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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Katastrophe ihren Lauf genommen hatte. Als Wenckes Anfrage die aktuelle Meldeadresse des Exhäftlings ergeben hatte, meinte sie erst, sich verhört zu haben: Bad Iburg, Rottstraße, als Untermieter im Haus einer Hertha Torbeck. Warum tat Götze sich das an?
    Hier war er vor Jahren verhaftet worden, und was Doro über die Polizeimethoden geschrieben hatte, war unglaublich: Man hatte sie aus dem Haus geworfen und ihr eingebläut, wenn ihr die eigene Polizeikarriere am Herzen liege, solle sie schnell Land gewinnen. Doch so eine war Doro nicht gewesen. Sie hatte die Klappe nicht gehalten, sondern vom brutalen Vorgehen der Einsatztruppe berichtet.
    Und sie hatte geschworen, dass Frankie die Nacht zuvor mit ihr im Bett verbracht hatte und somit als Täter nicht infrage kam. Doch niemand hatte Doro geglaubt.
    Wencke bog in die Rottstraße ein, mit den Händen am Steuer und dem Kopf weit in der Vergangenheit. Dieser spontane Trip nach Bad Iburg hatte schon jetzt so vieles in Erinnerung gerufen, ihre Wünsche von damals waren wieder greifbar geworden, ihre Pläne mit Anfang zwanzig, als sie eine ehrgeizige Schülerin ohne große Ahnung vom Leben gewesen war, dafür aber mit einer gehörigen Mischung aus Idealismus und Trotz gesegnet. Von dieser Wencke war zwischenzeitlich einiges auf der Strecke geblieben.
    Das Haus von Hertha Torbeck hatte den 70er-Jahre-Charme eines Toast Hawaii. Glasbausteine schirmten den seitlich gelegenen Garten ab, durch die teilweise zersprungenen Quader konnte man sogar die Umrisse einer Hollywoodschaukel erahnen.
    Frau Torbeck – eine stämmige Frau in ockerfarbenem, ärmellosem Overall und mit leopardengemustertem Haarband in der Kurzhaarfrisur – ließ sich vom LKA-Ausweis mächtig beeindrucken und schloss Wencke ohne Zögern die Tür zu Götzes Wohnung im Obergeschoss auf. »Er hat all die Jahre hindurch pünktlich gezahlt. Weshalb hätte ich mich also nach einem neuen Untermieter umschauen sollen?«
    Brutto mochten die zwei Zimmer mit Bad auf eine ordentliche Grundfläche kommen, doch tatsächlich aufrecht stehen konnte ein ausgewachsener Mann bestenfalls auf geschätzten 30 Quadratmetern. Die letzte Zigarette, die hier geraucht worden war, mochte schon eine Weile verglüht sein, doch die gelbe, stinkende Luft verriet, es war die Letzte einer ganzen Reihe gewesen. Die wenigen Möbel quetschten sich unter die Dachschrägen, ein wackeliger Kleiderschrank stand mitten im Raum, seine Rückseite war mit einer überdimensionalen Che-Guevara-Fahne bespannt. Was Revoluzzer des ausgehenden letzten Jahrtausends eben so drapierten, wenn sie unschöne Stellen in ihren verqualmten Buden kaschieren wollten. Längs der Giebelseite klemmte ein Hochbett Marke Eigenbau über dem einzigen Fenster. Im anderen Raum war die senkrechte Wand durch eine hässlich olivfarbene Küchenzeile verstellt. Es gab keinen Esstisch, Götze war bestimmt nicht die Sorte Mann, die erst sich an den Herd und dann das Selbstgekochte auf den gedeckten Tisch stellte. Wencke konnte sich ohne große Anstrengung vorstellen, wie Doro und er vor zwanzig Jahren auf dem etwas überdimensionierten, mit Tagesdecken verkleideten Sofa Pizza aus dem Karton gefuttert hatten. Jetzt war alles ordentlich aufgeräumt. Bis auf einen Papierstapel auf dem Couchtisch.
    »Dass er ein verurteilter Entführer und Mörder war, hat Sie nicht gestört?«, fragte Wencke.
    Frau Torbeck zuckte mit ihren fleischigen Schultern. »Ich wohne allein hier, bin früh verwitwet und auf die Miete angewiesen. Da war es mir lieber, von einem Schwerverbrecher das Geld überwiesen zu bekommen, der in echt gar nicht bei mir, sondern hinter Schloss und Riegel wohnt, als wenn ich mir von lärmenden Studenten auf dem Kopf herumtrampeln lasse.« Nun begann sie zu flüstern: »Oder stellen Sie sich vor, da ist einer nicht ganz anständig, ein Sittenstrolch womöglich, und ich als alleinstehende Frau wäre dann völlig hilflos …« Jetzt ging gerade eindeutig die Fantasie mit Frau Torbeck durch.
    »Woher Götze das Geld hatte, war Ihnen wahrscheinlich egal.«
    »Ehrlich gesagt, ja.«
    Wencke öffnete einige Schubladen. Alles war extrem ordentlich, wie in einer Ferienwohnung, die mit dem Nötigsten ausgestattet war. Messer, Gabel, Löffel in akkurater Eintracht, darunter Topflappen, Schere, Dosenöffner und Feuerzeug. »Wie war das mit seiner Entlassung?«
    »Herr Götze hat mich vom Gefängnis aus angerufen und mir mitgeteilt, wann er genau kommen wird. Er hat mich gebeten,

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