Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
die neuen Steuern ein voller Erfolg sind – die Einkünfte des Landes sind höher und gesicherter denn je.«
»Du kannst gehen, Udja.«
Amasis ließ sich auf seinen Thron sinken.
»Die Macht wird mir immer mehr zur Last«, gestand er seiner Gattin.
»Findet Ihr nicht, dass Eure Neuerungen ein großer Erfolg sind? Wenn Ihr sie mit starker Hand durchsetzt, werdet Ihr den Reichtum der Zwei Länder mehren.«
»Wir haben genug über die Arbeit gesprochen, meine Liebe. Jetzt heißt es Ausfahrt mit der Barke, kühler Wein und Essen mit musikalischer Begleitung!«
35
V oller Bewunderung betrachtete Kel seine Frau. Nitis hatte die schönsten Augen der Welt, einen Körper, der einer Göttin würdig war, und den Zauber einer Magierin.
Aber das konnte ja nur ein Traum sein. Sie war doch nicht wirklich hier, ganz nah bei ihm? Obwohl er Angst hatte, sie zu zerbrechen, küsste er sie.
Da wachte sie auf und strahlte ihn an.
»Nitis … Du! Bist du es wirklich?«
Mit ihrem Lächeln brachte sie ihn vollends aus der Fassung, und er drückte sie an sich.
»Bitte, nicht so fest«, bat sie ihn.
»Entschuldige bitte, aber ich bin so glücklich …«
»Die Götter beschützen uns, Kel, damit wir unseren Auftrag erfüllen können.«
Damit holte sie den jungen Mann sehr unsanft in die Wirklichkeit zurück. Sie waren eben kein gewöhnliches Paar, das bei sich zu Hause, in einem friedlichen Dorf, aufwachte. Kel ging nicht in sein Schreibzimmer, und Nitis machte sich nicht an die Hausarbeit, beide sprachen nicht von ihren zukünftigen Kindern.
Dieses Haus war nur ein vorübergehender Unterschlupf, vielleicht auch der letzte glückliche Augenblick, den sie erleben durften.
»Gib die Hoffnung nicht auf«, bat sie ihn. »Unsere Verbündeten werden uns helfen, die Gottesdienerin zu sehen, und wir werden sie von unserer gerechten Sache überzeugen. Für heute gehören wir zu den Dienern in diesem Tempel.«
Kel versuchte zu vergessen, dass das Heer und alle Wachtruppen von Pharao Amasis nach ihm suchten. An der Seite von Nitis und zusammen mit den anderen Priestern reinigte er sich im heiligen See und nahm dann die Anweisungen des Oberritualisten entgegen. Dass er so schweigsam und andächtig war, erstaunte hier niemand. Beim Gottesdienst wurde nicht laut gesprochen. Außerdem hielt Thot nichts von Schwätzern.
Die Bibliothek entpuppte sich als wahre Fundgrube. Tausende von Schriftstücken waren hier seit Anbeginn der Zeit gesammelt und sorgfältig geordnet worden – der Traum jedes Schreibers. Kel studierte die Papyrusrollen zur Mathematik, aber er hätte Monate, wenn nicht Jahre gebraucht, um ihren wesentlichen Inhalt herauszuarbeiten und ein möglicherweise vorhandenes Entschlüsselungsmuster zu entdecken. Nitis beschäftigte sich mit dem alten Schöpfungsritual der Welt, das die Ogdoade geschaffen hatte und das aus vier männlichen und vier weiblichen Mächten bestand.
Nachdem Bebon mit den Eselstreibern, die für den Tempel arbeiteten, gefrühstückt hatte, bekamen er und Nordwind von einem Verwalter, der mit dem Oberritualisten befreundet war, ihre Aufträge. Es galt, mehrere Wege zwischen der Brauerei und einem Schiff zu machen, das Richtung Süden auslaufen wollte. Der Kapitän hatte eine große Menge Bierfässer bestellt, um gegen den Durst vorzusorgen – aber vor allem war er auch bereit, Fahrgäste mitzunehmen, ohne sie den Wachleuten zu melden. Dafür verlangte er allerdings einen stattlichen Preis.
Das erste Treffen verlief äußerst unerfreulich, weil der verlangte Preis jedes Maß bei Weitem überschritt. Doch von einer Lieferung zur nächsten entwickelten sich die Verhandlungen immer günstiger, bis man sich schließlich einigte. Der Beutel mit den Edelsteinen erlaubte es Bebon, auch weiteren Ausgaben gelassen entgegenzusehen.
Nun mussten sie sich wieder zwei lange Tage gedulden, zwei Tage, die kein Ende zu nehmen schienen.
Der Schauspieler vertrieb sich die Zeit recht vergnüglich mit seinen Kameraden, während Nordwind den anderen Eseln ihr störrisches Wesen austrieb. Man trank starkes Bier, aß Zwiebeln und beglückwünschte sich gegenseitig zu dem Arbeitsplatz in einem freigebigen Tempel.
Bebon spielte seine Rolle sehr überzeugend. Dabei war er in Wirklichkeit immer auf der Hut, weil er jederzeit damit rechnete, dass Wachleute auftauchten.
Als er mitten in der Nacht zu dem Schiff kam, fiel ihm nichts Ungewöhnliches auf. Trotzdem beobachtete er die Anlegestelle misstrauisch.
»Wen suchst du
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