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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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Sonnenball schließlich zur Gänze über den Horizont geklettert war, hatte sich eine Insel aus mindestens zweihundert Zarg beim Tor gebildet, die zwar gänzlich von Ardens Truppen umschlossen war, sich jedoch trotzdem immer weiter vergrößerte, da ständig Nachschub durch das Tor hereinfloss. Inzwischen waren viele der Bogenschützen auf der Mauerkrone dazu übergegangen, ins Innere der Festung auf die Eindringlinge zu zielen, und alle, die nicht mit dem Bogen umgehen konnten, warfen Steine von oben herab. Diesem Dauerbeschuss hatten die Zarg ohne Schilde wenig entgegenzusetzen. Es gelang ihnen zwar häufig genug, im letzten Moment zur Seite auszuweichen, aber wegen des begrenzten Raumes und der großen Zahl an Steinen und Pfeilen fand dennoch ein kleiner Teil der Salven sein Ziel. Gerade als die Bombardierung von Ardens Kämpfern Wirkung zu zeigen schien, tauchten dunkle Schatten am Himmel über der Festung auf. Die Flugwölfe aus Kersilon näherten sich den Zinnen von Arch Themur.
    Shyrali hatte sich unter die Istanoit und die übrigen Schützen auf der Mauerkrone gemischt, weil sie weitaus sicherer mit dem Bogen als mit dem Schwert umzugehen verstand. Ihre ganze Konzentration galt der eindringenden Flut der Zarg unter ihr. Deshalb bemerkte sie den neuen Feind aus der Luft viel zu spät. Erst als Schreckensrufe hinter ihr laut wurden und mehrere Finger hektisch in den Himmel deuteten, blickte sie erstaunt über die Schulter. Ein gutes Dutzend dunkler Flugwesen mit säbelförmig gebogenen Schwingen rauschte über den Festungszinnen heran. Selbst aus dieser Entfernung war zu erkennen, dass sie mächtige Steine in den Klauen trugen. Instinktiv begann sich Shyrali nach einer Fluchtmöglichkeit oder Deckung umzusehen. Über die Treppenabgänge ließen sich zwar Räume innerhalb der Festungsmauern erreichen, die genau zum Schutz vor solch einem Angriff aus der Luft vorgesehen waren, doch alle Wege dorthin waren zu weit weg, um sie jetzt noch zu retten. Angstvoll stierte Shyrali in den Himmel. Dann würde sie eben ausweichen müssen. Noch während sie das dachte, öffneten die Flugwölfe nahezu gleichzeitig ihre Klauen. Zunächst geradezu träge, dann immer schneller stürzten die Brocken zielgenau der Mauerspitze entgegen.
    Ihr Aufprall hallte durch Arch Themur wie dumpfes Donnergrollen. Die Wirkung war verheerend. Wo sie aufschlugen, zerbarsten sie auf den eisernen Mauern entweder in Hunderte scharfkantige Splitter oder rollten polternd über die Wehrgänge, eine Schneise des Todes hinter sich herziehend. Zu Dutzenden wurde die Festungsbesatzung so von der Mauerkrone ins Verderben gerissen. Die umherfliegenden Gesteinssplitter durchsiebten jeden Unglücklichen, der das Pech hatte, zu nahe am Aufschlagort zu stehen. Shyrali wurde von etwas am Kopf getroffen. Sie stürzte und fand sich im nächsten Moment unter zwei Körpern begraben, die über ihr zusammengebrochen waren. Das rettete ihr vermutlich das Leben, denn gleich darauf zerspritzte mit einem ohrenbetäubenden Knall eines der steinernen Geschosse unmittelbar neben ihr. Die Splitter wurden jedoch von den Leibern der Gefallenen über ihr aufgehalten. Sie kämpfte sich wieder unter den Leichen hervor, wobei sie zu vermeiden versuchte, in die Gesichter der Toten zu schauen. Sie wischte sich das Blut aus den Augen, welches von ihrer Stirn herabrann, und sah ein weiteres Mal hinauf in den Himmel. Ein zweiter Schwarm Flugwölfe mit einer ebenso tödlichen Steinfracht befand sich bereits im Anflug. Shyralis Herz stockte.
    »Zur Treppe!«, rief sie. Ihre Stimme klang schrill vor Angst, dennoch war sie sich nicht sicher, ob sie in dem umgebenden Chaos irgendjemand gehört hatte. »Bringt euch in Sicherheit, es kommen noch mehr!«
    Sie nahm sich nicht die Zeit, um herauszufinden, ob ihre Warnung verstanden worden war. Sie rannte um ihr Leben.
     
    Dieser erste Tag der zweiten Schlacht um Arch Themur verlangte den Verteidigern bereits alles ab, was sie an Kraft und Opferbereitschaft aufzubringen vermochten. Am Ende des Tages, als weder Zarg noch irgendwelche anderen Feinde durch das geborstene Tor nachdrängten und die Flugwölfe ihre Angriffsflüge einstellten, brachen nicht wenige Istanoit, Seewaither Gardisten oder königliche Soldaten vor Erschöpfung zusammen. Ein klägliches Häuflein von vielleicht sechs- oder siebenhundert toten Themuraia wurde eingerahmt von sicherlich nicht weniger als tausend gefallenen Soldaten der Festungsbesatzung. Dazu kamen mindestens noch

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