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Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Titel: Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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hatte er sich ein Vergnügen daraus gemacht, die Priester zu sich zu rufen und ihnen seine Entscheidung mitzuteilen: Die Heiligtümer mit den Orakeln, die ihn verdammen wollten, würde er reich, die anderen, die ihn freigesprochen hatten, arm machen. Die ersten hatten die Wahrheit gesagt, die zweiten gelogen! Die wahren Götter wussten von seinem Diebstahl und verdienten, dafür geehrt zu werden, die falschen verdienten nur seine Verachtung.
    Amasis kostete diese aufsehenerregende Tat noch lange aus. Kein Orakel war ihm mehr im Weg, und er herrschte mit eiserner Faust, um die Frömmler loszuwerden. Denker wie Pythagoras waren die Zukunft, fähig, die wesentlichen Bestandteile der alten ägyptischen Weisheit mit der griechischen Gedankenlehre anzureichern. Noch viele andere Weise sollten nach Sais kommen und die zukünftige Welt gestalten.
    Weit weg vom Delta bewahrte die Gottesdienerin die alten Überlieferungen. Aber ihr Reich Theben, die heilige Stadt des Gottes Amun, spielte nur eine untergeordnete Rolle und hatte keine wirtschaftliche Bedeutung. Die Riten, die die alte Dame feierte, machten sie einem Pharao ähnlich – zum Glück allerdings ohne wirkliche Macht. Sie widmete sich dem Dienst an den Gottheiten, hatte auf Ehe und andere Vergnügen verzichtet und strebte nicht nach weltlicher Macht. Deshalb duldete Amasis diese überholte Einrichtung gnädig, die so fern aller Wirklichkeit war.
    Er hatte große Neuerungen in der Rechtsprechung und im Steuerwesen durchgesetzt, plädierte für eine leistungsstarke Wirtschaft, hatte eine abschreckende Verteidigungsmacht geschaffen und war mit den meisten griechischen Königtümern verbündet – Amasis wollte Ägypten den Weg in eine neue Gesellschaftsform bereiten. Hier im Norden von Ägypten, in der Nähe des Mittelmeers, war der Fortschritt in vollem Gange. Bald würde er auch den Süden aus seinem Tiefschlaf wecken.
    »Ist die Sitzung des Hohen Rates gut verlaufen?«, wollte die Königin wissen.
    »Tanit! Was für ein wunderschönes Kleid – da haben sich die Weberinnen von Sais ja selbst übertroffen.«
    »Nicht wahr? Und ganz nach deinen Vorstellungen; das erste weltliche Kleid aus den Tempelwerkstätten.«
    »Ich hatte also recht! Warum sollte man ihre Begabungen nur den Priestern vorbehalten?«
    »Den Gerüchten zufolge werden die Götter nicht begeistert sein«, antwortete die Herrscherin.
    »Ach was«, Amasis lachte, »das behaupten die Priester doch nur, um ihre Rechte zu verteidigen. Ihr werdet sehen, ich bin noch längst nicht mit der Abschaffung ihrer Vorrechte fertig.«
    »Ich hatte gerade Besuch vom Hohepriester der Göttin Neith.«
    »Wahibra?«
    »Ja, er kam in Begleitung eines seltsamen Gastes, dem Schreiber Kel.«
    Der Pharao fuhr hoch.
    »Kel … Der Übersetzer … Der flüchtige Mörder?«
    »Ja.«
    Amasis sank in die Kissen zurück.
    »Mir dreht sich alles … Wollt Ihr Euch über mich lustig machen?«
    »Dieser Schreiber beteuert seine Unschuld. Er behauptet, es gibt Verschwörer, die auf Euren Thron wollen. Ein Umstürzler, unterstützt von einer Dame Zeke, einer griechischen Geschäftsfrau aus Naukratis, die in Ägypten das Geld einführen will, wird sich bald Euren Helm aufsetzen. Die Übersetzer wurden getötet, weil sie belastende Schriftstücke entdeckt hatten. Und dann hat man diesen Kel zum Sündenbock gemacht.«
    »Was hat er für Beweise?«
    »Sein gutes Gewissen und einen verschlüsselten Papyrus, den er für ausschlaggebend hält.«
    »Was steht darauf geschrieben?«
    »Er konnte ihn noch nicht entziffern.«
    Amasis wurde wütend. »Und da habt Ihr nicht die Wachen gerufen!«
    »Dieser junge Mann scheint mir glaubwürdig zu sein. Außerdem bürgt der Hohepriester für ihn.«
    »Wahibra ist wohl von allen guten Geistern verlassen! Wahrscheinlich kennt Ihr die jüngsten Taten Eures ›Unschuldigen‹ noch nicht: Nachdem er in Naukratis zwei weitere Morde begangen hat, bei einem davon wurde er gesehen, hat er Richter Gem als Geisel genommen.«
    Die Königin wurde blass. »Ist er verletzt?«
    »Zum Glück nicht, Kel und sein Helfershelfer haben ihn freigelassen.«
    »Was ist mit dieser Dame Zeke?«
    »Der Mörder hat sie hintergangen. Und die Hausdiener dieser Griechin, die in Naukratis hohes Ansehen genießt, haben beobachtet, wie Kel seinem früheren Freund Demos – der ebenfalls auf der Flucht war – die Kehle durchschnitt. Wir haben es hier mit einem Ungeheuer der übelsten Art zu tun. Ich habe dem Richter die Erlaubnis

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