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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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oben herab und väterlich wie er es zuvor mit Eurydike getan hatte. Und er hatte sie gerade »kleine Persephone« genannt! Als wäre sie eine dumme Göre! Er hatte keine Ahnung, dass er es mit einer erwachsenen Frau zu tun hatte. Mit einer, der es ganz und gar nicht gefiel, zur Zielscheibe männlicher Witze zu werden. Ihr Zorn ließ sie vergessen, dass vor ihr der Gott der Unterwelt saß und sie Gast in seinem Reich war. Er war einfach nur ein Mann, der sie erzürnt hatte. Ohne innezuhalten und über die Konsequenzen nachzudenken, kniff Lina die Augen zusammen und verlieh Persephones weicher Stimme die Feuerkraft ihrer eigenen.
    »Ich nehme an, dass ich in gewisser Hinsicht beschützt aufgewachsen bin. Mir wurde beispielsweise beigebracht, dass man seine Gäste nicht als Objekt der eigenen Erheiterung missbraucht.«
    Hades war augenblicklich ernüchtert. In ihrem Blick erkannte er den kühlen Zorn einer Göttin. Er war ein Narr. Er hatte sich erlaubt, in ihrer Gegenwart locker zu werden, und war in die Falle seiner eigenen Phantasien getappt. Persephone kam vom Olymp, das durfte er niemals vergessen. Er neigte den Kopf als steife Anerkennung ihres Tadels. »Ich bitte um Vergebung, Göttin. Es gibt keine Entschuldigung für meine Grobheit.«
    Ohne noch etwas zu sagen stand er auf, verbeugte sich und verließ den Saal. Lina starrte ihm nach.

11
    »Iapis!« Hades’ Stimme hallte durch das weitläufige Gemach.
    »Mein Herr?« Zwei Atemzüge, nachdem sein Name ausgesprochen worden war, tauchte der Daimon auf.
    »Geh zu ihr. Wenn sie ihr Mahl beendet hat, weise ihr den Weg zurück zu ihrem Zimmer. Sorge dafür, dass sie alles hat, was sie wünscht.« Ruhelos ging Hades auf und ab. »Ich habe sie beleidigt.«
    Iapis schwieg, hob lediglich die Augenbrauen.
    »Dann habe ich sie dort sitzen lassen. Bevor sie ihr Mahl beendet hatte.« Hades fuhr sich mit der Hand durchs Haar, einige kürzere Strähnen lösten sich. Er sah seinen treuen Freund an. »Du weißt, dass ich so etwas noch nie konnte.«
    »So etwas?«, fragte Iapis.
    »Ja! So etwas! Mich mit denen abgeben. Dieses groteske Ritual von Finten und Attacken befolgen, ohne dass sie schnell das Interesse verlieren.«
    »Meinst du vielleicht die Unterhaltung mit der Göttin?«
    »Natürlich meine ich das!«, fauchte Hades.
    Verdutzt über den Gefühlsausbruch des Gottes, versuchte Iapis, ruhig und interessiert zu klingen. »Und hat Persephone viele – wie nennst du es? – Finten und Attacken nötig gehabt, bis du sie beleidigt hast?«
    Hades hielt inne. Er dachte über Iapis’ Frage nach und rieb sich die Stirn.
    »Nein«, sagte er aufrichtig.
    »Du hast dich also mit ihr unterhalten?«
    »Ja, ja, ja«, gab der Gott zu, und plötzlich wurde ihm so manches klar. Er hatte sich amüsiert. Sie hatte Interesse an seinem Reich gezeigt, es war so einfach gewesen, mit ihr zu plaudern – anders als mit Aphrodite oder Athene oder … Verächtlich verzog er den Mund, als er an die anderen jungen Göttinnen dachte, die er kennengelernt hatte. Es waren verwöhnte, arrogante Püppchen, deren Horizont nur selten über ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche hinausging. Als Persephones Stimme schneidend geworden war, weil sie seine Bemerkung als Beleidigung aufgefasst hatte, war er sofort an jene anderen unsterblichen Schönheiten erinnert worden. Er hatte aus dem Bauch heraus reagiert und sich verdrückt.
    »Wolltest du sie beleidigen?«, fragte Iapis.
    »Natürlich nicht!« Hades lief wieder auf und ab. »Ich fand nur lustig, was sie sagte.« Düster schaute er den Daimon an. »Sie hat dich mit einem Toten verwechselt.«
    Iapis versuchte, nicht zu lachen, doch seine Lippen zuckten.
    »Ich habe darüber gelacht, und dann habe ich mit ihr geredet, als wäre sie ein Kind. Das hat sie mir übelgenommen. Sie hat reagiert wie von einer Göttin zu erwarten.« Hades ließ die Schultern hängen.
    »Du sagst, sie hätte reagiert wie jede andere Göttin. Dann darf ich annehmen, dass der Speisesaal zerstört ist und sie die Unterwelt verlassen hat?«, fragte Iapis.
    »Nein, sie … nein. Sie ist geblieben und hat nichts zerstört.« Er hielt inne und erwiderte den fragenden Blick des Daimons.
    »Dann scheint es so, dass sie nicht so reagiert hat wie jede andere beleidigte Göttin«, schloss Iapis. »Wie genau hat sie denn reagiert?«
    »Sie hat gesagt, sie sei es nicht gewöhnt, Zielscheibe des Spotts zu sein«, erwiderte Hades.
    »Und was hast du darauf geantwortet?«
    »Ich habe mich

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