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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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meinte sogar, das Krachen und Donnern zu hören, mit dem sein Weltbild in die Brüche ging.
    Orchon sah sein fragendes Gesicht und erklärte weiter: »Ihr benutzt dasselbe Alphabet wie wir, lest aber von rechts nach links. Da draußen steht also NUKE . Wir befinden uns im Atombunker NUKE IV, erbaut zum Schutze des Volkes der Vereinigten Staaten von Amerika. Mein voller Name ist John Theodor Orchon. Ich bin der letzte Abkömmling dieses Volkes.«
    Die Kinnlade aufgeklappt, starrte Corellius ihn an. Seine Beine fühlten sich so wacklig an wie nach einer durchzechten Nacht. Tausend Fragen wollten gleichzeitig aus seinem Mund strömen. Er konnte sich nicht entscheiden, welcher er den Vorrang lassen sollte. Schließlich kam ihm sein Gespräch mit Mellio in der Westwindfestung in den Sinn. Als der Orchologe davon gesprochen hatte, dass der Weltendroher der Abkömmling eines Volkes war, das vor langer Zeit untergegangen war.
    »Eure Zivilisation wurde ausgelöscht. Wodurch?«
    »Durch das, wovor wir uns in Bunkern wie diesem schützen wollten: Atomwaffen. Einer Macht, die alles Leben auf einem Planeten innerhalb eines Wimpernschlags vernichten kann.«
    »Dieselbe Macht also, mit der Ihr auch Westheim und die ganzen anderen Städte ausradiert habt?«, hakte Corellius nach.
    Hysterisch lachend legte Orchon den Kopf in den Nacken. »Dir ist bewusst, dass du für verrückt erklärt wirst, solltest du jemals zurückkehren und deinen Landsmännern davon erzählen? Ich habe Westheim nicht vernichtet. Zu dieser Zeit war ich nicht einmal geboren. Einer meiner Vorväter hat es getan.«
    Corellius entließ die Luft aus seinen Wangen. »Dann seid Ihr überhaupt nicht unsterblich …«
    In das Schweigen hinein erklang Kettenrasseln. Blinzelnd hob Jalina den Kopf, sich benommen umschauend. »Wo bin ich?«, hauchte sie.
    »Alles ist gut«, beschwichtigte sie Orchon grinsend. »Wir führen hier nur ein kurzes Gespräch, dann bin ich wieder für dich da, meine Liebe.«
    »Ihr vergesst, dass ich derjenige von uns beiden bin, der das Schwert in Händen hält.« Mehrmals ließ Corellius die Klingenspitze auf den Boden tippen. Das rhythmische Klirren unterlegte seine Worte.
    »Aber natürlich bist du das«, sagte Orchon in einem süffisanten Tonfall, der Corellius ganz und gar nicht gefiel.
    Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass Jalina ihre Hand hinauf über die Armlehne des Ledersessels gleiten ließ. Was hatte sie vor? Auf jeden Fall würde er ihr wohl am meisten helfen, wenn er Orchon weiter in ein Gespräch verwickelte.
    »Wie konntet ihr so lange hier unten überleben?«, fragte er.
    »Ah, sehr gute Frage!« Orchon wedelte mit dem Zeigefinger und erhob sich aus dem Ledersessel. Genau in diesem Moment zog Jalina ihre Hand zurück. »Ich werde dich etwas sehen lassen.«
    Corellius fluchte in sich hinein. Hatte er mit dieser unbedachten Frage gerade Jalinas Vorhaben sabotiert? Anscheinend nicht. Sie lächelte ihm zuversichtlich zu, irgendetwas in ihren Händen verborgen haltend.
    So viel Hoffnung lag in diesem Lächeln, dass es ihn für einen Moment sogar die bohrenden Fragen vergessen ließ. Es sagte ihm, dass er das Richtige getan hatte.
    »Kommt mit, kommt mit!« Orchon lief voraus zu einer Stahltür auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers.
    »Wenn das irgendein billiger Trick ist, wird sich dein göttlicher Kopf ganz schnell nicht mehr an der rechten Stelle befinden«, knurrte Corellius.
    »Nein, nein. Ich will dir nur etwas zeigen.« Mit routinierten Bewegungen drehte er an einem Rad auf der Mitte der Stahltür, wodurch armdicke Riegel eingefahren wurden. Zischend glitt die Tür nach außen auf. Die Kälte des Trichters flutete herein. Gespenstisch echote das Klagen eines Sterbenden durch die Tiefe.
    Irgendwo da unten bist du, Ulme , dachte er, als er Orchon hinaus folgte.
    Die Tür führte auf das Dach von einer der Vorbauten der Bunkeranlage. Corellius kam sich auf ihm vor wie in einem der Dachgärten, die sich viele der Patrizier und Politiker in Sichelstadt leisteten. Weil die Metropole sich über eine Felszunge erstreckte, bot sich nur diese Möglichkeit, einen Garten zu unterhalten.
    Während die Leute in Sichelstadt eher auf Schönheit bedacht waren und ihre Gärten mit Wasserspielen, Flanierwegen und Blumenbeeten ausstatten ließen, war Orchons Dachgarten rein zweckmäßig. Lange Reihen von Gemüsebeeten zogen sich vor ihnen entlang, in Formation gebracht wie eine Schlachtordnung. Corellius erkannte Tomatenstauden,

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