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Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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empfängst.«
    »Warum sollte ich das denn nicht?« Salus lief voraus in den kreisrunden Raum. »Schließlich bin ich kein König oder Konzilsmitglied – ich bin nur ein Mensch wie jeder andere.«
    Mehr als zwanzig Leute tummelten sich in der Halle, die sicherlich so groß war wie einer der Zwiebeltürme des Onyxpalastes. Manche saßen auf Bettstatten aus Fellen und Decken, andere hockten gemeinsam oder allein an Tischen und Pulten. Unter ihnen waren Junge wie Alte, Männer und Frauen, manche in fein gewobenen Seidengewändern, andere in Wollhemden. Nur für wenige Augenblicke hefteten sich ihre Blicke an Rowen.
    Von der Decke, hoch wie vier Männer, baumelten rostige Ketten; Erinnerungen an die Zeiten, in denen Schmerzensschreie und Wehklagen diese Räume erfüllt hatten. An den grob gemauerten Wänden hingen Karten von Sichelstadt, eng bedruckte Pergamentseiten und Bilder von eigenartigen Symbolen, die bunt wie die Papageien waren, die sich manche der Reichen hielten. Es roch nach Tinte, Wein und den üblichen Gerüchen, die aufkamen, wenn zu viele Menschen für zu lange Zeit am selben Ort verweilten.
    »Dieser Raum ist einmal die Folterkammer gewesen«, erklärte Salus. »Jetzt zermartern wir hier nur noch unsere Gedanken, brechen Federkiele und ertränken uns in Rotwein.«
    »Wer sind all diese Leute?«, fragte Rowen. Auch wenn er den Revolutionsführer am liebsten gleich auf die Entführung seiner Schwestern ansprechen würde, hielt er sich zurück. Es sollte es besser nicht überstürzen.
    Salus ließ sich auf einen einfachen Hocker nieder und schlug die Beine übereinander. Wie alle seine Bewegungen hatte auch diese etwas so Schwungvolles an sich, dass sie wirkte, als hätte er sie einstudiert.
    »Das hier ist der Bodensatz. Das Sediment Galyriens. Verratene, Bestohlene, Verkaufte. Das Ewige Konzil bestiehlt uns, jeden Tag.«
    »Tatsächlich?« Rowen lehnte sich gegen einen der Tische. »Im Stehlen kenne ich mich aus, aber was genau meinst du? Abgesehen von den Steuern, selbstverständlich.«
    »Du stiehlst Dinge, die man berühren kann, Rowen. Schmuck, Bücher, Binare.« Salus gestikulierte wild wie die Schauspieler, die ab und an auf ihren selbstgezimmerten Bühnen auf den Marktplätzen der Stadt auftraten. »Das Konzil stiehlt andere Dinge, die vielleicht noch viel kostbarer sind. Sie stehlen unsere Hoffnungen, unsere Träume und Möglichkeiten.« Er machte eine ausschweifende Handbewegung. »Sieh in die Gesichter der Leute hier. Manche sind faltig, andere glatt wie Seide, schön und hässlich – nichts für ungut. Sie sind versehen mit grünen, blauen, braunen Augen. Ie sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können. Aber eines, das haben sie alle gemein: einen gebrochenen Blick. Weil das Konzil ihnen etwas unglaublich Wertvolles geraubt hat.«
    »Mir haben sie meinen Gatten genommen.« Eine Frau, sehniger und muskulöser als viele Männer, balancierte ein Tablett auf den Tisch, auf dem ein Krug Wein und zwei Becher standen. »Weil er den Sohn eines Konzilsmitglieds verprügelt hat, der mich bedrängt hat, musste er im Orchosakrum Buße leisten. Dort wurde ihm auferlegt, sich den Kriegsrotten für den Kreuzzug gegen die Sladonischen Lande anzuschließen. Seit sie vor einem Jahr aufgebrochen sind, habe ich nichts mehr von ihm gehört.« Sie schniefte und wischte sich mit dem Ärmel ihres Kittels über das Gesicht.
    »Das tut mir leid«, sagte Rowen und hatte wieder die Gesichter seiner Schwestern vor Augen. »Wie heißt du?«
    »Juditta. Sieht gut aus, der Galgenstrick da um deinen Hals.« Keck zwinkerte sie ihm zu, wobei sie ihre rote Haarmähne zurückwarf. »Hat mir Hoffnung gegeben, dass du denen eins ausgewischt hast.«
    Ich habe doch nichts gemacht , wollte er erwidern, besann sich aber eines Besseren. Wie die junge Juditta jetzt ihre Tränen wegwischte und ihn anlächelte, erwärmte sich etwas tief in seiner Brust. Er gab den Menschen Hoffnung. Konnte das so verkehrt sein?
    »Meine Liebe, würdest du uns bitte …«, setzte Salus an, doch sie unterbrach ihn, noch mehr Zähne entblößend: »… ein wenig allein lassen. Natürlich.«
    Den Blick, den sie sich gegenseitig zuwarfen, konnte Rowen nicht deuten. War da etwas zwischen ihnen? Bei der Wirkung von Salus' Ausstrahlung hätte es ihn nicht überrascht.
    Salus nahm die zwei irdenen Becher und stellte sie auf die wurmstichigen Bohlen der Tischplatte. Aus einem Krug daneben goss er Wein ein. Dann zerrte er ein Beutelchen aus der Seitentasche

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