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Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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Macht der Vernunft herrschte.
    »Im Morgengrauen geht eine neue Sonne auf«, sagte er schließlich und wunderte sich nicht nur über seine Worte, sondern auch über die Kraft seiner Stimme.

Fackeln und Galgenstricke
    »Rowen?«
    »Ja, Domitia?« Er deckte sie bis zum Kinn zu.
    »Ich glaube, ich bin verliebt.«
    »Verliebt?« Im Schneidersitz ließ er sich neben ihrer Bettstatt nieder. »In wen? Doch nicht etwa in Salus?«
    Ein helles Lachen brachte ihr breites, sommersprossiges Gesicht in Bewegung. »Neeein! Doch nicht in den! In jemand anderen.«
    Er kniff sie sanft in die Wange. »Jetzt mach's nicht so spannend!«
    Ein Rhythmus aus ruhigem Atmen, Schnarchen und Deckenrascheln erfüllte die dunkle Folterkammer. Nachdem er mit seinen Schwestern noch Tee getrunken und geschwatzt hatte, um sie wieder zu beruhigen, hatte er sie jetzt ins Bett gebracht. Auch in ihm breitete sich wieder Müdigkeit aus und trieb ihn langsam, aber unaufhaltsam in die Arme des Schlafs.
    »Du kennst doch den Boten, der uns Essen bringt, oder?«, sprach Domitia weiter, die Stimme immer gedehnter. Knapp unterdrückte sie ein Gähnen.
    Rowen nickte. Natürlich kannte er den Hungerhaken. Der Bursche war einmal jede Dekade – also alle zehn Tage – zu ihnen gekommen und hatte einen Korb mit Brot, eingelegtem Gemüse, Obst und Pökelfleisch mitgebracht. Kurz nachdem sie ihr Quartier in den Tiefarkaden bezogen hatten, war Rowen eine Vereinbarung mit seinem Meister, einem Lebensmittelhändler, eingegangen. Vielleicht hat er ja Marentius verraten, wo wir zu finden gewesen sind, kam es ihm in den Sinn, aber er verwarf den Gedanken gleich wieder. Der junge Kerl war so treudoof und tollpatschig wie ein dreibeiniger Hund gewesen.
    »Hast du dich in ihn verliebt?«
    »Naja«, Domitia zog die Decke enger an sich, »als wir da so in dieser dunklen Kammer saßen und ich furchtbare Angst hatte, musste ich immer wieder an ihn denken. Wie er immer so verlegen lacht, wenn er wieder mal den Korb fallen gelassen hat. Ist das Liebe?«
    Er sah Rosannas herzförmiges Gesicht vor sich. Das letzte Mal, als er es erblickt hatte, hatte sie die Lippen aufeinandergepresst und ihre Augen hatten zornig gefunkelt.
    Ich muss sie wiedersehen.
    »Ja, ich glaube, das ist Liebe.« Er küsste Domitia auf die Stirn. »Aber ich würd's mir an deiner Stelle nochmal überlegen, bevor du mit jemandem anbandelst, der nicht einmal einen Korb ohne Probleme tragen kann.«
    »Du kannst ja auch nichts Richtiges«, gab sie giftig zurück. »Nur die Sachen anderer Leute klauen.«
    »Vielleicht hat das ab jetzt ein Ende«, entgegnete er, halb zu sich selbst, und strich über seinen Galgenstrick. »Ich kenne keinen Dieb, der sich dieses Leben freiwillig ausgesucht hat. Irgendetwas musste ich tun, damit wir überleben können, das verstehst du doch, oder? Damit Clodia ihre Arznei bekommt.«
    Schon halb im Schlaf murmelte seine Schwester: »Manchmal denke ich mir, dass alles einfacher wäre, wenn Clodia nicht da wäre.«
    Wäre sie wach gewesen, hätte Rowen für solche Worte mit ihr geschimpft, jetzt sagte er nur: »Aber das ist auch Liebe, meine Kleine – für den anderen alles geben, ohne etwas als Gegenleistung zu verlangen.«
    »Jeder nimmt sich einen Strick, los, los!«
    Rowen riss die Augen auf und sah auf ein Heer aus Füßen, die wild durcheinanderliefen. Manche mit Sandalen oder Lederschuhen bewehrt, andere nackt. Sie scharten sich um einen Berg aus Seilen, auf dem Jolla stand und Befehle bellte.
    »Wenn ihr sie euch als Galgenstrick umgebunden habt, zieht ihr ein Halstuch um und zwar so, dass der Strick nicht mehr zu sehen ist«, rief er.
    In der Folterkammer war mehr Volk auf den Beinen als jemals zuvor und die Luft war so stickig, dass Rowen nur tief durch den Mund atmen konnte. Greise und junge bartlose Burschen, aber auch viele Frauen, rissen sich um die Galgenstricke – sie alle mussten zu Salus' engstem Vertrauenskreis gehören.
    »Kannst du mir den Knoten zeigen?«, fragte ein sonnengegerbter Bauernkerl eine junge Frau, die mit dem Galgenstrick um ihren Hals einen grotesken Anblick bot.
    »Ich kann ihn dir sogar binden!«, trällerte sie, zog das Seil aus seiner Hand und warf es um seinen Nacken.
    Rowen gähnte ausgiebig und glitt mit den Fingerkuppen über seinen eigenen Strick, der bereits etwas ausgefranst und leicht verfärbt war. Die rauen Hanffasern schürften immer wieder seine Haut auf, aber das machte ihm nichts.
    Mir wurde ein neues Leben geschenkt , dachte er, als

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