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Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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Alten Monarchen, in der Herzöge und ihre Ritter den Kuss ausgetauscht hatten, war er eine Galyrische Tradition. Als engster Körperkontakt, den zwei Menschen auf sittsame Weise austauschen konnten, war er das höchste Zeichen gegenseitigen Vertrauens.
    Für einen Augenblick pressten sie ihre Münder aufeinander. Die Lippen des Blondschopfs schmeckten noch nach Wein, aber auch salzig nach Schweiß. Ganz so, als wären sie Ausdruck des Zwiespalts, den Salus in sich trug: gewinnend und charmant auf der einen, verschlossen und am Rande des Wahnsinns auf der anderen Seite.
    »Ich bin froh, dass du uns hilfst«, sagte der Revolutionär schließlich. »Wir wollen den Galyriern nur den Glanz in ihren Augen zurückgeben, mehr nicht. Ein paar der Dinge zurückbeschaffen, die gestohlen worden sind.«
    Ich will nur meine Schwestern zurück , dachte Rowen und seufzte innerlich. Er nahm eine der Phiolen mit Arznei aus seiner Tasche und drückte sie Salus in die Hand. »Bitte verabreiche Clodia das hier, sobald ihr sie gefunden habt. Du … du wirst sie erkennen. Sie hat den Roten Tod.«
    »Oh, ich fühle mit dir, mein Bruder.« Salus Augen, so blau und klar wie Bergseen, ruhten auf ihm. Er schloss die Finger um die Phiole. »Sei unbesorgt, ich werde es ihr sofort geben.«
    »Wie wollt ihr sie überhaupt befreien?«
    Jolla, der bis hierhin stillschweigend am Kopfende des Tisches an einer Schweinerippe genagt hatte, erhob sich von seinem Schemel.
    »Das lass mal meine Sorge sein, Mäuschen.«

Hoffnungskeime
    Eine Zwergmaus krabbelte quer über den Tisch, stemmte sich auf die Hinterbeine und sah erwartungsvoll zu Rowen herauf.
    »Na, Artgenosse?«, wisperte er. »Dir knurrt auch der Magen, was?«
    Er brach ein wenig von seinem Graubrot ab und reichte es ihr.
    Erst zuckte das Mäuschen zurück, dann ergriff es das Brotstück mit seinen winzigen Pfötchen und knabberte an ihm.
    Vorsichtig strich Rowen der Maus mit dem Daumen über den Hinterkopf. Brotkrumen, das war alles, was für Mäuse vom Festmahl übrig blieb. Auch er hatte nur ein paar Krumen Hoffnung und Glück, die er mit seinen Schwestern geteilt hatte. Wie eine Maus hatte er nie Pläne gemacht, immer darauf bedacht, irgendwie durch den Tag zu kommen.
    Das würde sich ändern müssen, wenn seine Schwestern wieder da wären. Niemals würde er sie nochmal so einer Gefahr aussetzen. Was die Revolution auch immer für ein Ende nehmen würde, er würde die Stadt mit ihnen verlassen.
    Jolla und Salus waren nun seit mehreren Stunden fort.
    Juditta hatte ihn währenddessen mit einem kleinen Mahl versorgt und ihm eine Schlafstatt hergerichtet. Rowen hatte allerdings kaum ein Auge zugetan und sich nur hin und her gewälzt, immerzu auf einen Laut aus den Gängen lauschend. Ständig war er aufgeschreckt, weil er gemeint hatte, Domitias glockenhelles Lachen zu hören. Doch er hatte es sich nur im Halbschlaf eingebildet.
    Schließlich war er wieder aufgestanden und hatte sich zu Juditta und den Übrigen gesellt. Dort saß er nun und beobachtete die Maus.
    »Eine Maus füttert ein Mäuschen«, sagte Juditta lächelnd. »Ich kann mir dich kaum als einen Verbrecher vorstellen, mein Lieber.«
    »Du bist nicht die Erste, die mir das sagt.« Er ließ sein Kinn auf dem Tisch ruhen, um mit der Zwergmaus auf einer Höhe zu sein.
    Juditta legte den Kopf in den Nacken und lachte, wobei ihre Lockenflut auf und ab wogte. »Das kann ich mir vorstellen.« Sie lehnte sich vor. »Du tust das hier nicht, weil du an unsere Sache glaubst, was?«
    Ertappt zuckte Rowen zusammen, versuchte aber, seine Miene gleichgültig erscheinen zu lassen. »Wie kommst du darauf?«
    »Als du mit Salus sein irrwitziges Trinkspielchen veranstaltet hast, warst du so bleich, dass ich Angst hatte, du würdest in Ohnmacht fallen. Einen überzeugten Freiheitskämpfer stelle ich mir anders vor.«
    »Wäre das so schlimm?«
    Grübchen bildeten sich in ihren Mundwinkeln. »Nein, es ist nur menschlich. Einen unbeugsamen Freiheitskämpfer haben wir ja schon.«
    »Salus …«
    »Genau«, bestätigte sie.
    »Wieso tut er das?«, fragte Rowen stirnrunzelnd. »Was treibt ihn an?«
    Der schwarzhäutige Tsuniaer, der bis dahin schweigend neben Juditta gesessen hatte, ergriff das Wort: »Man erzählt sich, er hätte eine junge Frau geliebt, die aus dem Seenland am Fuße der Zinnzisternen stammt. Sie wurde als Efeumädchen gen Westen geschickt. Seitdem trägt er diesen unbändigen Hass auf das Konzil in sich.«
    Eine wulstige, schlecht

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