Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
Vom Netzwerk:
die dieser Ungehorsam nach sich zog.
    Die Frage war jetzt allerdings, was um alles in der Welt Resa mit ihm auf diesem Schlachtfeld wollte. Noch hatten sie zwar das Heerlager und das Kampfgebiet dahinter nicht erreicht, aber bei der Geschwindigkeit, die die Flugwölfin an den Tag legte, konnte es nicht mehr lange dauern. Dann würden vermutlich Hunderte von Soldaten die Säbelschwinge am Himmel entdecken. Sobald sich Resa entschied, irgendwo zu landen, würden sie mit Sicherheit sofort aufgegriffen werden.
    Als hätte die Flugwölfin Rais Bedenken gespürt, setzte sie völlig unvermittelt zum Sturzflug an. Der Magen des jungen Tileters schien sich augenblicklich nach außen stülpen zu wollen. Die Luft pfiff an seinen Ohren vorbei und walkte seine Wangen wie ein Nudelholz. Seine Augen begannen so sehr zu tränen, dass er nichts anderes mehr als den auf ihn zurasenden Boden erkennen konnte.
    Doch statt wie erwartet beim Aufprall zerschmettert zu werden, fühlte er plötzlich festen Grund unter seinen Füßen. Ganz sanft hatte Resa ihn abgesetzt, was allerdings nicht verhinderte, dass Rai erst einmal zusammenbrach und sich an Ort und Stelle übergab. Als er erschöpft versuchte, sich wieder aufzurichten, musste er feststellen, dass seine Arme durch Resas lange Umklammerung eingeschlafen waren und nur noch nutzlos von seinem Rumpf herabhingen. Ein Kribbeln, das die beiden Gliedmaßen wie ein ganzes Dutzend Ameisenkolonnen durchlief, versprach jedoch baldige Besserung. Für den Moment musste Rai allerdings auf die Hilfe seiner Arme verzichten, was das Aufrappeln vom staubigen Boden zu einer ebenso unangenehmen wie mühsamen Angelegenheit machte.
    Nachdem er einigermaßen zur Ruhe gekommen war, sah er sich um. Resa hatte ihn in einem Geröllfeld abgesetzt, wo ihn mehrere mannshohe Felsbrocken vor etwaigen Beobachtern aus dem nahen Feldlager abschirmten. Einige niedrige Büsche und Gräser wuchsen im Schutze dieser steinernen Barriere, was Rai unwillkürlich an die zahlreichen Schlangen und Krabbeltiere denken ließ, die vermutlich an solchen Schattenplätzen lebten. Resa beobachtete ihn die ganze Zeit über von einem nahen Felsen aus und er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass da ein wenig Schadenfreude in ihren Augen stand.
    »Das hast du ja fein hinbekommen, du undankbare Flattertöle!«, grollte Rai. »Dafür, dass ich dir den Pfeil herausgezogen habe, schleppst du mich irgendwo an den Rand eines Schlachtfelds und bringst mich dabei noch fast um.«
    Resa begann daraufhin, mit ihrer langen violetten Zunge demonstrativ ihre Wunde zu lecken, die trotz des langen Fluges nicht mehr geblutet hatte und nur noch als kleiner dunkler Punkt in ihrem Fell zu erkennen war.
    »Ja, ich weiß schon, dass das Rausziehen wehgetan hat«, räumte Rai ein, »aber es war notwendig und außerdem musst du mich deswegen ja nicht gleich behandeln, als wäre ich deine Beute.«
    Ruckartig hob die Flugwölfin den Kopf und entblößte ihre beeindruckenden Fänge.
    »Na gut, na gut«, lenkte Rai ein, »ich habe schon verstanden. Deine Beute hat noch weniger zu lachen. Aber was soll ich denn jetzt hier?« Er stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte über einen Felsbrocken hinweg auf das Heerlager, das sich vor den Toren Tanducos erstreckte. »Ist Oibrin etwa in diesem Lager?«
    Statt irgendetwas zu tun, das man als Antwort hätte deuten können, widmete sich Resa weiter in aller Seelenruhe der Reinigung ihres staubigen Fells.
    »Mal überlegen«, murmelte Rai vor sich hin, »Oibrin kommt hierher und stellt fest, dass ein großes Heer vor Tanduco liegt. Er muss aber unbedingt seine Waren loswerden, denn wenn er sie nicht verkaufen kann, ist er ruiniert. Also wird er versuchen, irgendwie heimlich, wahrscheinlich bei Nacht, in die Stadt zu gelangen. Dabei wird er geschnappt, seine Warenwerden beschlagnahmt und er sitzt jetzt mit seinen Leuten irgendwo gefangen.« Rai sah wieder zu Resa hinüber. »Und ich soll deinen Herrn jetzt in diesem riesigen Lager aufspüren und befreien?« Er schüttelte unwillig den Kopf und meinte sarkastisch: »Natürlich, nichts leichter als das.«
    Die Flugwölfin unterbrach ihre Fellpflege und schenkte dem kleinen Tileter einen kurzen, eindringlichen Blick, nur um dann ungerührt mit dem Putzen fortzufahren.
    »Also jetzt hör mir mal gut zu«, forderte Rai sie in strengem Tonfall auf, »bei Tageslicht kann ich sowieso nichts machen. Wie wäre es also, wenn du erst einmal Selira holst. Ich warte solange

Weitere Kostenlose Bücher