Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
verwechselt mich«, jammerte Palios.
»Bist du kein Söldner?«
»Doch, aber …«
»Und du hast zusammen mit anderen griechischen Söldnern eine Frau entführt?«
»Nein, ich bin unschuldig.«
Der Grieche versuchte zu fliehen.
Nordwind schlug aus und traf ihn so heftig, dass er bäuchlings auf dem Boden landete. Bebon hielt ihn fest und setzte ihm die Messerklinge an den Hals.
»Wenn du lügst, schneide ich dich kurz und klein! Und ich hab's eilig, sehr eilig sogar!«
»Das war ein Befehl, ich musste das machen.«
»Wer hat dir den Befehl gegeben?«
»Das weiß ich nicht. Ich hab nur gemacht, was der Anführer gesagt hat.«
»Und wie heißt der?«
»Das weiß ich auch nicht.«
»Du machst dich wohl über mich lustig, Palios!«
»Nein, ich schwöre es. Die anderen, die da mitgemacht haben, hab ich auch noch nie vorher gesehen.«
»Und was habt ihr dann gemacht?«
»Wir haben uns das Mädchen geschnappt, als sie gerade von der Ibis gehen wollte.«
»Nitis ist kein Mädchen«, sagte Kel drohend, »sondern die Oberpriesterin der Sängerinnen und Weberinnen von Neith.«
»Meinetwegen, schon gut! Das hab ich ja nicht gewusst. Wir Söldner machen einfach, was man uns sagt, und fragen nicht lang, warum.«
»Wo habt ihr sie hingebracht?«
»In ein schönes großes Haus, im Süden der Stadt.«
»Nichts wie hin«, befahl Bebon.
»Das geht nicht, ich muss zurück in die Kaserne.«
Die Spitze des Messers bohrte sich etwas tiefer in den Hals des Griechen.
»Nichts wie hin, habe ich gesagt. Also los!«
14
E s war Vollmond, und der Vierbeiner hatte einen schnellen Gang eingelegt. Doch auf einmal blieb Nordwind stehen.
Kel verstand sofort, warum.
»Du zeigst uns einen falschen Weg, Palios! Noch so was, und du erlebst den morgigen Tag nicht.«
»Eins musst du nämlich wissen«, sagte Bebon, »uns kommt es auf einen Toten mehr oder weniger nicht an. Wenn du uns aber zum richtigen Haus führst, kannst du mit etwas Glück überleben.«
Mit hängendem Kopf schlug der Grieche den richtigen Weg ein.
Kein Wachmann weit und breit.
Am Ende einer verschlafenen kleinen Straße stießen sie auf ein stattliches Anwesen, das von hohen Mauern umgeben war. Uralte Palmen spendeten dem zweistöckigen Haus, das mitten in einem großen Garten stand, angenehmen Schatten.
Nordwind richtete seine Ohren auf und blieb stehen.
»Wer wohnt hier?«, wollte Kel von dem Söldner wissen.
»Das weiß ich nicht. Wir wurden am Eingang erwartet. Dann haben wir denen das Mädchen, äh … die Priesterin, übergeben und uns davongemacht.«
»Nachdem du nichts weißt, brauchen wir dich jetzt nicht mehr«, meinte Bebon.
»Ihr habt doch versprochen …«
Aus einem der Säcke, die der Esel trug, holte der Schauspieler ein Tuch, das er dem Söldner in den Mund stopfte, dann fesselte er den Entführer mit einem kräftigen Seil. Zusammen mit Kel schleppte er ihn in einen Lagerschuppen, wo sie ihn liegen ließen.
»Irgendwann findet dich jemand«, beruhigte ihn Bebon. »Aber halt ja den Mund. Wenn du etwas ausplauderst, schneidet dir einer von unseren Leuten den Hals durch. Verstanden?«
Der Grieche nickte.
»Und jetzt stürmen wir das Haus!«, drängte der Schreiber.
»Davon rate ich dir dringend ab«, widersprach ihm sein Freund. »Wenn du mich fragst, ist das hier eine Falle. Wir sollten uns auf alle Fälle erst einmal gründlich umsehen und dann überlegen, wie wir es machen wollen.«
Obwohl sich Kel vor lauter Ungeduld kaum noch zurückhalten konnte, fügte er sich. Er wollte nicht den kleinsten Fehler machen, wenn es um die Befreiung von Nitis ging.
Bebon, der überzeugt gewesen war, das Haus werde von Söldnern bewacht, musste zugeben, dass er sich geirrt hatte. Und in der Nähe gab es auch keine Wachtruppen oder Soldaten; nur einen Pförtner in einem Holzhäuschen mit einem Leinendach. Hier war der Mann vor den sengenden Strahlen der Sonne geschützt.
»Zu schön, um wahr zu sein«, meinte der Schauspieler, »drehen wir die Runde noch mal.«
Aber hier war es einfach vollkommen ruhig – ganz anders als in den viel begangenen Straßen in den belebten Vierteln.
»Das Haus ist als Gefängnis bestens geeignet«, fand Kel.
»Wie es aussieht, halten sich die Söldner im Inneren des Hauses auf«, überlegte Bebon. »Aber wie viele sind es?«
»Ich finde, wir sollten den Pförtner ausschalten und ins Haus gehen, dann wissen wir es.«
»Nein, dieser Kerl dient doch nur als Lockvogel. Sobald wir ihm zu nahe kommen, fällt eine
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