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Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Titel: Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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gewaltigen Pharaonen des Alten Reichs, wie eben Cheops, stärkte Amasis seine eigene Kraft und bekräftigte seine Achtung vor den althergebrachten Werten. Würde er, der Wegbereiter der griechischen Kultur, die sich in Ägypten auf Kosten von Maats Gesetz auszubreiten begann, wirklich eine andere Richtung einschlagen?
    Kel und Nitis konnten sich das nicht recht vorstellen.
    Wegen dieses Traums, der dem König unmissverständlich mitgeteilt hatte, dass ihn sein Abweichen ins Unglück führen musste, versuchte er nun, seine Fehler wiedergutzumachen, indem er den Schutz großer Ahnen erflehte. Ob das genügen würde?
    Dienstbeflissen kam der Schreiber seinen Pflichten nach und brachte Schalen und andere Gefäße mit Opfergaben. Die Seele des auferstandenen Königs nahm diese alles durchdringende Lebenskraft daraus auf und verwandelte sie in schöpferisches Strahlen.
    Der Erste Ritualist des Pyramiden-Tempels war mit Kels Verhalten so zufrieden, dass er ihm mehr Verantwortung übertrug. Von nun an wählte Kel die Opfergaben nach den sinnbildlichen Vorgaben selbst aus und kümmerte sich um die Pflege der Ritualgegenstände. Außerdem erhielt er Zugang zu einigen Kapellen im geheimen Teil des Heiligtums – also dort, wo die Stimmen der Vorfahren zu vernehmen waren.
    Der Zweite Ritualist war mit Kels Beförderung alles andere als einverstanden. Wenn er auch mit seinem dicken Bauch und den drallen Armen und Beinen keine besonders gute Figur machte, hoffte er doch, bald den Platz seines Herrn einzunehmen, der an starken Gelenkschmerzen litt.
    Als Kel gerade eine Schale aus Alabaster mit Wein füllte, hatte er das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden.
    Der Zweite Ritualist ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Sei bloß vorsichtig. Diese Schale ist sehr alt. Wenn du sie fallen lässt, wirst du hier sofort entlassen.«
    Kel nickte.
    »Die Priester des Ka blicken hier in Memphis auf eine lange und glanzvolle Überlieferung zurück. Du bist aber nicht von hier.«
    »Das ist richtig.«
    »Woher kommst du denn?«
    »Aus dem Norden.«
    »Aus einer großen Stadt?«
    »Nein, aus einem kleinen Dorf.«
    Der stellvertretende Oberritualist sah ihn verächtlich an.
    »Mach dir bloß keine falschen Hoffnungen, mein Junge! Und bilde dir ja nicht ein, wir hätten hier in Memphis nur auf dich gewartet. Nur Sprösslinge aus den besten Familien werden zu den höchsten Ämtern zugelassen. Wie bist du überhaupt bei uns gelandet?«
    »Ich wurde zugeteilt.«
    »Aha … also nur vorübergehend. Dann solltest du dich auf deine Arbeit beschränken und im Übrigen den Mund halten.«
    »Ich habe den Befehlen des Oberritualisten zu gehorchen.«
    »Die Krankheit trübt gelegentlich seinen Scharfblick. Meine Aufgabe besteht darin, ihn vor Störenfrieden von deiner Sorte zu warnen, damit er ihnen nicht auf den Leim geht. Mit anderen Worten – dich erwartet keine weitere Beförderung. Gib dich mit dieser zufrieden, es war deine letzte.«
    Überzeugt von der nachhaltigen Wirkung seiner Worte, machte sich der mürrische Mensch von dannen.
    Kel sollte sich vor ihm in Acht nehmen und auf keinen Fall gegen seine strikten Anweisungen verstoßen. Dabei gab es bisher noch keinen einzigen Hinweis, der zur Entschlüsselung des Papyrus hätte führen können.
    Der Schreiber hütete sich außerdem davor, Bebon zu treffen. Liefen sie sich dennoch einmal über den Weg, genügte ein einfaches Kopfschütteln, um sich mitzuteilen, dass sie noch immer keinen Erfolg zu verzeichnen hatten. Auch mit Nitis konnte er keine Zeit verbringen. Ihr so nahe zu sein und doch nicht mit ihr sprechen zu können, war für Kel schrecklich. Doch immerhin hatte sie ihn nicht abgelehnt. Aber sie blieb ein Traum, unerreichbar wie der ferne Horizont.
    Seine Arbeit als Priester des Ka sagte Kel dagegen von Tag zu Tag mehr zu. Seine Gedanken den Opfergaben zuzuwenden, die Ahnen zu verehren und das Unsichtbare wahrnehmen zu wollen, waren beglückende Herausforderungen. Warum konnte er sich nicht damit zufriedengeben und aufhören, einer unmöglichen Wahrheit hinterherzujagen?
    Weil er früher oder später erkannt werden würde. Dann würde man ihn gefangen nehmen, richten und für Verbrechen verurteilen, die er nicht begangen hatte. Das Schicksal ließ ihm also gar keine Wahl: Solange er seine Unschuld nicht bewiesen hatte, konnte er keine Ruhe finden.

78
    F rüh am Morgen begann Kel seinen Dienst. Mit einer großen Platte voller Speisen als Opfergabe betrat er den Tempel der Pyramide von

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