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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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sehen, so jung und schön und begehrenswert. Mit der zurückkehrenden Leidenschaft spürte er die alte Leere in sich, da der uralte Unterschied zwischen Hades und den anderen Gottheiten erneut erwachte. Er zwang sich, seinen Blick von ihren samtenen Augen loszureißen.
    »Möchtest du Wein?«, fragte er unvermittelt und sprang auf. Sofort rief er nach Wein, ohne ihre Antwort überhaupt abzuwarten.
    »Ja, gerne«, sagte Lina verwirrt. Was war gerade passiert? Er hatte ihr ein Kompliment zu ihren Augen gemacht, sie hatte sich bedankt. Zwischen ihnen hatte es geknistert. Selbst eine junge Frau hätte keine Probleme gehabt, diese Funken zu erkennen, und Lina war keine junge Frau mehr. Sie meinte sogar, dass er sich zu ihr vorgebeugt hatte, doch dann war Schmerz in seinem Gesicht aufgeblitzt, und die Anziehungskraft war erloschen. Lina fühlte sich, als hätte sie jemand mit kaltem Wasser übergossen.
    Zwei Diener eilten herbei, jeder mit einem Krug Wein. Hades blickte finster drein und wies auf Persephone.
    »Wünscht die Göttin roten oder weißen Wein?«, fragte einer der Diener.
    »Roten bitte«, antwortete Lina, ohne nachzudenken. Es war ihr egal, ob Hades zum Essen Fisch, Geflügel, Rindfleisch oder Nudeln servierte. Sie hoffte nur, dass der Rotwein dunkel, vollmundig und stark war. Sie nahm einen großen Schluck. Zum Glück traf all das zu.
    »Lasst diesen Wein hier und bringt noch mehr«, wies Hades den Diener an, nachdem er den Kelch des Gottes gefüllt hatte. Wortlos tranken die zwei Unsterblichen.
    Hades betrachtete seinen leeren Teller und wünschte sich, anders zu sein … wünschte sich, dass nicht schon ihre Gegenwart ihn daran erinnern würde, warum er abgeschieden vom Rest der Unsterblichen bleiben musste.
    »Der Wein ist hervorragend«, brach Lina das Schweigen.
    Hades machte ein Geräusch aus tiefer Kehle, das grummelnde Zustimmung bedeuten mochte.
    »Rotwein mag ich am liebsten«, sagte Lina. Da sie nun einmal begonnen hatte zu reden, schien sie nicht mehr aufhören zu können. Sie hob den Kristallkelch und ließ das Licht der Diamanten darin funkeln. »Dieser Wein erinnert mich an Rubine.«
    Hades räusperte sich und traute sich, ihr wieder in die Augen zu schauen.
    »Rubine«, wiederholte er, das harmlose Thema aufgreifend. »Wusstest du, dass mit Rubinen besetzter Schmuck Traurigkeit und negative Gedanken vertreibt?«
    »Nein, das wusste ich nicht«, sagte Lina und studierte den blutroten Wein. »Was können Rubine noch?«
    »Schmuck aus Rubinen kann Freude hervorrufen, Willenskraft und Zuversicht stärken sowie Angst vertreiben.« Hades bemerkte die Ironie seiner Worte. Vielleicht sollte er sich angewöhnen, Rubine zu tragen, solange Persephone zu Gast in seinem Reich war.
    »Ich hatte ja keine Vorstellung, dass Edelsteine so aufregend sein können«, murmelte Lina und blickte von den Diamant-Lüstern zu den glänzenden Chrysokoll-Kerzenhaltern und dann wieder auf ihren rubinroten Wein. »Ehrlich gesagt, habe ich überhaupt nicht viel über Juwelen nachgedacht, schon gar nicht in letzter Zeit.«
    Fragend hob Hades eine dunkle Augenbraue. »Eine Göttin, die nicht viel über Juwelen nachdenkt? Damit wärst du wirklich einzigartig.«
    Lina spürte ein warnendes Kribbeln. Hatte sie zu viel verraten? Sie war so vertieft gewesen in das, was Hades erzählte, dass sie vergessen hatte, wer sie war – so verwirrend das auch klang.
    Eine Karawane halb durchsichtiger Diener mit Tabletts voller Speisen betrat den Raum, gefolgt von Iapis und Eurydike. Angesichts der Ablenkung seufzte Lina erleichtert auf. »O Persephone, warte nur, bis du siehst, was für dich vorbereitet wurde!«, platzte es aus Eurydike heraus. »Ich habe noch nie solche Köstlichkeiten gesehen.«
    Lina hatte die Tabletts bereits begutachtet und konnte dem kleinen Geist nur zustimmen.
    »Es duftet wunderbar«, sagte sie und beobachtete hungrig, wie Schalen, gefüllt mit verschiedensten Farben, Gerüchen und Konsistenzen, ehrerbietig vor ihr abgestellt wurden. Lina erkannte traubenartige weiße Leckereien in verschiedenen Formen, die gezuckert, kristallisiert und zu perfekten Blütenformen gefroren waren. Oliven, in Farbtönen von hellgrün bis schwarz, drängten sich an Käsestücke, so groß und fast so duftig wie die warmen Brotlaibe dahinter. Doch es waren die Früchte, die Linas Blick auf sich zogen. Sie nahmen ein ganzes Tablett ein. Ihre rosarote Haut war aufgebrochen, dicke rote Kügelchen quollen hervor, flehten darum, verspeist zu

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