Göttin des Lichts
hatte sie mehr Herz in sich! Duane konnte doch unmöglich alles zerstört haben.
»Zweifelt nicht länger, lasst der Seele Raum.«
Mit dem Pochen in ihrem Finger hallte das Echo der Worte durch ihren Körper. Nein, Duane hatte die Romantik in ihr nicht zerstört, das würde sie nicht zulassen.
»Auf dass Wünsche des Herzens, groß oder klein,
sich mögen dir zeigen – so soll es sein!«
Impulsiv reckte sie das Kinn und starrte zu der Nymphen-Gruppe, die wie echte Ballerinen lächelnd in anmutige Ballettknickse versanken, während die Menge in frenetischen Beifall ausbrach. Und dann platzte Pamela laut mit dem Gedanken heraus, der ihr seit ihrem Gespräch mit V nicht mehr aus dem Kopf gegangen war.
»Mein Herzenswunsch ist, dass mein blöder Exmann nicht alle romantischen Gefühle in mir erstickt hat, aber ich habe Angst, dass er genau das gemacht hat. Also, wenn du mir helfen willst …« Sie hielt inne und versuchte sich an den Namen der Göttin zu erinnern, aber obwohl der Jubel der Menge ihre Stimme übertönte, fühlte sie sich ein bisschen albern, als sie fortfuhr: »Äh, Artemis, du könntest ein bisschen Romantik in mein Leben zurückbringen.« Dann fiel ihr der widerliche Goldketten-Gigolo wieder ein, und sie fügte schnell hinzu: »Ach, und Artemis – ich hab die Nase voll von Männern, die sich für Götter halten. Falls du mir meinen Wunsch erfüllen magst, dann bring mir bitte zur Abwechslung einen Mann, der wirklich göttlich ist.«
6
»Wie konnte das passieren?«, stieß Artemis hervor, nachdem sie ihren immer noch verdutzten Bruder in eine einigermaßen ruhige Ecke gezerrt hatte. »Diese Sterbliche hat die Beschwörung vollzogen!«
Apollo nickte benommen. »Sie hat sogar deinen Namen benutzt.«
Artemis hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht. »Meinst du vielleicht, ich weiß das nicht? Ich fühle es sogar.« Sie kniff die Augen zusammen und blickte sich um. »Wo ist denn Bacchus, dieser fette Idiot? Er ist schuld an dem ganzen Schlamassel. Er soll uns gefälligst helfen, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.«
»In Ordnung bringen?« Apollo riss den Blick von der Menschenfrau los, die gerade unwissentlich eine antike Göttin an sich gebunden hatte, um ihren Herzenswunsch zu erfüllen. »Meinst du nicht, wir müssen ihr auf jeden Fall den Wunsch erfüllen?«
Die Göttin öffnete den Mund zu einem leidenschaftlichen Protest – und schloss ihn genauso schnell wieder. Ihr Bruder hatte vollkommen recht. Sie kam nicht darum herum. Das Band war geschmiedet, sie spürte sein Gewicht wie eine Eisenkette.
»Na gut. Es ist passiert. Ich kann nichts tun, als den Wunsch der Sterblichen zu erfüllen und die Geschichte möglichst schnell hinter mich zu bringen.«
Apollo antwortete nicht, aber sein Blick wanderte vom wütenden Gesicht seiner Schwester erneut zu der zierlichen Menschenfrau. Er konnte die Augen einfach nicht von ihr lassen. Inzwischen hatte sie irgendeine Art dünnen Verband um ihren verletzten Finger gewickelt und versuchte immer noch – wenn auch mit wenig Erfolg – den verschütteten Wein aufzuwischen.
Wahrscheinlich schneidet sie sich gleich noch einmal
, dachte er und spürte plötzlich den starken Impuls, zu ihrem Tisch zu eilen und sie zu warnen. Als ein Kellner mit einem Lappen kam und die Bescherung im Handumdrehen beseitigte, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus, während er beobachtete, wie die Frau verlegen lächelte, und zu erkennen glaubte, dass ihre Wangen hochrot angelaufen waren. Hübsche Wangen. Hohe, gut geformte Backenknochen, die ihr herzförmiges Gesicht perfekt ergänzten. Unwillkürlich verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln. Diese Haare! Eigentlich mochte er es überhaupt nicht, wenn Frauen ihre Haare so kurz trugen, aber an ihr fand er es seltsam attraktiv. Es verlieh ihr eine feenhafte Aura und ließ sie gleichzeitig ein bisschen zerzaust wirken – als wäre sie gerade aus dem Bett ihres Liebhabers gekrochen.
Artemis folgte dem faszinierten Blick ihres Bruders und betrachtete die Menschenfrau mit ihren scharfen Göttinnenaugen. Der Sterblichen schien überhaupt nicht bewusst zu sein, was sie angerichtet hatte. Sie war zierlich und erstaunlich hübsch gekleidet, trotz ihrer unmöglichen kurzen Haare. Ihr Alter war schwer zu schätzen – Artemis konnte nur erkennen, dass sie kein Mädchen mehr war, aber noch längst keine gestandene Frau mittleren Alters. Immerhin eine kleine Erleichterung. Wenigstens hatte sie Artemis nicht
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