Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Göttin der Rosen

Göttin der Rosen

Titel: Göttin der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
Vom Netzwerk:
murmelte sie vor sich hin. Eine Rosenknospe in ihrem Wein zu finden war wirklich die Krönung ihres absolut bizarren Tags. »Was sollte ich schon sagen? ›Hey, Kellner‹, oder in diesem Fall eher ›Hey Dienerin, da ist eine Rose in meiner Suppe, äh, meinem Glas, äh, Wein‹.« Sie schüttelte den Kopf und lachte. »Ist das nicht mal wieder typisch?«
    »In der Alten Zeit glaubte man, ohne eine Rosenknospe könne ein Glas Wein nicht richtig genossen werden.« Die tiefe, mächtige Stimme erklang aus dem Bereich des Balkons, wo die Schatten am dichtesten waren. »Es ist eine Tradition, an der ich festhalte.«
    Mikki zuckte so heftig zusammen, dass ihr der Kelch fast aus den Händen fiel.
    »Bitte verzeiht, ich wollte Euch nicht erschrecken, Empousa.«
    »Ich habe nur nicht erwartet …« Mikki verstummte und versuchte, in den Schatten zu spähen. In der Dunkelheit konnte sie nur noch dichtere Finsternis ausmachen, aber sie musste ihn auch gar nicht sehen, um zu wissen, wem die Stimme gehörte. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie atmete tief durch und zog die Decke fester um ihre Schultern, denn plötzlich war sie sich sehr bewusst, dass sie immer noch das Zeremonialgewand trug, das viel zu viel von ihrem Körper zeigte. »Ich dachte, ich wäre allein«, erklärte sie schließlich, und zu ihrer eigenen Überraschung klang ihre Stimme ganz normal.
    »Ich wollte Euch nicht stören. Ich bin nur hier, um sicherzustellen, dass Ihr Euch nach dem Ritual erdet.«
    Mikki starrte wortlos in die Richtung, aus der die körperlose Stimme kam. Ohne auf die Rosenknospe zu achten, nahm sie einen tiefen Schluck Wein. Irgendwo dort drüben stand er – die Statue, der Biestmann aus ihren Träumen –, die Kreatur, die sie durch die Rosengärten verfolgt hatte. Ihre Hände ließen sich nicht so leicht unter Kontrolle halten wie ihre Stimme, und sie musste den Kelch fest umklammern, damit er beim Trinken nicht gegen ihre Zähne schlug, so heftig zitterten ihre Finger.
    Als sie nicht antwortete, sprach er weiter, mit seiner übermächtigen Stimme, die so gar nicht zu seinen höflichen Worten passte.
    »Ich bitte Euch erneut, mir meine Unüberlegtheit zu verzeihen, Empousa. Ich wollte nur nachschauen, ob Ihr alles habt, was Ihr braucht. Ich wollte Euch wirklich nicht stören oder beunruhigen.«
    Mikkis Augen wurden groß. »Du hast das alles gemacht?«
    »Ich habe die Dienerinnen angewiesen, ja. Empousa, Ihr müsst immer daran denken, etwas zu essen und zu trinken, wenn Ihr den heiligen Kreis beschworen oder irgendein anderes Ritual durchgeführt habt. Nur so könnt Ihr Euch wieder in dieser Welt verankern. Wenn Ihr das nicht tut, bleiben Euer Körper und Euer Herz geschwächt.«
    Mikki musste sich zusammenreißen, um nicht hysterisch loszulachen. Unterhielt sie sich gerade wirklich mit der lebendig gewordenen Statue einer Bestie, die sich so gewählt ausdrückte wie ein Englischprofessor, aber gleichzeitig klang wie Godzilla, über die Folgen eines göttlichen Rituals?
    Es war einfach zu verrückt.
    Mikki nahm noch einen großen Schluck Wein. Dieses Mal bemerkte sie, dass die süßliche Note der Rosenknospe das Aroma des Weins tatsächlich perfekt ergänzte. Sie stellte den Kelch ab und betrachtete erneut den Tisch. Feines Leinen. Wunderschönes, fragiles Porzellangeschirr. Ein Kristallkelch und ein mit filigranem Rosenmuster verzierter Krug. Mehrere Platten mit sorgfältig ausgewählten Leckerbissen. Eine Decke und warme, bequeme Pantoffeln. Hatte wirklich er ihr das alles zukommen lassen?
    Mikki spähte in die Schatten am Rand des Balkons, wandte den Blick aber schnell wieder ab und schenkte sich Wein nach. Sein Schweigen machte sie noch nervöser als seine unmenschlich mächtige Stimme. War er überhaupt noch da? Schlich er sich womöglich gerade an sie heran?
    Plötzlich tauchte die Flucht aus ihrem letzten erotischen Traum in ihrer Erinnerung auf, sie errötete, und ihre Stimme klang zu laut und zittrig.
    »Ich wusste nicht, dass ich mich erden muss. Und das Essen ist wirklich köstlich. Ich schätze, ich sollte dir dafür danken.« Am liebsten hätte sie sich auf die Zunge gebissen. Was war das schon wieder für eine dämliche Bemerkung? Sie schätzte , sie sollte ihm dafür danken?
    »Ihr schuldet mir keinen Dank, Empousa. Ich bin der Wächter dieses Reiches, und als solcher ist es meine Pflicht, für das Wohlbefinden all seiner Bewohner zu sorgen, wozu natürlich auch Hekates Hohepriesterin gehört«, erwiderte er

Weitere Kostenlose Bücher