Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
Vom Netzwerk:
dieser Malun jetzt hier in Etecrar? Was führt der Citarim im Schilde?«
    »Vielleicht werden wir ja bei diesem Gottesdienst, von dem der Hafenmeister erzählt hat, mehr erfahren«, meinte Meatril. »Es wird schon dunkel. Wir bekommen heute ohnehin nicht mehr alle Vorräte, die wir brauchen, also müssen wir sowieso über Nacht hier bleiben. Dann macht es auch nichts mehr aus, wenn wir noch bis Mittag warten, damit sich zumindest einige von uns anhören können, was Malun dem Volk von Kersilon zu verkünden hat. Denn ich würde wetten, dass es mehr als die üblichen Lobpreisungen des Himmelsauges sein werden.«
     
    Das Zentrum von Kersilon glich einem riesigen Jahrmarkt. Schon in den Straßen, die zum Marktplatz führten, standen überall Händler, die Waren von ihren Handkarren feilboten, Gaukler gaben einige ihrer Schaustücke zum Besten und selbst Musikanten und Tänzer ließen sich allerorts erblicken. Auffallend und einigermaßen ungewöhnlich fand Rai, dass die meisten Einwohner Kersilons eindeutig einem eher nordischen Menschenschlag angehörten. Die südliche Sonne hatte ihre Haut zwar in einem goldenen Braun eingefärbt, aber ihr meist helles Haupt- und Barthaar sowie ihre Augen passten so gar nicht zu Rais Vorstellungen von einem Etecrari. Da wirkte ja selbst er südländischer als die Mehrheit der Bewohner Kersilons.
    Während er gedanklich mit den Eigenheiten dieser fremdländischen Stadt beschäftigt war, schob sich Rai mühsam durch die Menschenmassen und versuchte den Anschluss an seine Gefährten nicht zu verlieren. Unmittelbar vor ihm ging Selira, die ihn zwar immer noch keines Blickes würdigte, sich aber dennoch der Gruppe angeschlossen hatte. Vermutlich wollte sie sich diese Gelegenheit, die fremde Stadt in Begleitung von Vertrauten erkunden zu können, nicht entgehen lassen. Einzig Belena war an Bord geblieben, da sie, wie sie gesagt hatte, keinen Grund wisse, warum sie in dieser unbekannten Stadt herumlaufen solle, wenn ihr doch schon der Anblick vom Schiff aus Furcht einflöße.
    Trotz der Enge war Rai froh, solch eine schützende Menschenwand um sich herum zu wissen. Denn die fliegenden Wölfe schienen überall zu sein. Sie hockten zusammengekauert auf Dächern, hingen kopfüber in den Türmen wie schwarze Glocken, kreisten unheilvoll am Himmel, nur um im nächsten Augenblick wieder in waghalsigen Sturzflügen auf die Menschen herabzustoßen. Meist erst im letzten Moment drehten sie ab, so als wollten sie diese am Boden herumwimmelnden trägen Zweibeiner verspotten. Manchmal raste eine Säbelschwinge so knapp über Rai hinweg, dass sie nur mit ihren furchterregenden Kiefern nach unten hätte schnappen müssen, um ihn als Mahlzeit mit sich fortzutragen. Aber kaum ein Stadtbewohner schien sich von den gekonnten Flugmanövern der schwarzen Bestien beeindrucken zu lassen, denn ganz offensichtlich stellte ihr Anblick etwas ganz Alltägliches dar in Kersilon.
    Je weiter sich Rai mit seinen Begleitern dem Marktplatz näherte, desto spektakulärer wurden auch die dargebotenen Attraktionen. Besonders die wilden Tiere, die teils in Käfigen bestaunt werden konnten, teils aber auch einfach an Leinen oder gänzlich frei in der Menge herumspazierten, vermochten Rai sogar von den vorüberschießenden Flugwölfen abzulenken. Langnasige, sandfarbene Bären tapsten auf zwei Beinen herum und fingen mit ihrer langen Zunge von ihrem Besitzer in die Luft geworfene Süßigkeiten auf. Haarige, hasenähnliche Tiere mit riesigen Füßen hopsten hektisch von einer Seite der Straße zur anderen und versuchten, möglichst weiträumig die Käfige zu umgehen, in denen gefährliche Raubkatzen von unterschiedlichem Aussehen, aber auch das ein oder andere hundeähnliche Geschöpf eingesperrt waren.
    Schließlich bogen sie um eine Häuserecke und standen unversehens auf dem gewaltigen Marktplatz, der ringsherum von solch imposanten Turmbauten eingeschlossen war, dass man den Eindruck gewinnen konnte, sich in einem Talkessel zu befinden. Das höchste und prunkvollste Gebäude der Stadt erhob sich an der Stirnseite des Platzes gegenüber ihrem jetzigen Standort. Es konnte sich ohne Weiteres mit dem Königspalast in Tilet messen, aber seine höchsten Zinnen ragten so weit in den Himmel hinauf, dass es Rai beim Hochblicken ganz flau im Magen wurde. Es blieb ihm ein Rätsel, wie Menschen etwas so Riesiges hatten errichten können.
    Vor diesem Meisterwerk der Baukunst war eine etwa drei Schritt hohe, großflächige Tribüne

Weitere Kostenlose Bücher