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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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die sein Vater durch seinen Krieg gegen den Süden über dieses einst blühende Land gebracht hatte, gemäß dem Willen der Götter beseitigen. Er hatte das Licht gewählt, also musste die Dunkelheit weichen.
    Hinter ihm knirschte es im Schnee, der den Weg hier am Scheitel des Therimpasses noch immer als gut ein Fuß dicker hart gefrorener Panzer überzog. Er wandte sich um und erkannte seinen Begleiter, den Erleuchteten Nataol, der sich vorsichtigen Schrittes und in einen dicken Fellmantel gehüllt Artons Aussichtspunkt näherte.
    »Wir müssen weiter«, bemerkte der greise Priester, den die Strapazen der Reise sichtlich gezeichnet hatten. Obwohl sie den Pass in einem kutschenartigen Gefährt mit langen Kufen und einer geschlossenen Kabine überquerten, der von sechs unermüdlichen und, dank ihres zottigen Fells, vollkommen kälteunempfindlichen Batraochsen gezogen wurde, machte dem betagten Glaubensmann die Kälte und das unablässige Schaukeln ihres Gefährts schwer zu schaffen. Dennoch hatte er Arton nicht alleine reisen lassen wollen.
    »Es ist schon nach Mittag«, sprach Nataol weiter, »und wir müssen es heute noch bis zum nächsten Weghaus schaffen, wo wir übernachten und unseren Schlitten wieder gegen eine Kutsche tauschen können. Uns stehen also noch gut fünf Stunden Fahrt bevor. Meine alten Knochen würden es mir sehr übel nehmen, müsste ich eine Nacht auf den schrecklich unbequemen Polstern dieses zugigen Schlittens verbringen, weil wir die Strecke nicht vor Einbruch der Dunkelheit bewältigen konnten.«
    Arton nickte abwesend. »Kann man Arch Themur von hier aus sehen?«, fragte er, ohne auf die Aufforderung des Erleuchteten einzugehen.
    »Nein«, erwiderte Nataol geduldig, »es liegt weiter im Südwesten, die Gipfel des Corthadum versperren uns die Sicht.«
    »Und der Drache?« Arton starrte immer noch in die Weite, die sich vor ihm auftat.
    »Angeblich liegt sein Hort irgendwo in den Bergen oberhalb von Arch Themur …«, antwortete Nataol ernst.
    »… im Schatten eines Gipfels, der das ›Kahle Haupt‹ genannt wird«, murmelte Arton vor sich hin.
    Nataol zog überrascht seine Augenbrauen in die Höhe. »Ihr kennt also ›Arut Ras‹ – wie der Gipfel in der Sprache Skardoskoins genannt wird. Woher wisst Ihr davon?«
    »Ich habe mich an die Sage von Elban und Irina erinnert, wie sie mir mein Ziehvater Maralon einmal erzählt hat«, erklärte Arton und senkte seinen Blick. »Damals fand ich die Geschichte seltsam, wohl vor allem, weil ich mich schon zu alt für solche Märchen fühlte. Aber wie es scheint, erweisen sich jetzt viele Dinge als wahr, die ich früher für Erfindungen hielt.«
    »Wie die vier großen Götter?« Nataol beobachtete ihn prüfend.
    »Ja«, bestätigte Arton ohne Umschweife, »auch das. Es ist schon eigenartig, dass die Götter ausgerechnet jemanden wie mich auserwählt haben, um ihren Willen zu vollstrecken. Immerhin habe ich zu Beginn sogar ihre Existenz geleugnet und bin zudem ein Nachkomme des Frevlers Caras, der die Hand gegen ihre ersten Kinder – die Naurain – erhob. Und dennoch ist es nun an mir, die Themuraia gegen den Drachen zu führen, um die Welt vom Dunkel zu befreien.«
    »Der Ratschluss der Götter entzieht sich dem Verständnis unseres unzulänglichen Geists«, meinte Nataol und verschränkte fröstelnd die Arme vor der Brust. »Wollen wir jetzt nicht zurück in den Schlitten gehen? Ein eisiger Wind pfeift von diesen Gipfeln dort herab.«
    Doch Arton redete einfach weiter, als hätte er nichts gehört: »Glaubt Ihr, dass die Themuraia wissen, was auf sie zukommt?«
    »Und welchen Unterschied macht das?«, erkundigte sich Nataol erstaunt, während er die Hände aneinander rieb, um seine kältestarren Finger mit ein bisschen Wärme zu erfüllen. »Sie sind die Werkzeuge der Götter. Ihr fragt doch den Hammer auch nicht, ob er weiß, dass er gleich einen Nagel in ein Stück Holz treiben wird.«
    Aber damit gab sich Arton nicht zufrieden. »So einfach ist es nicht. Sie sind keine Gegenstände, die man nur benutzt und dann wieder weglegt. Es handelt sich um Lebewesen, zwar anders als wir, aber doch mit ähnlichen Empfindungen. Ich bin mir inzwischen sicher, dass sie durchaus so etwas wie Furcht vor dem Drachen verspüren, denn selbst die Ereignisse aus grauer Vorzeit sind in ihren Gedanken noch lebendig. Dabei ist es nicht die Angst vor dem Tod eines Einzelnen, der sie mit Grauen erfüllt, sondern die Gefahr, gänzlich ausgelöscht zu werden mit all ihren

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