Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
nur, dass du dich hier wegrührst und uns verrätst. Hier bist du jedenfalls an der frischen Luft. Und man wird dich bald finden. Aber ich gebe dir einen guten Rat: Vergiss uns!«
Die Nacht schien endlos. Der Söldner, den sie gründlich gefesselt hatten, dankte den Göttern, dass sie ihm das Leben geschenkt hatten, und schlief schließlich irgendwann ein.
Kel wäre am liebsten sofort aufgebrochen, aber Bebon riet ihm, sich zuerst ein wenig auszuruhen. Es würde schwierig werden, Nitis zu befreien. Und diesmal würde der Schreiber töten müssen.
22
A uch das Eintreffen ihres Anführers konnte die Verschwörer nicht beruhigen, die sich in größter Aufregung befanden.
Angesichts dieses Aufbegehrens sah er einen nach dem anderen an, wobei er ganz ruhig blieb.
Da schwiegen sie endlich und setzten sich.
»Wir haben uns heute versammelt, weil wir uns jetzt für lange Zeit trennen müssen«, sagte ihr Oberhaupt. »Deshalb müssen wir eine strenge Vorgehensweise ausarbeiten, an die sich jeder zu halten hat.«
»Der verschlüsselte Papyrus ist in die Hände der Ordnungshüter gefallen«, unterbrach ihn der Ängstlichste unter den Verschwörern. »Und ich meine nicht etwa den von Gizeh! Jetzt sind sie bereits im Besitz von zwei entscheidenden Schriftstücken.«
Der Anführer lächelte.
»Erst mal müssen sie sie entziffern. Und der Einzige, der dazu in der Lage gewesen wäre, war der Leiter des Übersetzeramts, den wir deshalb töten mussten. Gegenwärtig besteht keine Gefahr. Diese beiden Schriftrollen werden weiterhin stumm bleiben.«
»Was ist mit dem Schreiber Kel? Er könnte sie lesen«, fragte ein anderer Aufständischer.
»Mag sein, dass er den ersten Schlüssel gefunden und einige Zeilen gelesen hat. Das wäre ein kleiner Erfolg, der aber keine ernsten Folgen für uns hätte.«
»Und wenn es ihm gelingt, nach Theben zu kommen, wo der zweite Schlüssel versteckt ist? Dann wird er alles begreifen!«
»Eine völlig abwegige Vermutung«, meinte der Anführer. »Trotzdem werden wir sie auch weiterhin nicht außer Acht lassen und so viele Hindernisse zwischen ihm und der Gottesdienerin errichten, dass sie sich unmöglich begegnen können.«
»Die Götter scheinen diesen Schreiber zu beschützen.«
»Das Verschwinden seiner geliebten Nitis wird ihm das Genick brechen und ihn schier in den Wahnsinn treiben. Dann vergisst er jede Vorsicht und fällt seinen Verfolgern in die Hände.«
»Wenn er aber …«
»Wir tun alles, was nötig ist«, erklärte das Oberhaupt. »Niemals wird die Gottesdienerin die Hirngespinste eines Mörders zu hören bekommen.«
Die kaltblütige und entschlossene Art ihres Vordenkers beruhigte die Verschwörer. Außerdem hatten sie keine Wahl. Es gab keinen Weg mehr zurück.
Kaum war Menk, der Veranstalter der großen Feste, nach Sais zurückgekehrt, wurde er mit Arbeit überhäuft. Der neu ernannte Hohepriester erwies sich als unfähig und verließ sich bei den Vorbereitungen für die großen Rituale zu Ehren der Göttin Neith voll und ganz auf ihn.
Als er die Oberpriesterin der Sängerinnen und Weberinnen zum ersten Mal sah, die anstelle von Neith in dieses Amt befördert worden war, hatte Menk wirklich an sich halten müssen. Eine alte Ziege, mürrisch und rechthaberisch, mit kreischender Stimme und fahrigen Bewegungen. Unter dieser schrecklichen Person konnte der Chor nur falsch singen und die Werkstatt nicht mehr arbeiten.
Angewidert vermied es Menk, ihr Anweisungen zu erteilen, die sie ohnehin nicht eingehalten hätte. In diesem Fall musste er, eigentlich ein Anhänger von Kompromissen und Verhandlungen, dem Hohepriester unbedingt sein Missfallen zu verstehen geben. Die unvermeidlichen Fehler würde man natürlich ihm zuschreiben, und damit wäre sein guter Ruf zerstört. Wollte ihn womöglich jemand damit ausstechen?
Schließlich war Menk so verärgert, dass er zu dem Gericht ging, das Richter Gem unterstand. Er ertrug die Abwesenheit von Nitis nicht länger und wollte endlich Klarheit haben.
Aber es war ein anderer Richter, der die Verhandlungen leitete.
»Ich möchte Richter Gem sprechen«, sagte Menk zu dem Schreibergehilfen.
»Er reist gerade ab. Sein Schiff muss jeden Augenblick den Hafen verlassen.«
Menk lief zur Anlegestelle, so schnell er konnte. Dann nannte er dem Wachposten Titel und Namen. Der Richter wurde verständigt, und Menk durfte an Bord gehen.
Gem saß im Heck, trank Dünnbier und war in den Anblick der ägyptischen Hauptstadt versunken.
»Richter
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