Götterschild
befinden sich das Feuer und die Kraft unseres Herrn Cit!« Damit schleuderte er den Beutel von sich. Er flog durch die Luft und landete etwa fünf Schritt entfernt links neben Malun auf der Tribüne, wo die Priester bereits vorsorglich Platz gemacht hatten. In dem Moment, als das Bündel auf den Boden aufschlug, zuckte ein greller Feuerblitz auf und beinahe gleichzeitig war ein ohrenbetäubender Knall zu hören. Die Zuschauer schrien, gingen unwillkürlich in Deckung oder verharrten einfach nur in einer Art Schockstarre.
Rai riss die Augen auf. »So haben die Zarg also damals die Tür im Palast und in der Dorfkneipe in Stücke gerissen«, murmelte er erschüttert vor sich hin. Doch Selira, Meatril und Targ standen da wie vom Donner gerührt und beachteten ihn gar nicht.
»Sehet die Macht unseres Herrn Cit!«, intonierte Malun, nahm einem der Priester an seiner Seite die Standarte aus der Hand und trat zu der Stelle hinüber, wo das Päckchen explodiert war. Er stieß die lange Stange nach unten und sie verschwand gut einen Schritt im Boden der Tribüne.
»Hier klafft nun ein Loch vom Durchmesser eines Wagenrads«, erklärte der Gesandte des Citarim, »und dabei ist diese Konstruktion wie alles in eurer schönen Stadt höchst solide gebaut. Wir werden eure Flugwölfe mit erheblich größeren Mengen ausstatten und sie dann gegen den Drachen ausschwärmen lassen. Stellt euch nur vor, was das für ein Schauspiel abgeben wird: Die fliegenden Wächter Kersilons tragen Cits Zorn in den Himmel und lassen ihn auf den echsischen Widersacher der Götter herabregnen, bis er geschwächt von der Gewalt der Explosionen zu Boden sinkt! Und dort wartet dann bereits ihr, freie Menschen von Kersilon, an der Seite der tapferen Streiter aller anderen göttertreuen und guten Völker, um dieses Übel ein für alle Mal zu vernichten, um Rache zu üben für den Frevel, der einst den gottgleichen Naurain widerfuhr!« Maluns Stimme gewann zunehmend an Kraft. »Und deshalb frage ich euch, freie Menschen von Kersilon, wollt ihr teilhaben an diesem Triumph? Wollt ihr im Zeichen der heiligen, vierstrahligen Sonne das Böse hinfortfegen, damit es diese Welt nie wieder durch seine Anwesenheit beschmutzen kann? Folgt eurem Gewissen, folgt eurem Herzen! Schließt euch der Drachenhatz an, die vom neuen göttertreuen König von Citheon, Arden Erenor, angeführt und vom Citarim persönlich im Namen Cits ausgerufen und gesegnet wurde. König Arden Erenor, der das Schwert des Helden Ecorim trägt, das diesem von den Göttern selbst bei der Schlacht um Arch Themur überreicht wurde, wird mit euch nach Norden marschieren. Dort könnt ihr mehr Ruhm ernten, als jemals zuvor einem Menschen zuteil wurde, und ihr werdet so viel Gold erbeuten, wie ihr aus dem Drachenhort zu tragen vermögt.« Malun erhob die Standarte mit dem Sonnensymbol hoch über seinen Kopf. »Eure Anführer haben sich bereits dieser guten Sache verschworen. Sie haben mir die Unterstützung der Himmelswölfe von Kersilon zugesichert. Aber ihr seid freie Bewohner dieser Stadt und dürft selbst entscheiden. Also sprecht jetzt, ihr tapferen Menschen von Kersilon, wollt ihr an unserer Seite streiten für das Gute wider die abscheuliche Drachenbrut?«
Das donnernde Ja wurde begleitet von so viel Klatschen und Jubelrufen, dass jeder Versuch Rais, sich mit seinen Gefährten über dieses unfassbare Vorhaben der Citkirche auszutauschen, zum Scheitern verurteilt war. Über den Beifall erhob sich jetzt noch ein monotoner Singsang, der sich erst nicht recht zuordnen ließ. Doch endlich begriff Rai, dass es sich um ein Gebet handelte, das von den über dreißig Citpriestern auf der Tribüne einstimmig vorgetragen wurde und in das immer mehr Menschen auf dem Platz mit einstimmten.
Meatril gab Rai mit einem Blick zu verstehen, dass er genug gehört hatte, und beide wandten sich zum Gehen. Selira und Targ folgten, worauf sich die vier durchs Gedränge wieder in Richtung der Straße schoben, aus der sie gekommen waren. Als die Enge und der Lärm etwas nachließen, hielt Selira Rai unvermittelt am Arm fest und blieb stehen.
»Ich werde nicht mit euch zurück aufs Schiff kommen«, sagte sie mit fester Stimme.
Rai blickte sie betroffen an. »Du willst wirklich hier bleiben, nach allem, was wir gerade gehört haben? Es gibt hier nicht nur diese blutrünstigen Säbelschwingen, jetzt treiben sich auch noch fanatische Drachenjäger in den Gassen herum. Ich glaube nicht, dass es sehr klug ist, jetzt ganz allein
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