Göttin des Frühlings
Lebenden, aber ihre Seelen bewahren sich die Essenz ihres Lebens als Sterbliche, so dass sie ihre einzigartigen Bedürfnisse und Wünsche mit in die Ewigkeit bringen. Ein wenig hast du das mit deiner kleinen Eurydike erlebt. Sie trägt Ängste und Unsicherheiten aus der Welt der Lebenden in sich, auch wenn die Dinge, die ihr dort Sorgen bereiteten, ihr hier nichts anhaben können«, antwortete Hades und versuchte, seine Überraschung angesichts Persephones Frage zu verbergen. Die Göttin war sicherlich nicht das, was er erwartet hatte. Anders als jeder andere Unsterbliche, den er je kennengelernt hatte, schien sie sich ehrlich für sein Reich und die Geister der Toten zu interessieren.
»Das leuchtet ein.« Stirnrunzelnd knabberte Lina an einem gezuckerten weißen Blütenblatt. »Es liegt auf der Hand, dass Erinnerungen aus ihrem Leben Eurydike zusetzen. Armes Kind. Ich würde ihr gerne irgendwie helfen.«
»Das kannst du, Persephone, du tust es bereits. Der kleine Geist muss Sicherheit und Dazugehörigkeitsgefühl verspüren. Diese Dinge hätte die Kleine irgendwann im Elysium gefunden, aber du hast sie ihr gegeben, indem du ihr einen Platz an deiner Seite botest. Jetzt fühlt sie sich wohl und nützlich und wird sich nicht mehr in Gedanken hineinsteigern, was sie verpasst hat und was alles hätte sein können.«
Hades lächelte die junge Göttin aufmunternd an. Sie hatte das mit dem kleinen Geist gut gemacht. Zu viele Unsterbliche hätten Eurydikes Not für unter ihrer Würde gehalten. Sie war nicht mehr unter den Lebenden und konnte die Götter nicht länger verehren. Daher war der kleine Geist nicht mehr von Interesse. Persephones bisherige Taten sagten ihm, dass sie sich nicht nach diesen hochmütigen Überzeugungen richtete. Er beobachtete, wie Persephone beim Wein über seine Worte nachdachte. Die Göttin war ihm ein Rätsel. Sie besaß die Schönheit einer Unsterblichen, wirkte aber so anders.
»Jetzt fühle ich mich schon besser«, sagte Lina und redete sich ein, dass sie von Eurydike sprach und nicht von Hades’ warmem Lächeln. Sie wurde immer faszinierter von den Toten – nicht nur von diesem Gott. »Schlafen sie auch?«
Die Haut um Hades’ Augen legte sich in Falten, so belustigten ihn ihre ungewöhnlichen Fragen. Ein derartiges Gespräch hatte er noch nie geführt. Er staunte, als ihm klar wurde, wie sehr ihm die Unterhaltung mit der jungen Göttin gefiel.
»Sie schlafen nicht genau so wie wir oder wie lebendige Sterbliche, doch sie brauchen Ruhe.«
»Sind deine Diener so wie Eurydike? Ich meine, haben sie sich entschieden, lieber hier bei dir zu bleiben, statt ins Elysium zu gehen?«
»Einige ja, aber nicht aus Liebe zu mir, so wie deine Eurydike. Für die meisten ist es einfach so, dass ihnen das Festhalten am Echo ihres sterblichen Lebens Trost spendet. Andere üben Pflichten aus als Strafe für vergangene Taten.«
Während Hades auf Persephones nächste Frage wartete, bediente er sich bei der Frucht der Unterwelt. Fast konnte er ihre Gedanken arbeiten sehen. Sie hatte aufgehört zu essen und wickelte sich eine Strähne ihres langen Haars um den Finger, eine Geste, die er seltsam reizend fand.
»Dann muss Iapis einer der Toten sein, der bleibt, weil er dich liebt.«
Diesmal konnte Hades nicht anders als laut loszulachen. »Iapis gehört nicht zu den Toten, Persephone, er ist ein Daimon. Aber ja, er hat sich dafür entschieden, für immer an meiner Seite zu bleiben.«
Lina wusste nicht, was sie am meisten verblüffte: dass Iapis ein Dämon war oder die Wirkung, die Hades’ Lachen auf sie hatte.
Als erstes reagierte sie auf seine Antwort.
»Iapis ist ein Dämon?«, piepste sie.
Beim zweiten Lachanfall von Hades schwang die Tür zu den Dienern auf, mehrere erschrockene Köpfe spähten in den Speisesaal und zogen sich schnell wieder zurück, aber Lina konnte ihre erstaunten Gesichter erkennen.
»Ich habe gesagt, er ist ein Daimon, kein Dämon.« Hades schüttelte den Kopf.
»Hm, gut, sicher«, stotterte Lina, während sie am liebsten geschrien hätte: WAS ZUM TEUFEL IST EIN DAIMON ? Dankenswerterweise lieferte ihre innere Stimme die Antwort:
Ein Daimon ist ein Geist von geringerer Göttlichkeit als die olympischen Götter. Daimone sind Wächter und Halbgötter. Sie sind unsterblich.
»Kleine Persephone, wie beschützt muss dein Leben sein, dass du Iapis nicht als Daimon erkennst«, sagte er, immer noch schmunzelnd.
Der verfluchte Kerl lachte sie aus und behandelte sie ebenso von
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