Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
nicht kenne und ihren Liebhaber erwähnen – und dann würden die Wachtruppen beide Freunde festnehmen.
»Also los, gehen wir«, sagte der kräftige Kerl, der zur Bewachung des Lieferanten bestimmt worden war.
Der Schreiber hatte keine Möglichkeit, ihm zu entkommen. Sein Gegner war mit einem dicken Knüppel und einem kurzen Schwert bewaffnet und konnte ihn jederzeit ohne Schwierigkeiten überwältigen.
Nordwind schien der Ernst der Lage bewusst zu sein, denn er hinkte trostlos hinter Kel her. Und immer wieder begegneten die drei Soldaten und Wachleuten, die sich in der ganzen Stadt verteilt hatten, um möglichst viele Verdächtige aufzutreiben.
Ob der Esel wohl die falsche Richtung einschlug und versuchte, ihren Wächter in die Irre zu leiten? Das würde der aber sicher merken und es sich bestimmt nicht gefallen lassen.
Während der Schreiber noch verzweifelt nach einem Ausweg suchte, gab es plötzlich lautes Geschrei.
Zwei Soldaten riefen seinen Bewacher zu sich.
»Einer versucht zu fliehen! Komm mit, wir müssen ihn kriegen.«
»Ich habe aber den Befehl …«
»Jetzt hast du eben einen anderen – die Sache geht vor!«
Der Mann gehorchte.
So waren Kel und der Esel unversehens wieder frei und beeilten sich, zum Haus von Honigmund zu kommen. Kel wollte Bebon so schnell wie möglich warnen, und dann mussten sie sofort diesen Unterschlupf verlassen, ehe er ihnen zur Falle wurde.
Richter Gem hatte tüchtig auf den Putz gehauen. Weil er es nicht ertragen konnte, mit anzusehen, wie ein flüchtiger Mörder seine Spielchen mit der Gerichtsbarkeit trieb, hatte er ein gewaltiges Aufgebot an Sicherheitskräften in Bewegung gesetzt – in der Hoffnung auf ein eindrucksvolles Ergebnis.
Sollten sich der Schreiber Kel und seine mutmaßlichen Helfershelfer tatsächlich noch in Memphis aufhalten, würden sie bei dieser Menschenjagd gefasst oder von den verängstigten Stadtbewohnern verraten werden. Irgendwann würden diese schon reden, und niemand konnte es wagen, einen Verbrecher zu schützen, nach dem mit solchem Aufwand gesucht wurde.
Am Ende dieses ereignisreichen Tages sprachen die Männer, die für die Durchsuchungen verantwortlich waren, bei Richter Gem vor. Sie hatten einen General zu ihrem Wortführer ernannt.
»Erfreuliche Ergebnisse: keine Zwischenfälle, aber zahlreiche Festnahmen. Etwa zwanzig Diebe, darunter fünf vorbestrafte, einige Fremde mit unklarer Herkunft, arbeitsscheue Streuner, gewissenlose Väter, die nicht für ihre Familien aufkommen wollen, und fliegende Händler, die keine Steuern zahlen. Einige der Aufgegriffenen haben vergebliche Fluchtversuche unternommen.«
»Gut, gut«, sagte der Richter mürrisch. »Habt Ihr den Schreiber Kel verhaftet?«
»Leider nein.«
»Gibt es irgendwelche Hinweise, wo er sich aufhält?«
»Nicht einen einzigen.«
»Was ist mit der Priesterin Nitis?«
»Das Gleiche. Trotzdem war Euer Unternehmen ein voller Erfolg, Richter Gem. Die Verbrecherwelt von Memphis wiegt sich nicht mehr in Sicherheit und weiß jetzt, dass wir jederzeit zuschlagen können. Euch ist es zu verdanken, dass die Sicherheitskräfte wieder Oberwasser haben.«
»Gebt den Dank an Eure Soldaten und Wachmannschaften weiter, General.«
Die Offiziere verabschiedeten sich.
Gem blieb allein zurück und überlegte, wie er Siegelbewahrer Udja diese schwere Schlappe erklären sollte. Da gab es nur eine Lösung: Er musste die Wahrheit sagen und gleichzeitig seinen Rücktritt einreichen. Nach diesem beispiellosen Fehlschlag durfte der alte Richter nicht länger im Amt bleiben.
So viele gelöste Fälle, so viele Verhandlungen, die er zu einem guten Ende geführt, so viele Schuldige, die er hinter Schloss und Riegel gebracht hatte … Und nun dieser Schreiber, der ihn zum Spott machte und ihm einen schmählichen Abgang zu bereiten schien! Nein, Gem wollte sich nicht entmutigen lassen.
Anstatt sich so zu erniedrigen, wollte er die erfreulichen Ergebnisse dieses Unternehmens herausarbeiten und daraus seine Schlüsse ziehen: Entweder hatte dieser Kel Memphis bereits wieder verlassen, oder aber er musste über ein riesiges Netz von Helfershelfern verfügen, das eine Bedrohung für das ganze Land darstellte.
Der verschlüsselte Papyrus, den man in der Cheops-Kapelle gefunden hatte, war nach wie vor nicht zu entziffern. Und der Helm von Amasis blieb weiterhin spurlos verschwunden.
Die Tatsache, dass es dieses verschlüsselte Schreiben gab, schien für den Schreiber zu sprechen … Aber
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