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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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wehte. Die kleine Gruppe von Seglern schaukelte sorgsam vertäut im sachten Seegang des Hafens und machte einen weitgehend verlassenen Eindruck, was darauf schließen ließ, dass man die Priester, die mit diesen Tempelschiffen gekommen waren, in der Stadt willkommen geheißen hatte.
    Also erstreckt sich der Einflussbereich der Citkirche auch schon bis nach Etecrar, schlussfolgerte Rai beunruhigt. Aber er behielt den Gedanken für sich.
    Nachdem die Citara vom Hafenmeister durch Handzeichen zu einem Liegeplatz an einem der Landungsstege dirigiert worden war, wurden rasch die Ruder eingeholt, bevor das Schiff mit dem verbliebenen Schwung vom Kapitän längsseits zum Steg gebracht wurde. Die Matrosen warfen die Leinen aus, um das Schiff an den Stegpfosten zu verzurren.
    »Willkommen in Kersilon«, rief der Mann, der sie gerade eingewiesen hatte. »Und Cit zum Gruße.«
    »Ebenfalls!«, nuschelte der Kapitän durch seine Zähne. »Un’ was nehmt ih’ fü’n Tag?«
    Trotz dieser äußerst spärlich formulierten Frage schien der Hafenmeister zu erahnen, was der Kapitän wissen wollte: »Schiffe des Cittempels müssen nichts bezahlen, um hier liegen zu dürfen«, erklärte er bereitwillig. Der hellhäutige Etecrari trug eine klobige Brille auf der Nase – ein äußerst wertvolles und seltenes Objekt in den Ostlanden –, das veranschaulichte, wie angesehen und einträglich seine Aufgabe hier war. Durch die dicken Brillengläser musterte er nun ausführlich die an Deck befindlichen Passagiere der Citara, um dann missbilligend die Nase zu rümpfen:
    »Ihr seht mir aber nicht nach Dienern des Cit aus, wenn die Bemerkung gestattet ist.«
    Rai, der immer noch neben Belena am Bug stand, wechselte einen verstohlenen Blick mit Meatril und Targ, aber als diese keine Anstalten machten zu reagieren, sah er sich gezwungen, das Antworten selbst zu übernehmen: »Die Priester befinden sich noch in ihren Kabinen, um zu beten«, log er geistesgegenwärtig. »Wir sind nur ihre Bediensteten.«
    »Nun gut«, gab sich der Hafenmeister zufrieden. »Es wird Euch freuen zu hören, dass der Sondergesandte Eures Citarim die Gespräche mit den Handelswesiren unserer Stadt bereits gestern zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht hat. Ihr kommt gerade zur rechten Zeit, um an dem großen Gottesdienst teilzunehmen, den der Gesandte aus diesem freudigen Anlass morgen zur Mittagsstunde am Marktplatz zelebrieren will.«
    »Das sind ja ausgezeichnete Neuigkeiten«, mimte Rai weiter den begeisterten Citanhänger, während er gleichzeitig fieberhaft überlegte, was er noch erfragen konnte, ohne seine Tarnung zu gefährden.
    »Kennt Ihr den Namen des Sondergesandten?«, meldete sich plötzlich Meatril zu Wort. Als der Hafenmeister überrascht die Stirn runzelte, weil es ihn offenbar verwunderte, warum Bedienstete der Priesterschaft den Namen ihres Gesandten nicht selbst kannten, fügte der Ecorimkämpfer erklärend hinzu: »Uns wurde bisher noch gar nicht mitgeteilt, wer von den vielen Botschaftern des Citarim die Ehre hat, die Kirche bei dem Zusammentreffen mit den Wesiren Kersilons zu vertreten.«
    »Den Namen weiß ich nicht«, entgegnete der Mann und schob seine Brille auf der Nase nach oben, »aber er zeichnet sich durch eine, sagen wir, stattliche Leibesfülle aus.«
    »Malun!«, entfuhr es Meatril. Er räusperte sich. »So ist also die Wahl seiner Heiligkeit auf den Erhabenen Malun gefallen. Eine kluge Entscheidung, wie sich ja auch am Ausgang der Verhandlungen gezeigt hat.«
    »Wohl wahr.« Der Hafenmeister rieb sich nachdenklich die Stirn. »Ich würde gerne noch ein wenig mit Euch plaudern, aber ich muss noch andere Schiffe einweisen. Hat mich gefreut, Eure Bekanntschaft zu machen. Ach ja, zum Marktplatz geht es übrigens in dieser Richtung.« Er wies nach Süden. »Ihr könnt ihn nicht verfehlen, er befindet sich gleich neben dem größten Turm der Stadt. Also dann, Cit mit Euch«, verabschiedete er sich höflich und ging zum Kai.
    Als der Hafenmeister fort war, kletterte Rai unverzüglich zu Meatril und Targ aufs Achterdeck empor.
    »Was hat denn das nun wieder zu bedeuten mit diesem Sondergesandten?«, sprudelte es aus ihm heraus. »Kennt ihr den etwa?«
    Meatril nickte grimmig. »Wir mussten schon einmal die Bekanntschaft dieses skrupellosen Fettwanstes machen, ja. Er hat sich als kirchlicher Berater bei uns eingeschlichen und Arden mit seinen Schmeicheleien und Lügen gegen uns aufgebracht.«
    Rai furchte besorgt die Stirn. »Aber warum ist

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