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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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ja jetzt keine Sorgen mehr zu machen. Du kannst dich ganz deiner Rache widmen.« Sie ließ ihre Hand von seiner Schulter gleiten. »Ich werde jetzt Thalia suchen gehen und bei der Gelegenheit entdecke ich vielleicht auch Daia und kann herausfinden, was zwischen ihr und Meatril vorgefallen ist. Ich habe da aber schon so einen Verdacht. Wir reden dann später weiter, einverstanden?«
    Targ nickte kurz und warf Tarana einen dankbaren Blick zu, bevor sie sich trennten.
     
    Thalia lief, bis sie alle anderen hinter sich gelassen hatte. Die Festung war von solch gigantischen Ausmaßen, dass die vielen Tausend Menschen, die sich in der Nähe des Tores aufhielten und die Ankunft der Verstärkung bejubelten, aus einiger Entfernung betrachtet regelrecht verloren wirkten. Thalia wanderte zwischen den senkrecht emporragenden, schwarzen Zacken umher und kam sich so unbedeutend vor wie ein Zwerg im Land der Riesen. Irgendwann ließ sie sich hinter einen der dunklen Pfeiler fallen und begann, leise zu schluchzen. So hatte sie sich das Wiedersehen mit Tarana nicht vorgestellt. Nicht einmal ihr Geistbruder schien jetzt mehr an sie zu denken. So allein hatte sie sich noch nie in ihrem Leben gefühlt. Nach einer Weile versiegten ihre Tränen. Gedankenverloren spielte sie an der grauen Raute herum, doch diesmal vermochte der klobige Anhänger sie nicht zu trösten. Während sie vor sich hin brütete, hatte sie plötzlich den Eindruck, als wispere ihr jemand leise ins Ohr. Eigentlich war dieses kaum wahrnehmbare Zischeln schon die ganze Zeit über da gewesen, nur fiel es ihr erst jetzt auf. Sie blickte sich suchend um, aber es war niemand in der Nähe zu sehen. Je mehr sie sich auf das Wispern konzentrierte, desto mehr konnte sie einzelne Worte verstehen.
    Endlich ging ihr ein Licht auf. Jemand flüsterte ihr in der Gedankensprache zu. Es ähnelte der Art, wie Arton zuvor mit ihr geredet hatte, doch die Worte wirkten wesentlich schwächer und weniger zielgerichtet, so als wären sie gar nicht für Thalias Geist bestimmt. Das machte sie neugierig und ließ sie für den Augenblick ihre Trübsal vergessen. Sie richtete sich auf und versuchte zu ergründen, woher das Gedankenwispern kam. Ihre Aufmerksamkeit fiel schließlich auf einen flachen Haufen kantig zugehauener Felsblöcke einen Steinwurf von ihr entfernt. Gespannt lief sie in die Richtung und achtete darauf, ob die Stimme in ihrem Kopf lauter wurde. Tatsächlich verstand sie bald jedes Wort, allerdings schien es sich um eine reichlich wahllose Aneinanderreihung von Begriffen zu handeln, die für Thalia nicht den geringsten Sinn ergab. Endlich war sie bei dem Steinhaufen angekommen, aber von dem Urheber der Flüstergedanken fehlte jede Spur. Thalia kletterte ein wenig auf den Blöcken herum und spähte in die dunklen Zwischenräume der Steine. Anscheinend waren diese Mauerblöcke zum Auffüllen eines tiefen Lochs im Boden verwendet worden, denn zwischen den sperrigen Quadern klafften zum Teil große Lücken und Spalten, die an manchen Stellen mehrere Schritt hinein in die Dunkelheit unterhalb der Festungsebene führten.
    Zu spät merkte sie, dass das Flüstern verstummt war. Als sie sich gerade ein weiteres Mal vornüberbeugte, um ins Dunkle hinabzuspähen, fuhr blitzschnell eine Hand zwischen den Steinen hervor. Die Finger schlossen sich um das graue Amulett, das von Thalias Hals baumelte. Mit überraschender Kraft wurde das Mädchen nach unten gerissen. Schmerzhaft schlug sie mit dem Gesicht gegen die Felsen. Sie schrie vor Angst, aber die klauenhafte Hand ließ nicht los. Stattdessen tauchte ein von grauweißen Haaren überwuchertes Gesicht hinter dem Spalt auf, aus dem der Arm herausgeschossen war. Dunkle Augen blitzten Thalia entgegen. Gleichzeitig vernahm sie eine kratzige, eigenartig widerhallende Stimme:
    »Was hast du da gebracht, heh? Solltest nicht hier sein, das da sollte nicht hier sein, sollte es nicht. Was schnüffelst du hier herum, sag schon, du kleiner Wicht, sag, was!«
    Thalia begriff auf einmal, dass der behaarte Fremde gleichzeitig mit dem Mund und in Gedanken zu ihr sprach, so als könne oder wolle er nicht unterscheiden, auf welche Weise er sich seinem Gegenüber mitteilte. Dadurch kam das absonderliche Hallen seiner Stimme in Thalias Kopf zustande.
    »Nun sprich schon, Kerl, woher hast du das, was du da hast, sag schnell!«, forderte sie der Haarige noch einmal auf.
    »Ich bin ein Mädchen, kein Kerl!«, protestierte sie lautstark. »Und wer auch immer Ihr

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