Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
zu warnen.
Kel verließ sein Versteck.
Neben Bebon stand Nitis, schöner denn je.
»Es wird überall nach dir gesucht«, erzählte der Schauspieler. »Man beschuldigt dich, Ritualgegenstände gestohlen und ein Heiligtum entweiht zu haben. Das bedeutet eine weitere Todesstrafe.«
»Ist euch auch wirklich niemand gefolgt?«
»Nordwind hätte uns schon gewarnt, wenn einer zu neugierig gewesen wäre.«
»Hier ist meine Abschrift des verschlüsselten Papyrus«, sagte Nitis mit ernster Miene und reichte sie Kel.
Sofort setzte sich Kel in Schreiberhaltung hin und versuchte den Amulett-Schlüssel an dem Schriftstück, das sie so lange nicht hatten lesen können. Und dieser Versuch war nun endlich von Erfolg gekrönt.
Die augenblickliche Lage ist verheerend, las er laut vor, und wir können sie nicht länger ertragen. Deshalb haben wir beschlossen, zu handeln und dieses Land wieder auf den rechten Weg zu bringen, indem wir den neuen Umständen Rechnung tragen. Auf die vergangenen Werte zu beharren, wäre ein großer Irrtum. Allein Fortschritt und eine grundlegende Veränderung der Machtverhältnisse können das Land aus seinem Tiefschlaf wecken. Ihr, an die sich diese Erklärung wendet, seid in der Lage, uns zu helfen. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass Ihr die notwendige Unterstützung erhaltet, damit wir unsere gemeinsamen Pläne verwirklichen können. Aber es gibt noch eine letzte, wenn auch winzige Schwierigkeit, die uns Sorgen macht: die Gottesdienerin. Ihre Macht ist zwar nicht unumschränkt, aber doch von Bedeutung. Wir sollten uns vor ihr in Acht nehmen und sie auf keinen Fall an den Ereignissen teilhaben lassen. Wir, das heißt …
Kel hörte auf zu lesen.
»Lies weiter!«, forderte ihn Bebon auf. »Jetzt erfahren wir endlich, wer die Verschwörer sind.«
»Sie verwenden plötzlich einen anderen Schlüssel«, klagte der Schreiber. »Der Rest ist unverständlich.«
»Streng dich doch ein bisschen an!«
Kel versuchte es mit allen Möglichkeiten, die die vier Amulette boten, aber ohne Erfolg.
»Die Ahnen haben uns den Anfang dieses Papyrus erläutert«, sagte Nitis. »Die Gottesdienerin hat den Schlüssel zum zweiten Teil, in dem die Namen der Verschwörer und der Empfänger ihrer Botschaft erscheinen.«
»Dabei könnte es sich um König Amasis selbst handeln«, bemerkte Bebon. »Vielleicht stützt er sich auf einige seiner Ratgeber in der Hoffnung, die Rückschrittlichen aus dem Weg zu räumen und den Einfluss Griechenlands zu mehren.«
»Und wenn genau das Gegenteil der Fall wäre?«, wandte Kel ein. »Den Anhängern des Althergebrachten missfällt Amasis' Herrschaftsstil, deshalb wollen sie ihn stürzen und zu einer wahren Unabhängigkeit zurückfinden, indem sie die Griechen aus dem Land jagen.«
»Hirngespinste! Dann hätten wir kein Heer mehr.«
»Vielleicht könnte ein neuer Pharao die notwendigen Truppen im Land erheben. Zu Zeiten von Königin Ahotep ist es uns sogar gelungen, die Hyksos zu vertreiben!«
»Und wer sollte der Anführer sein? Siegelbewahrer Udja, Henat oder Richter Gem?«
»Verlieren wir keine Zeit mit nutzlosen Mutmaßungen«, empfahl Nitis. »Wir wissen lediglich, dass dieses Schriftstück nicht in die Hände der Übersetzer gelangen durfte. Sein Verfasser befürchtete, der Papyrus könnte entziffert werden und hat deshalb alle Schreiber getötet oder töten lassen.«
»Und mein Freund Demos ist ihr Helfershelfer und Spitzel gewesen«, erinnerte Kel.
»Womit wir wieder auf der griechischen Fährte wären!«, fügte Bebon hinzu.
»Demos konnte handeln, weil er auf Kosten eines ägyptischen Würdenträgers reichlich entlohnt wurde. Kaum hatte er den verbrecherischen Auftrag erfüllt, hat man ihn in Naukratis ermordet, um den Verdacht auf die Griechen zu lenken und Amasis zu schwächen.«
»In dem Schreiben wird der Helm des Königs nicht erwähnt«, sagte die Priesterin.
»Und die entscheidenden Hinweise finden sich in dem unlesbaren Teil des Schriftstücks«, ergänzte Bebon.
»Jetzt haben wir den Beweis für Kels Unschuld«, war Nitis überzeugt.
»Einen Beweis, mit dem man nichts anfangen kann!«
»Seid ihr nicht auch der Meinung, dass wir einen ersten Schritt geschafft haben? Wir sollten nach Theben reisen und die Gottesdienerin aufsuchen. Sie muss sich für Kel einsetzen.«
Bebon kratzte sich nachdenklich am Kopf.
»Das ist eine gefährliche Reise, eine sehr gefährliche Reise … Die Verschwörer werden bald herausfinden, dass es Kel gelungen ist, den
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