Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
versteht Ihr wohl, warum er fehlt.«
»Henats Aufgabe ist es, alles und jeden in Frage zu stellen«, sagte der Siegelbewahrer, »und ich ermuntere ihn ausdrücklich, wachsam zu bleiben. Dennoch ist mir außer der Griechenfeindlichkeit Pefs nichts zu Ohren gekommen, was seine Beteiligung an einer Verschwörung nahelegen würde. In seinem Amt wird hervorragend gearbeitet, und Ägyptens Handel und Gewerbe blühen. Wieso sollte er einen Mörder unterstützen?«
»Weil er offen zugibt, den Griechen ablehnend gegenüberzustehen, schmiedet er vielleicht auch finstere Pläne«, meinte Henat.
»Könnte es sein, dass Pef den Helm des Pharaos hat?«, fragte die Königin.
»Das weiß ich nicht, Majestät. Es ist Richter Gems Aufgabe, ihn festzunehmen und zu verhören.«
»Dafür gibt es nicht ausreichend Gründe«, widersprach der Richter. »Eine Verhaftung würde große Unruhe in der Führung des Landes verursachen, vor allem, wenn sie ungerechtfertigt wäre. Deshalb will ich nichts unternehmen, solange ich mir nicht ganz sicher bin.«
»Da gebe ich dir recht«, erklärte Amasis.
»Erlaubt, dass ich Euch warne, Majestät.« Henat blieb beharrlich. »Wenn Ihr nichts dagegen habt, möchte ich den königlichen Schatzmeister überwachen lassen.«
»Einverstanden.«
»Pef ist soeben wieder in sein geliebtes Abydos gereist, und in Memphis wirkte er sehr verstört über das Eintreffen eines Abgesandten aus dieser Stadt. Wird Abydos bald zu einer Brutstätte der Aufständischen?«
»Das würde mich sehr wundern«, meinte General Phanes von Halikarnassos. »Abydos ist nur ein verschlafenes Nest, in dem sich alte Priester den Mysterien des Osiris widmen – fernab aller heutigen Entwicklungen. Und Söldner wachen dort über Ruhe und Ordnung.«
»Erhöhe die Bewachung und ordne noch strengere Sicherheitsmaßnahmen an«, befahl Amasis. »Beim geringsten Anzeichen von umstürzlerischen Gedanken unter den Osiris-Priestern, beim kleinsten verdächtigen Vorkommen, wünsche ich, sofort verständigt zu werden.«
»Zu Befehl, Majestät.«
»Ist es den Übersetzern mittlerweile gelungen, den Papyrus zu entschlüsseln, der hinter meiner Ka- Statueversteckt war?«, fragte der Pharao Richter Gem.
»Leider nein, Majestät. Ich habe ihn auch schon mehreren königlichen Schreibern vorgelegt, die aber trotz ihrer Gelehrsamkeit ebenfalls daran gescheitert sind. Genauso unbefriedigend verhält es sich bei dem entsprechenden Schriftstück, das in der Cheops-Kapelle gefunden wurde. Meiner Meinung nach gibt es nur einen, der den Schlüssel zu dieser Schrift besitzt: nämlich der Schreiber Kel. Über diese Schriften hat er sich vielleicht mit seinen Verbindungsleuten verständigt und sich, nachdem er mehrere Sprachen spricht, dafür ein unlösbares System ausgedacht, das nur aussieht, als wären es Hieroglyphen.«
»Als ich diesem Mörder begegnet bin«, sagte die Königin und war noch bei der Erinnerung an diese Begegnung gerührt, »erklärte er, im Besitz eines verschlüsselten Papyrus zu sein, der Grund für die Ermordung der Übersetzer gewesen sein soll. Er beteuerte außerdem, dass es Verschwörer gäbe, erklärte aber gleichzeitig seine Unschuld.«
»Ich habe diesen Kel ja auch gesehen, als er sich von allen Vorwürfen reinwaschen wollte, indem er mir einen falschen Helm überreichte«, sagte der König. »Offenbar führen alle Wege zu ihm. Weil er zugleich Vordenker und Vollstrecker ist, bleibt er ein gefährlicher Feind, der sicher versuchen wird, alle meine möglichen Gegner gegen mich zu verbünden. Hier meine Entscheidungen, um dieses Unglück zu verhindern: Du, Richter Gem, jagst weiter nach diesem Ungeheuer, und zwar mit einem Großaufgebot an Wachtruppen. Ein königlicher Erlass berechtigt dich zur Durchsuchung von Tempeln und gestattet dir, jeden hinter Schloss und Riegel zu bringen, der sich dir in den Weg stellt. Kel ist Richtung Süden unterwegs, davon bin ich inzwischen überzeugt. Deshalb stelle ich dir einige Kriegsschiffe zur Verfügung. Durchstreife alle unsere Provinzen auf der Jagd nach diesem Raubtier.«
»Ich breche schon morgen auf, Majestät.«
»General Phanes, du reist nach Elephantine«, fuhr der Pharao fort. »Unsere dortigen Truppen machen mir Kopfzerbrechen. Da sind zu viele Nubier und zu wenig Griechen. Kel und seine Verbündeten werden das auch wissen. Ernenne einen neuen Lagerkommandanten, sorge für eiserne Zucht und Ordnung, wirf alle Weichlinge raus und verpflichte nur die besten Söldner.
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