auch am verstaubten Schreibtisch nichts von Belang fand. »Hatte er Besuch? Oder sonst irgendwelche Kontakte?«
    »Glaub ich nicht. Mit dem wollte keiner was zu tun haben. Ich wette, wenn der sich länger als ein paar Minuten hier in der Öffentlichkeit gezeigt hätte, die Bad Iburger wären ihm an die Gurgel gegangen. Auch wenn das schon fast zwanzig Jahre her ist, die meisten haben nie vergessen, was er mit dem kleinen Jan angestellt hat. Und der Vater lebt ja sogar noch hier ganz in der Nähe. Mit seiner zweiten Frau, eine ganz junge …« Weiter, im Flüsterton: »Seine erste Frau Gisela hat sich ja nie wieder erholt von dem Drama. Sie hat wohl ziemlich oft ziemlich tief ins Glas geschaut und ist dann so drei, vier Jahre später ganz elendig … ach, ich sollte nicht so viel quatschen.« Tat sie aber doch. Vielleicht lag es daran, dass Wencke sich nicht anmerken ließ, wie interessant sie diesen Klatsch und Tratsch fand. Da musste Frau Torbeck noch eine Schippe draufhauen. »Hüffart hat sich jedenfalls schnell getröstet. War auch gut für ihn, denn als es vorbei war mit seiner politischen Karriere, da hat er wohl auch geistig ziemlich nachgelassen. Er kann sich glücklich schätzen, dass seine junge Frau ihm so zur Seite steht.«
    Jetzt kommt sie in Fahrt, dachte Wencke und hoffte auf ein paar Details über Silvie Hüffart und ihr Leben als Promipflanze im Teutoburger Wald, täuschte sich aber. Die Vermieterin stellte lediglich die Fenster in beiden Räumen auf Kipp und entschuldigte sich dann. »Sie kommen doch auch sicher allein zurecht, oder? Ich müsste nämlich mal nach meinem Kohlrabieintopf schauen.«
    Wencke holte einen kleinen Notizblock aus ihrem Rucksack, schrieb ihre Handynummer darauf und reichte Frau Torbeck den abgerissenen Zettel. Sie war einfach kein Visitenkartentyp, die kleinen Adresszettel des LKA lagen noch immer jungfräulich im Karton verpackt. Irgendwie war es handschriftlich doch verbindlicher. »Geben Sie mir Bescheid, wenn er wieder hier auftaucht?«
    »Muss ich mir denn wegen irgendwas Sorgen machen, oder warum sind Sie hier?«
    Wencke beließ es bei der altbewährten Formulierung, die alles oder nichts bedeuten konnte: »Reine Routine.«
    Die Vermieterin nickte. »Dann seien Sie doch so nett und ziehen beim

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