Götterschild
Menschen und an Ardens Seite fühlte sich Meatril beinahe wieder in die glorreiche Zeit zurückversetzt, als die Ecorimkämpfer mit dem neu ausgerufenen König durch Fendland gezogen und von der Bevölkerung überall als Befreier willkommen geheißen worden waren. Damals war ihnen nichts unmöglich erschienen, die ganze Welt hatte ihnen zu Füßen gelegen.
Diese anfängliche Begeisterung war jedoch längst einer unbarmherzigen Ernüchterung gewichen. Ihre Ziele und Hoffnungen waren bescheidener geworden. Heute gab es bereits Anlass zum Jubeln, wenn es lediglich gelungen war, dem Feind zumindest für eine kleine Weile zu entrinnen. Denn durch ihre unbeschadete Ankunft in Arch Themur war die Gefahr, die vor den Toren lauerte, natürlich nicht gebannt. Niemand wusste, wie es nun weitergehen sollte. Es blieb ihnen wohl nichts anderes übrig, als sich auf eine längerfristige Belagerung einzustellen. Um aus der Feste auszubrechen, waren sie auch mit der Verstärkung noch immer zu wenige und für eine Flucht fehlten Ardens Truppen die Pferde.
Trotzdem ließ die Festungsbesatzung ihren König Arden und die Helfer aus Seewaith hochleben, als sei ihre Ankunft die entscheidende Wende im Konflikt mit dem Citarim. Meatril war da anderer Ansicht und hatte daher auch Mühe, sich an der allgemeinen Heiterkeit zu beteiligen. Wenn er sich so unter der Festungsbesatzung umsah, dann gab es hier zwar einige Tausend Menschen, aber die meisten davon hatten dem Tross des riesigen Heeres angehört, mit dem Arden ursprünglich von Tilet aufgebrochen war. Sie eigneten sich zwar dazu, Steine von der Mauerkrone zu werfen, aber Auge in Auge mit den Elitekriegern des Citarim den nur notdürftig befestigten Torwall am Eingang Arch Themurs zu halten, das traute er den wenigsten hier zu. Natürlich ließ sich mit über tausend Streitern mehr das Tor für einen entsprechend längeren Zeitraum verteidigen, aber das allein würde sie nicht retten. Es schob nur ihren Untergang hinaus.
Und er schien mit seinen Zweifeln nicht allein zu stehen. Selbst Arden badete nicht wie früher voller Genuss in der begeisterten Menge, sondern gebärdete sich ungewöhnlich zurückhaltend und seine Miene blieb sorgenvoll. Arden war nicht mehr der Gleiche, mit dem sich die Ecorimkämpfer vor gut zwei Jahren überworfen hatten, so viel war klar.
Plötzlich bahnte sich Shyrali, die es sich nicht hatte nehmen lassen, die Ecorimkämpfer die ganze Strecke von Seewaith bis nach Arch Themur zu begleiten, mit ihrem Pferd einen Weg durch die Menge auf Targ und Meatril zu und deutete aufgeregt in Richtung Tor, worauf die beiden sich erstaunt umsahen.
Sie trauten ihren Augen kaum. Dort standen in inniger Umarmung Arton und Tarana. Zwischen den beiden, auf dem Arm der Istanoit, saß der kleine Arlion, von dem sie eigentlich angenommen hatten, dass er mit Thalia im Nomadenlager zurückgeblieben war. Die drei so glücklich vereint zu sehen, ohne zu wissen, wie sie hierhergekommen waren, verlieh dem Bild etwas Unwirkliches.
Doch was Meatril fast noch mehr erschütterte, war der Anblick von Daia, die in höflicher Zurückhaltung einige Schritt entfernt von Arton und Tarana an der Seite eines betagten Priesters stand und die Szene mit einem ergriffenen Lächeln beobachtete.
»Du willst sie doch sicher begrüßen, oder?«, erkundigte sich Shyrali, der Meatrils Reaktion nicht entgangen war. Der Ausdruck in ihren Augen ließ sich nur schwer deuten, aber es schien fast so, als wolle sie Meatril zu einer Entscheidung drängen.
Dieser nickte verhalten, stieg vom Pferd und führte das Tier hinter sich her Richtung Tor. Targ und Shyrali folgten.
Als Daia ihres Verlobten gewahr wurde, wich alle Farbe aus ihrem Gesicht und sie schlug vor Überraschung die Hand vor den Mund. Im nächsten Augenblick sprang sie ihm entgegen und schlang mit Tränen in den Augen die Arme um seinen Hals. Meatril blieb hingegen stocksteif stehen und erwiderte ihre Liebkosungen nicht. Es brauchte eine Weile, bis sich Daia wieder so weit gefangen hatte, dass sie Meatrils sprödes Verhalten bemerkte. Sie trat erstaunt einen Schritt zurück und sah ihn fragend an: »Was ist los? Freust du dich denn nicht, mich wieder zu sehen?«
»Doch, natürlich«, erwiderte Meatril emotionslos. »Ich bin sehr glücklich darüber, dass weder dir noch Tarana ein Leid widerfahren ist. Aber es hat sich viel ereignet, während ich fort war, und ich fürchte, einiges davon hat …«, er suchte nach Worten, »… hat meine Gefühle für
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