Göttin des Lichts
auch Krampfanfälle. Möglicherweise verliert er das Bewusstsein. Klapperschlangengift ist extrem schmerzhaft. Machen Sie sich auf diese Reaktionen gefasst.«
»Wann wird der Krankenwagen hier sein?« Ihr fiel das Sprechen schwer, die Angst schnürte ihr die Kehle zu.
»Es dürfte keine zwanzig Minuten dauern. Bleiben Sie ruhig, Pamela. Ein Klapperschlangenbiss ist eine ernste Sache, aber er muss nicht tödlich enden.«
Das Wort »tödlich« traf sie, als hätte man ihr einen Dolch ins Herz gestoßen.
»I-ich fühle mich …«, begann Apollo, brach aber ab. Sein Kopf fiel zur Seite, die Augenlider flatterten.
»Ich muss Schluss machen«, sagte Pamela dem Mann in der Infozentrale, legte das Telefon weg und wandte sich wieder zu Apollo. »Nein!«, rief sie und richtete ihn auf, so dass er wieder am Felsen lehnte. »Du darfst nicht ohnmächtig werden.« Behutsam berührte sie sein Gesicht. »Verlass mich nicht!«
Abermals flatterten seine Lider, dann öffneten sich seine Augen wieder, und er blinzelte, als hätte er Schwierigkeiten, sich auf ihr Gesicht zu konzentrieren.
»Pamela«, sagte er mit schwacher Stimme.
»Apollo, bleib bei mir«, flehte sie. Dann holte sie eine Leinenserviette aus dem Picknickkorb, benetzte sie mit dem Wasser, das noch in der Flasche war, und wischte ihm zärtlich den Schweiß vom Gesicht.
»Oh, das tut gut«, murmelte er, »kühl … schön.« Doch dann verzog er das Gesicht, vermutlich, weil ein weiterer Schmerzkrampf seinen Arm erfasst hatte. »So fühlt es sich also an, wenn man verbrennt. Absurd, dass das ausgerechnet mir passiert, oder nicht?«, keuchte er.
»Alles wird wieder gut«, sagte sie und tupfte weiter seine Stirn ab. »Der Krankenwagen wird jeden Moment hier sein. Sie bringen ein Gegengift, das macht dich wieder gesund. Du wirst bald wieder gesund, ganz bestimmt.«
Wieder versuchte Apollo, den Nebel vor seinen Augen wegzublinzeln. »Du weinst ja«, sagte er und wollte mit der gesunden Hand die Tränen von ihren Wangen zu wischen. Aber sein Arm sank kraftlos zurück an seine Seite. »Weine nicht, liebste Pamela. Ich habe dir doch schon gesagt, dass die Unterwelt der Griechen ein einmaliger und wunderschöner Ort ist. Genau wie du, meine Seelenpartnerin, eine einmalige und wunderschöne Frau bist.«
»Kein Wort mehr von der Unterwelt!« Neue Tränen strömten ihr übers Gesicht. »Du kannst nicht sterben, du bist Apollo, der Gott des Lichts.«
»In diesem Moment ist der Gott des Lichts leider nur ein sterblicher Mann.« Er hielt inne, denn weil er so schlecht Luft bekam, war das Sprechen schwierig, und das Feuer in seinem Arm breitete sich rasch aus. Der Schmerz schlug die Krallen in seine Schulter und ergoss sich wie heißer Teer in seinen Brustkorb. »Pamela, hör mir zu. Hades hat mir gesagt, dass Seelenverwandte sich immer wieder finden. In einem Leben nach dem anderen. Bitte vergiss das nicht …« Aus dem Brennen wurde eine Explosion, und sein Gesicht verzerrte sich qualvoll. Er sackte zusammen, schloss die Augen und sank in ein schwarzes Nichts.
»Nein!«, schrie Pamela. Mit zitternden Händen berührte sie sein Gesicht, das sich noch vor wenigen Sekunden heiß angefühlt hatte, jetzt aber kühl und feucht war. Sie suchte einen Puls, fand aber keinen. Nein! Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Sie stand auf, warf den Kopf in den Nacken und schrie laut vor Zorn und Verzweiflung.
»Zeus! Dein Sohn stirbt! Wo bist du? Rette ihn – mach dein verdammtes Portal auf und hol ihn heim. Du bist doch sein Vater!«
Plötzlich schimmerte die Luft über ihr, und dann, als hätte jemand die Falten eines unsichtbaren Vorhangs zurückgeschoben, öffnete sich ein Stück Himmel, ein junger Mann trat heraus und schwebte über ihr. Er trug eine kurze Tunika, ähnlich wie die, die Apollo an dem Abend getragen hatte, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, und goldene Sandalen, die an den Fersen mit leise wippenden Flügeln verziert waren. Die gleichen Flügel befanden sich auch an seinem helmartigen Hut und dem Kristallstab, den er in den Händen hielt. Seine kurzen, lockigen Haare waren weißblond, sein hübsches Gesicht wirkte milde amüsiert.
»Was? Bist du jetzt auf einmal stumm geworden, nachdem du mit deinem Geschrei den ganzen Olymp aufgescheucht hast?«
Mit zusammengekniffenen Augen sah Pamela ihn an, denn sie erkannte den gleichen arroganten Ton, den sie schon so oft von Artemis gehört hatte. »Zuerst musst du ihn retten«, sagte sie. »Dann kannst
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