Göttin des Lichts
wandte sich ihr zu. Jetzt hieß es, schnell zu handeln. Zwar setzte er seine magischen Kräfte nur sehr ungern ein, um ihren Geist zu benebeln, aber er musste sie irgendwie durch das Portal führen und dann umgehend zu seinem Tempel bringen – ohne dass ihr klar war, was passierte.
»Ich verspreche dir, das Essen wird alles übertreffen, was du je gekostet hast.« Er machte sich nicht die Mühe, sich in dem kleinen Service-Korridor, den die Macht der Olympier verzaubert hatte, lange umzuschauen, denn er wusste, dass keine sterblichen Eindringlinge ihn dabei ertappen würden, wie er seine Magie auf Pamela ausübte. »Aber bevor wir reingehen, muss ich noch etwas tun, bei dem wir durch das Eintreffen meiner Schwester heute Nachmittag gestört worden sind.«
Er zog sie in seine Arme. Während seine Hände über die weichen Rundungen ihres Körpers glitten und seine Lippen ihre trafen, konzentrierte er sich darauf, einen Nebel seiner goldenen Macht in ihr Bewusstsein fließen zu lassen. Dem lichterfüllten Nebel befahl er, ihre Gedanken sanft zu bedecken, so dass ihre kostbare sterbliche Seele – nur für ein paar Atemzüge – schwindlig und desorientiert wurde.
»Oh«, hauchte sie und schwankte ein wenig.
Mit einer raschen Bewegung hob Apollo sie hoch, öffnete die Tür und trug sie durch das Portal. Er erhaschte nur einen kurzen Blick in die Große Halle des Olymps, aber es reichte, um zu sehen, dass Artemis ihr Versprechen gehalten hatte – der Raum war vollkommen leer. Kein einziger Unsterblicher sah, wie der Gott des Lichts mit einer Sterblichen auf den Armen den Olymp betrat. Mit einem stummen Befehl ließ Apollo sich dann zu seinem Tempel transportieren, und so verschwanden sie in einem Schwall Sonnenlichts.
Mit einem verschlagenen Lächeln ging Bacchus durch den Korridor auf die Tür zu, in der sich das Portal zur Götterwelt befand. Die Sache würde geradezu lächerlich einfach werden. Wie immer war Apollo viel zu selbstsicher und arrogant und hatte demzufolge nicht bemerkt, dass Bacchus ihm auf den Fersen gewesen war, seit er die sterbliche Frau in dem Weinlokal kennengelernt hatte. Genau genommen hatte Apollo überhaupt nicht viel von seiner Umgebung mitbekommen, denn er hatte nur Augen für die moderne Frau gehabt, von der er ganz offensichtlich besessen war.
Er hatte den unbesungenen Helden gespielt, den Spielautomaten manipuliert und der Sterblichen die Mittel verschafft, das Objekt ihrer Begierde zu erstehen. Bacchus konnte es kaum erwarten, dass die Frau endlich mitansehen musste, wie hilflos und erbärmlich der goldene Gott ohne seine Kräfte war. Er freute sich unbändig darauf zu erleben, wie die Arroganz des Lichtgottes ausgelöscht wurde – selbst wenn es sich nur um einen Zeitraum von fünf Tagen handelte.
Er schritt durchs Portal. Wie nicht anders zu erwarten, war die Große Halle leer. Und wie er die goldenen Zwillinge kannte, würden sie dafür sorgen, dass es so blieb, damit die anderen Götter nichts von Apollos kleinem Abenteuer mitbekamen. Wie praktisch. Fast hätte er laut gelacht, aber er riss sich zusammen. Später würde er noch genug Zeit für seine Schadenfreude haben, jetzt musste er sich konzentrieren.
Der Gott des Weins stellte sich vor das Portal, hob die Arme über den Kopf und begann den rituellen Bann, indem er die berauschenden Kräfte seines Reichs herbeirief.
»Mächte des Weins, reichhaltig und verwegen,
Ihr sollt nun dies Portal mit eurer Kraft belegen,
Auf dass die Sterbliche es mühelos durchschreiten kann,
Bei ihrer Rückkehr jedoch gerät in einen Zauberbann.
Nur für den Augenblick, ihr sanften Mächte, bleibt,
und dann verblasst, so wie Apollos Licht den morgendlichen Regen auch vertreibt.«
Bacchus hielt inne und genoss einen Moment voller Stolz die gelungene Anspielung auf den Gott des Lichts, die er so geschickt in seinen Zauber hatte einfließen lassen. Dann jedoch konzentrierte er sich wieder ganz auf sein Vorhaben und stellte seine Falle fertig.
»Dies soll dem Lichtgott eine Lehre sein, er soll erkennen,
dass es nicht nur die eine Art gibt zu verbrennen.«
Bacchus schwenkte die Hände vor dem Portal, und einen Moment lang schimmerte es im Licht eines gut gekühlten Rosé-weins. Dann verblasste es, und alles schien wieder normal.
»Schritt eins erledigt«, murmelte Bacchus vor sich hin. »Schritt zwei folgt.«
Leise sprach er einen Befehl. Sofort verschwand sein Körper und manifestierte sich hinter einem gut gepflegten Busch
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