Götterschild
Erinnerungen, dass alles verschwindet, was sie ausmacht. Wenn sie also noch nicht wissen, dass wir alsbald wieder von ihnen verlangen werden, gegen den Drachen zu kämpfen, den sie so sehr fürchten, werden sie mir dann noch folgen, sobald sie das erfahren haben?«
Nataol musterte den Krieger eine Weile nachdenklich, dann zuckte er mit den Schultern. »Bislang hat meines Wissens nach noch niemand so viele Gefühlsregungen in den Werkzeugen der Götter wahrgenommen wie Ihr. Also vermag ich nur schwer abzuschätzen, welche Bedeutung Eure Beobachtung haben mag. Die Themuraia werden aber trotz allem ihre Aufgabe erfüllen, denn das haben sie immer getan, auch für Euren Vater. Das ist letztlich alles, was zählt.«
»Was aber, wenn sie einfach keine Möglichkeit haben, sich zu wehren?«, gab Arton zu bedenken. »Was, wenn sie nichts weiter sind als Sklaven meines Verstandes, die alles tun, was ich ihnen befehle, weil sie einfach nicht anders können?«
»Aber Ihr folgt dem göttlichen Plan«, erwiderte Nataol und legte Arton ermutigend eine Hand auf die Schulter, »und sie gehorchen Eurem Willen. Also folgen auch sie logischerweise dem göttlichen Plan, genau so, wie es sein sollte. Zerbrecht Euch nicht den Kopf über solche Dinge, denn die Götter haben in ihrer Weisheit bereits alles bedacht. Wenn der Drache erst einmal tot ist, dann wird dieses Land von Neuem unter der gütigen Hand der zurückkehrenden Naurain erblühen. Das wird auch den Themuraia gefallen, denn sie können dann für immer friedlich in ihren Wäldern bleiben und niemand wird sie je wieder behelligen. Kriege, Leid, Hunger, Armut, all das wird es nicht mehr geben. Eine neue, bessere Zeit steht uns allen bevor. Dafür lohnt es sich zu kämpfen und Opfer zu bringen, meint Ihr nicht?«
Arton füllte seine Lungen mit einem tiefen Zug der eisigen Gebirgsluft und betrachtete gedankenverloren die kleinen Nebelwölkchen, die beim Ausatmen aus seinem Mund aufstiegen. »Ja, wahrscheinlich«, sagte er dann mit unbewegtem Gesicht und drehte Nataol den Kopf zu. »Wo werden wir jetzt hingehen? Direkt nach Arch Themur?«
»Nicht zur Festung selbst«, erklärte Nataol, »sondern in ein vorbereitetes Lager in den Bergen östlich davon. Dort gibt es ausgedehnte Wälder, in denen sich viele Nester der Themuraia verbergen. Ihr könnt schon einmal mit ihnen Kontakt aufnehmen und sie mit der notwendigen Ausrüstung für den Kampf ausstatten. Wenn die Zeit dann gekommen ist, werdet Ihr so viele von ihnen rufen, wie in Eurer Macht steht, und sie zum Zug gegen den Drachen formieren. Bis dahin sollten sie aber noch so lange wie möglich in ihren Bauten bleiben, damit sie für die letzte Schlacht wohlgenährt und ausgeruht sind.«
»Auf was warten wir denn noch?«, verlangte Arton zu erfahren. »Meine Lehrzeit ist abgeschlossen, ich bin bereit. Mittlerweile vermag ich Tausende Themuraia mit der Hilfe Themurons zu kontrollieren. Wenn es sein muss, werde ich alle Themuraia-Stämme des Corthadum zu unserer Unterstützung herbeirufen. Wozu noch dieser Aufschub?«
»Wir werden jeden verfügbaren Streiter brauchen, um gegen den Drachen zu bestehen, das kann ich Euch versichern.« Die zahllosen Furchen auf dem alternden Gesicht des Erleuchteten gruben sich noch tiefer ein. »Ihr dürft nicht unbesonnen oder vorschnell handeln, übt Euch in Geduld. Der Citarim beabsichtigt, noch zusätzlich ein gewaltiges Heer an Menschen aus Citheon zu entsenden, und wir haben Anweisungen, unbedingt auf diese Verstärkung zu warten.«
Arton furchte die Stirn. »Der Citarim entsendet ein Heer? Was sagt denn Techel dazu?«
Der Blick des Priesters wanderte betreten zu Boden. »Es hat sich einiges verändert in Tilet, wovon Ihr während Eurer Ausbildung nicht sehr viel mitbekommen habt«, bekannte er so leise, als wäre es ihm unangenehm, darüber zu sprechen. »Techel ist entmachtet. Stattdessen sitzt jetzt ein neuer Herrscher auf dem Thron, der dem Citarim höchst ergeben ist. Dadurch hat seine Heiligkeit weit größeren Handlungsspielraum als noch zu Techels Zeiten.«
»Das ist endlich mal eine gute Nachricht!«, rief Arton erfreut aus. »Nach allem, was ich weiß, hat Techel den Überfall auf meine Schule befohlen! Ich hoffe, er ist tot.«
»Leider nicht«, meinte Nataol kurz angebunden. »Er konnte auf seine Heimatinsel fliehen. Aber es ist jetzt wahrlich an der Zeit, aufzubrechen …«
Doch Arton spürte deutlich, dass es etwas gab, was der Priester vor ihm verheimlichen wollte. Auch
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