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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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erkundigte sich Thalia neugierig und schielte auf den Topf, der über der Feuerstelle hing.
    »Batra-Eintopf«, erwiderte ihre Mutter, während sie aus einer Truhe hölzerne Teller und Löffel hervorholte. Daia säuberte inzwischen die große Decke in der Mitte des Zelts, auf der sie immer ihre Mahlzeiten einnahmen.
    »Schon wieder Fleisch«, stöhnte Thalia und ließ sich auf das von Daia bereitgelegte Sitzkissen fallen. »Können wir nicht mal etwas anderes essen?«
    »Du kannst ja die Fleischstücke mir geben«, schlug Daia beschwichtigend vor, »und nur die Soße mit etwas Brot auftunken.«
    Nachdem damit die Essensfrage zur Zufriedenheit aller geklärt war, nahmen die vier im Kreis auf der Decke Platz und aßen gemeinsam zu Abend. Während des Essens wurde nicht viel gesprochen, denn jeder hing seinen Gedanken nach. Erst als alle ihr Mahl beendet hatten, das Geschirr wieder abgewaschen und in der Kiste verstaut war, kam Tarana endlich auf den Besuch des Händlers zu sprechen:
    »Thalia, Arlion«, begann sie vorsichtig, »ihr habt doch bestimmt den Kaufmann gesehen, der vorhin ins Lager gekommen ist. Der hat einiges über unsere alte Heimat Seewaith erzählt, ihr wisst schon, die große Stadt in Fendland, aus der wir vor langer Zeit gekommen sind. Und, nun ja, das hat Daia und mich auf die Idee gebracht, eine kleine Reise dorthin zu machen. Was würdet ihr denn davon halten?«
    Die beiden Kinder blickten schweigend zu Boden und wussten nicht, was sie antworten sollten.
    »Was ist denn los mit euch?«, erkundigte sich Tarana erstaunt. »Wollt ihr denn nicht nach Seewaith, um zu sehen, wo wir früher gelebt haben? Wenn wir Glück haben, treffen wir dort auch ein paar alte Freunde wieder.«
    »Ich will lieber hier bleiben«, sagte Thalia leise. Sie spürte die Enttäuschung, die ihre Worte in ihrer Mutter hervorriefen. Offenbar konnte sie so auch nicht vermeiden, dass Tarana wieder traurig wurde. Aber wie sollte Thalia denn sonst verhindern, dass der böse Händler Daia und ihre Mutter irgendwo hinbrachte, wo es wahrscheinlich sehr gefährlich war?
    »Aber warum denn?«, forschte Tarana nach. »Wir gehen ja nicht für immer weg, sondern machen nur einen kleinen Besuch. Wenn du willst, dann kannst du danach noch den ganzen Sommer hier in der Steppe verbringen. Ich weiß ja, dass es dir hier gefällt.«
    Thalia schüttelte nur den Kopf und entgegnete nichts mehr.
    Tarana sah sich hilfesuchend nach Daia um, die aber ebenfalls nur ratlos mit den Schultern zuckte.
    »Also gut.« Tarana seufzte. »Dann wird Daia eben alleine nach Seewaith gehen müssen und ich bleibe mit euch hier.«
    Erschrocken blickte Thalia auf. »Aber, aber …« Sie suchte verzweifelt nach einem guten Vorwand, um auch diesen Vorschlag abzulehnen, fand aber keinen. Sie fing an zu weinen.
    »Ich will nicht, dass Daia geht«, schluchzte sie und dachte gleichzeitig: ›Arlion, los, hilf mir!‹
    Ihr Bruder reagierte sofort, tapste zu Daia hinüber und umklammerte ihre Beine, wobei ebenfalls dicke Tränen aus seinen runden Augen kullerten. Dieser gemeinschaftliche Gefühlsausbruch verfehlte nicht seine Wirkung. Daia war so gerührt, dass ihr selbst beinahe die Tränen kamen. »Ist ja gut«, versuchte sie die beiden zu beruhigen, »wir bleiben ja alle hier.«
    Doch Tarana ahnte, dass noch etwas anderes hinter den Tränen der Kinder steckte. »Raus mit der Sprache, was ist hier wirklich los?«
    Thalia schniefte noch zweimal, dann versiegten ihre Tränen. Reumütig betrachtete sie ihre Zehenspitzen. »Wir haben vorhin euer Gespräch mit dem Händler belauscht.«
    »Und weiter«, drängte Tarana streng, »das kann ja noch nicht alles gewesen sein.«
    »Na ja.« Thalia sah zu ihrem Bruder, der zwar ebenfalls mit Weinen aufgehört hatte, aber immer noch Daias Bein umklammerte. »Der Mann hatte böse Gedanken.«
    ›Nicht sagen!‹, dachte Arlion alarmiert. ›Mama wird traurig-‹
    ›Ich kann es nicht ändern, Arlion‹, ließ ihn Thalia wissen. ›Sie müssen es jetzt erfahren, es geht nicht anders.‹
    Tarana stutzte. »Ihr habt seine Gedanken gelesen und dabei festgestellt, dass er etwas Böses im Schilde führt? Was denn?«
    »Das weiß ich nicht genau«, antwortete Thalia betrübt. »Seine Gedanken waren sehr schwer zu erkennen. Ich glaube, er wollte verstecken, was er wirklich vorhat, und das ist bestimmt nichts Gutes, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Ihr wisst aber schon noch, was wir über das Eindringen in fremde Gedanken gesagt haben«, wies Tarana

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