Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
Vom Netzwerk:
zwischen eine Reihe Zypressen trat, konnte sie ihre Neugier nicht länger zurückhalten.
    »Wohin gehen wir?«
    »Nicht weit. Zu einem Feld da drüben.« Er wies nach vorn.
    Lina sah lediglich weitere hohe Bäume, aber sie waren noch so nah am Palast, dass die Landschaft sehr gepflegt war. Der Boden unter den Bäumen war grasbewachsen und frei von Unkraut und Dornen. Im nächtlichen Wald fehlten die trillernden Melodien der Singvögel. Lina war ein wenig eingeschüchtert von der unendlichen Stille.
    Flüsternd fragte sie: »Was ist denn auf dem Feld?«
    Hades drückte ihre Hand. »Du brauchst heute Nacht nicht leise zu sein.«
    »Oh«, machte sie und schämte sich ein wenig. Mit normaler Stimme wiederholte sie ihre Frage: »Was ist denn auf dem Feld?«
    »Glühwürmchen.«
    »Glühwürmchen?«
    Der Gott nickte.
    Das letzte große Mysterium der Unterwelt, das er ihr zeigen wollte, waren Glühwürmchen? Lina hatte schon viele Glühwürmchen gesehen. Massenweise.
    Als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte, grinste er schelmisch und sagte: »Ich glaube, du wirst diese Glühwürmchen einzigartig finden.«
    Lina zuckte mit den Schultern und schwieg. Vielleicht würde die echte Persephone ein Feld voller Glühwürmchen einzigartig finden, aber es brauchte schon etwas mehr als kleine Insekten, um ein Mädchen aus Oklahoma zum Staunen zu bringen, besonders nach den Wundern, die ihr heute bereits vorgeführt worden waren.
    »Ah, hier ist die Lücke in den Bäumen. Pass auf, wo du hintrittst, wir müssen zuerst diesen Graben überqueren.«
    Lina konzentrierte sich darauf, über den kleinen Kanal zu springen, deshalb sah sie erst wieder auf, als sie mitten auf dem Feld stand. Ihre Augen wurden groß vor Staunen.
    Das Feld war von Licht erfüllt, aber es war nicht das bekannte buttergelbe Licht der Glühwürmchen, die sie in ihrer Kindheit gejagt hatte. Es war ein Licht von der Farbe des Mondes, von Seide und …
    »Narzissen!«, stieß sie aus. »
Misericordioso madre di Dio!
Sie machen Narzissen!«
    Hades’ sanftes Schmunzeln klang glücklich und zufrieden. »Nur wenige außerhalb der Unterwelt haben so etwas schon erlebt. Und, Göttin des Frühlings, wie gefällt es dir?«
    Lina starrte auf das Feld. Ungezählte magische Glühwürmchen, wahrscheinlich Tausende, waren in ihre Arbeit vertieft. Sie sponnen Blumen. Eine Gruppe dieser kleinen Insekten schwärmte aus Büscheln unscheinbarer grüner Blätter, bildete eine schimmernde Spirale, drehte sich im Kreise, bis die glühenden Hinterteile eine Form bildeten, aufstiegen und eine in voller Blüte stehende Narzisse zurückließen.
    »Das ist unglaublich! Werden alle Narzissen so gemacht?«
    »Alle, die es in der Unterwelt gibt. Hin und wieder verirrt sich eine Gruppe Glühwürmchen und fliegt zu nah an die Öffnung zum Land der Sterblichen. Manchmal erschaffen sie dann eine Blume in der Welt dort oben, aber das versuche ich zu verhindern. Wie du vielleicht schon gemerkt hast, duften meine Narzissen anders als die in der irdischen Welt. Für die Sterblichen ist der Duft zu betörend.«
    Lina erinnerte sich an den Abend, als sie sich vorgebeugt hatte, um den Duft einer sehr ungewöhnlichen Narzissenblüte einzuatmen.
    »Ich verstehe, dass das zu Problemen führen kann«, sagte sie schwach.
    Als wäre der Klang ihrer Stimme gerade erst in den winzigen Hirnen angekommen, hielten mehrere Glühwürmchengruppen in ihrer Nähe beim Blumenerschaffen inne. Als hätten sie alle denselben Gedanken, stürzten sie sich in einem glühenden Schwarm auf Lina. Sie schwebten vor ihr, schlugen leuchtende Kreise und gaben seltsam zwitschernde Laute von sich. Lina fand, sie klängen wie Grillen mit Sopran.
    »Was wollen sie?«, zischte Lina Hades aus dem Mundwinkel zu.
    Der Gott neigte den Kopf und lächelte. »Sie wollen, dass du mit ihnen gemeinsam Blumen erschaffst.«
    »Wirklich?«, fragte sie, weil sie nicht wusste, wie sie reagieren sollte.
    »Wirklich«, antwortete er. Er ließ ihre Hand los. »Geh zu ihnen. Ich warte auf dich.«
    Sie hatte keine andere Wahl. Schließlich war sie die Göttin des Frühlings. Blumen zu erschaffen war praktisch Teil ihres Berufsbildes. Und als sie dort stand und überlegte, was sie tun sollte, merkte sie, dass der starke Wunsch in ihr erwachte, sich zu den Tierchen zu gesellen, mit Freude sogar.
    Berühre sie einfach und wünsche dir, dass die Blüte entsteht. Dann wird sie blühen,
erklärte ihr die innere Stimme.
    Lina trat auf das Feld. Das lange Gras

Weitere Kostenlose Bücher