Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
sich, wie die Wachtruppen andeuteten, um den Schreiber Kel handelte, einen Mörder und Dieb, der viel zu schwach war, um so etwas zu wagen.
Der Pharao hielt sich sehr gern in Memphis auf. Auch wenn ihm seine Hauptstadt Sais am liebsten war, schätzte er doch sehr die Weltoffenheit dieser großen Stadt, die sich ohne Schwierigkeiten allen jeweiligen Erfordernissen anpasste.
Die Entwicklung begreifen und danach handeln: So ließe sich wohl die Kunst bezeichnen, mit der Amasis herrschte. Und Griechenland war der Schlüssel zur Zukunft. Dem alten Ägypten mangelte es an Sinn für Neuerungen, es beschränkte sich lieber auf die Verehrung der Ahnen. Da der König die Sicherheit seines Landes einem starken Heer gut ausgebildeter und gut bezahlter griechischer Söldner anvertraute, schreckte er mögliche Feinde von vornherein davon ab, die Zwei Länder zu überfallen, deren Reichtum viele Neider hatte. Außerdem war es ihm gelungen, eine wichtige Rechtsreform durch- und eine Einkommenssteuer einzuführen, die für jeden Ägypter galt. Der Unterhalt einer Kriegsmaschinerie mit abschreckender Wirkung war teuer; hier zu sparen, wäre aber ein folgenschwerer Fehler.
Noch immer traute Amasis Mitetis nicht – sie war die Tochter des verstorbenen Apries und jetzige Gattin des reichen Krösus, dem Ersten Botschafter Persiens.
Auch wenn dieser als Freund Ägyptens galt und sich für friedliche Beziehungen einsetzte, hieß das noch lange nicht, dass dessen Frau keinen Hass gegen Amasis hegte, den sie für die Ermordung ihres Vaters verantwortlich machte. Allerdings hatte Mitetis bei ihrer letzten förmlichen Begegnung in Sais versprochen, die Vergangenheit zu begraben. War das nun aber rührend ehrlich oder geschickt gelogen?
Am späten Vormittag brachte Henat dem König einen Stapel Schreiben, die dieser lesen sollte.
»Irgendetwas Wichtiges?«
»Nur ein Brief von Krösus.«
»Gute Nachrichten?«
»Er schlägt uns vor, einige Zölle zu senken, um die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen Asien und Ägypten zu fördern. Der Gedanke ist nicht schlecht, muss aber noch genauer hinterfragt werden. Wir sollten uns unsere Vorrangstellung nicht nehmen und unsere entsprechenden Schutzmaßnahmen nicht zerstören lassen. Wenn Ihr einverstanden seid, könnten wir ihm ein paar Krümel hinwerfen, sehen, was dabei herauskommt und dann wieder von vorn anfangen.«
»Einverstanden«, sagte der König und überflog die vielen Schreiben.
Amasis war in der Lage, sich kurz, aber sehr eingehend zu konzentrieren, und wollte über alles auf dem Laufenden gehalten werden; ganz besonders über jeden noch so kleinen Vorschlag seiner Minister. Weil er sehr schnell lesen und dabei alles Wesentliche erfassen konnte, kümmerte sich der Herrscher eigentlich selbst um alles, auch wenn ihm nicht immer alle Einzelheiten bekannt waren.
»Wurden bereits ausreichend neue Übersetzer eingestellt?«
»Ich habe zwei neue Männer gefunden, die ich Euch vorstellen kann, Majestät. Beide sprechen mehrere asiatische Sprachen und haben sich längere Zeit in unseren Schutzgebieten aufgehalten. Trotz eingehender Prüfung ihrer Angaben konnte ich nichts Nachteiliges entdecken.«
»Hast du auch mit ihnen gesprochen?«
»Ja, sehr ausführlich.«
»Dann bring sie morgen zu mir, und ich teile dir anschließend meine Entscheidung mit. Gibt es neue Meldungen von unseren Leuten in Persien?«
»Ja, einige wie üblich verschlüsselte Botschaften.«
»Sind sie beruhigend?«
»Sie bekräftigen die Aussagen unseres guten Freundes, Krösus. Kaiser Kambyses scheint jede Lust an Krieg und Eroberung verloren zu haben und sich voll und ganz der Wirtschaft und dem Handel in seinem Land zu widmen.«
»Du scheinst aber Vorbehalte zu haben.«
»Das gehört zu meinem Beruf, Majestät.«
»Welche Anhaltspunkte machen dich misstrauisch?«
»Ehrlich gesagt keine. Trotzdem bin ich auf der Hut. Der Umfang unserer Handelsbeziehungen zu Persien hat sehr zugenommen, das Gleiche gilt auch für unseren nachbarschaftlichen Austausch allgemein.«
»Und ich hoffe, dass das erst der Anfang ist.«
In Begleitung einiger griechischer Gesandten, die mit Geschenken beladen waren, erschien General Phanes von Halikarnassos und bat um ein Gespräch mit dem Pharao.
Der König empfing die Gesandtschaft in dem großen Säulensaal des Palastes von Memphis und begrüßte jeden Einzelnen sehr herzlich.
Nie waren die Beziehungen zwischen Ägypten und seinen griechischen Verbündeten besser gewesen.
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