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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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Thalia zurecht. »Alles, was euch an Gefühlen und Gedanken einfach so zufliegt, ist in Ordnung, aber ihr sollt nicht von euch aus in den Geist anderer Leute eindringen, wenn ihr sie nicht um Erlaubnis gefragt habt. Das ist unrecht.« Sie sah Thalia fest in die Augen. »Möglicherweise war es diesmal gut, dass du dich nicht an diese Regel gehalten hast, aber das bleibt eine Ausnahme, verstanden?«
    Thalia nickte schuldbewusst.
    »Also.« Tarana lächelte wieder. »Du glaubst, dass dieser Händler es nicht ehrlich meint mit uns. Ich verstehe nur noch nicht, wie du dir da so sicher sein kannst. Ich meine, könnte es nicht auch sein, dass sein Verstand deswegen so unzugänglich ist, weil er …« Sie musste überlegen. »Ich kenne mich da ja nicht so aus«, räumte sie ein, »aber könnte es nicht irgendeinen anderen Grund dafür geben, dass es dir so schwer fiel, seine Gedanken zu lesen?«
    Thalia schüttelte den Kopf. »Es gibt zwar einen kleinen Widerstand, wenn ich in den Kopf von jemandem hineinkommen will, aber diesmal war es anders«, erklärte sie sehr bestimmt. »Normalerweise ist da so eine Art Wand, durch die ich mir erst einmal einen Weg suchen muss. Diese Wand sieht bei jedem anders aus, mal dicker, mal dünner, aber es lässt sich schon irgendein Schlupfloch finden. Wenn ich dann erst einmal durch bin, kann ich eigentlich alle Gedanken leicht erkennen. So merke ich auch sofort, wenn jemand lügt, denn dann verknotet sich sein Denken so komisch wie …« Sie suchte nach einem passenden Vergleich und ihr Blick fiel auf eine der Truhen, in der alle Habseligkeiten der Zeltbewohner aufbewahrt wurden. »… wie ein Seil, das man, ohne es aufzurollen, in eine Kiste geworfen hat«, versuchte Thalia zu beschreiben. »Und die Gedanken dieses Kerls waren so verknotet, dass ich kaum noch durchgekommen bin. Aber zwei Dinge konnte ich trotzdem erkennen: Als er eure Namen hörte, hat er sich gefreut und immer wieder ›Gefunden! Gefunden!‹ gedacht. Und als er euch vorgeschlagen hat, mit ihm nach Seewaith zu kommen, habe ich das Bild eines Beutels voller Goldstücke in seinem Verstand gesehen.«
    »Soll das etwa heißen, dass der Kerl uns in eine Falle locken will?«, fragte Daia auf einmal bestürzt. »War das dann am Ende gelogen, dass Meatril nach Seewaith zurückgekehrt ist?« Diese Vermutung bereitete ihr großen Kummer, der natürlich sofort zu Thalia hinüberschwappte und für das kleine Mädchen nur schwer zu ertragen war. Auch Arlions Augen füllten sich von Neuem mit Tränen.
    Tarana legte beruhigend den Arm um ihre Freundin. »Das bedeutet erst einmal nur, dass er sich eine dicke Belohnung dafür verspricht oder bereits erhalten hat, wenn er uns aufspürt. Die Frage ist allerdings, wer nach uns suchen lässt und warum.«
    Daia legte eine Hand vor die Augen, um ihre neu aufsteigenden Tränen vor den Kindern zu verbergen. Natürlich war das aufgrund der besonderen Fähigkeiten von Arlion und Thalia völlig überflüssig, aber daran dachte sie in diesem Moment nicht. »Wir haben so lange auf eine Nachricht von Meatril und den anderen gewartet, und jetzt soll die erste Neuigkeit, die wir seit zwei Jahren hören, ein gemeiner Trick sein? Ich will das einfach nicht glauben.«
    »In Seewaith geschehen merkwürdige Dinge«, gab Tarana zu bedenken. »Immerhin ist das einer der Gründe, warum wir nicht schon viel früher zurückgekehrt sind. Seit der Schlacht bei Königswacht fehlt es der Stadt an Verteidigern. Das haben die Citpriester und einige Emporkömmlinge genutzt, um die Macht an sich zu reißen und alles nach ihrem Willen zu gestalten. Schon möglich, dass sie jetzt nach all jenen suchen, die in der Stadt ein gewisses Ansehen genießen und der Citkirche ablehnend gegenüberstehen.«
    »Aber wie sollen wir den Priestern denn gefährlich werden«, stöhnte Daia, »wenn wir nicht einmal in Seewaith sind, sondern über hundert Meilen entfernt irgendwo in der Steppe sitzen?« Plötzlich hob sie ruckartig den Kopf. »Aber sollte Meatril wirklich zurückgekehrt sein, dann steckt er bestimmt in Schwierigkeiten, denn wenn sie nach uns suchen, dann suchen sie erst recht nach ihm.«
    »Schon möglich«, meinte Tarana und begann, im Zelt auf und ab zu laufen.
    »Ich glaube, wir sind uns einig«, sagte sie nach einer Weile, wobei sie Arlion und Thalia ein ermutigendes Lächeln schenkte, »dass wir nicht mit dem Händler zurück nach Seewaith gehen. Er wird zwar die Citkirche, oder wer auch immer sein Auftraggeber ist,

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