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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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würde, hätte er diesen Jemand vermutlich ausgelacht. Aber die unbegrenzt zur Verfügung stehenden Gaumenfreuden gepaart mit fehlender Bewegung forderten eben auch von Arden ihren Tribut. Deshalb war ihm der Feldzug gegen Tanduco höchst gelegen gekommen, wenngleich sich auch der Citarim ganz und gar nicht begeistert gezeigt hatte, dass der König seine Zeit mit solch einem »unbedeutenden Scharmützel«, wie er sich ausgedrückt hatte, vergeuden wollte.
    Der Wunsch nach körperlicher Ertüchtigung war allerdings nicht der einzige Anlass, der Arden von Tilet forttrieb. Er hielt es dort einfach nicht mehr aus. Lange Zeit hatte er versucht, es zu leugnen, aber inzwischen musste er sich eingestehen, dass er seine Freunde vermisste. Denn es fehlte ihm jemand, mit dem er offen sprechen konnte, der auch einmal wagte, eine andere Meinung zu vertreten, und ihn vielleicht sogar gelegentlich zurechtwies. Im Palast erstickte er beinahe an der Heuchelei, die ihn umgab. Das fing an bei dem Leibdiener, der ihm morgens die Schuhe zuband, und setzte sich fort bis zu den Gästen seiner abendlichen Gelage, von denen ihm jeder nach dem Mund redete, während sie ihn hinter seinem Rücken als Marionettenkönig verspotteten. Arden mochte viele Fehler haben, aber er war nicht dumm. Er wusste, was über ihn getuschelt wurde, oder zumindest das meiste davon. Lange Zeit hatte er sich vorgemacht, es sei ihm egal, aber das entsprach nicht der Wahrheit. Er war nicht nur König geworden, um in Saus und Braus leben zu können. Er wollte ein starker Regent sein, der seinem Land Schutz, Wohlstand und Gerechtigkeit brachte und dafür vom Volk respektiert und bewundert wurde. Aber eben ein solches Ansehen schienen ihm die Citpriester verwehren zu wollen, indem sie ihn von allen wichtigen Regierungsgeschäften ausschlossen. Es war für ihn höchste Zeit gewesen, aus den dunstigen Festsälen des Tileter Palasts zu entfliehen. Er wollte wieder in die Welt hinausziehen – nicht nur, um sich selbst zu beweisen, sondern auch, um beim Volk von Citheon endlich als König und Heerführer wahrgenommen zu werden.
    Doch jetzt stand er vor den Toren Tanducos und dachte nur darüber nach, wie er die Zeit totschlagen konnte. Er hatte feststellen müssen, dass eine Belagerung völlig anders verlief als eine offene Feldschlacht. Hier waren vor allem Geduld, Taktik und der Einsatz einer ausgefeilten Kriegsmaschinerie gefragt, also nicht gerade Dinge, in denen Arden sonderlich bewandert war. Wohlweislich hatte der Citarim Arden mehrere Ratgeber an die Seite gestellt, die inzwischen die gesamte Schlachtplanung an sich gerissen hatten. Für Ruhm und Tapferkeit blieb bei all diesen akribischen Vorbereitungen kein Platz mehr. Zudem verstand er den Sinn dieses Feldzuges immer weniger. Persönliche Gründe hatten Arden dazu bewegt, sich daran zu beteiligen, aber der äußere Anlass für diesen Krieg mutete in seinen Augen eher lächerlich an. Nur weil Tanduco die Gesandten des Citarim nicht empfangen wollte, schickte dieser gleich ein ganzes Heer, um die Stadt zu bestrafen. Dabei war Tanduco ausgesprochen schön, eine grüne Oase umgeben von Wüste und Meer. Arden hätte sie viel lieber als Besucher kennen gelernt, als hier tagelang die Stadtmauern zu berennen und mit den Katapulten Feuergeschosse auf die verschachtelten kleinen Häuser der Wüstenmetropole zu schleudern. Wenn das so weiterging, dann würden von der ansehnlichen Stadt bald nur noch rauchende Trümmer übrig sein und das alles nur, weil die Bewohner ein wenig unhöflich zu ein paar Priestern gewesen waren. Dieses respektlose Umspringen mit den Kirchendienern hatte den Tanducesern Ardens vollste Sympathie eingebracht, was ihnen allerdings nicht viel nützte. Ardens Ratgeber würden wahrscheinlich nicht einmal auf ihn hören, wenn er zu dem Entschluss käme, dass die Belagerung abgebrochen werden sollte. Sie fühlten sich nur dem Citarim verpflichtet.
    Arden tastete gedankenverloren nach Ecorims Schwert, das wie immer an seiner Seite hing. Die Klinge bildete den einzigen verbliebenen Glanzpunkt in seinem Leben, alles andere war längst schon in dem Morast aus Eitelkeiten und Manipulationen untergegangen, den die Citpriesterschaft über ihm ausgekippt hatte. Vielleicht sollte er einfach Ecorims Schwert nehmen und den Kämpfen Einhalt gebieten. Allerdings hatte er bisher mit der Macht seiner Waffe nur ein Heer in eine Schlacht geführt, er hatte keine Ahnung, ob dies auch in umgekehrter Weise funktionieren

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