Goettin meines Herzens
Gen’lmen, was wird geboten? Ah …“, sagte er und legte den Finger an die Nase, „… ihr wollt wohl die Ware erst begutachten, eh?“
Mit entrücktem Blick schaute das Mädchen Kit an, als ob sein Anblick sie die lüsternen Augen und gierig geleckten Lippen um sie herum vergessen ließ. Dann riss ihr Gatte das hochgeschlossene Kleid, das sie trug, vom Hals bis zum Nabel auf, und entblößte ihre schneeweißen Brüste, die nur noch zum Teil von ihrer Chemise bedeckt wurde. Einen Moment blickte sie so entsetzt drein, als wäre sie auf dem harten Boden der Tatsachen gelandet.
Selbst noch nach fünf Jahren ballte Kit jetzt die Hände unwillkürlich zu Fäusten, als er sich der gleichgültig groben Art erinnerte, in der dieser besoffene Schuft auch noch den letzten hauchzarten Schutz zerstörte und sie dazu zwang, mehr preiszugeben, als eine Frau in Gesellschaft jemals gezwungen sein sollte zu offenbaren.
Ihr verschleierter Blick traf erneut den seinen, und er verfiel dem Zauber ihrer blauen Augen Hals über Kopf. Glühende Leidenschaft wallte in ihm auf. Das Gebot stand bei zehn Pfund, als sein Verstand seine Sinne endlich davon überzeugen konnte, dem Geschehen zu folgen. Gleich wer oder was sie war, heute Nacht sollte sie die Seine sein, Punktum. Kein anderer Mann verdiente sie. Die anwesenden Männer in der Taverne ganz gewiss nicht, denn die waren nicht einmal in der Lage zu erkennen, dass ihre verführerischen Reize denen einer Göttin gleichkamen.
„Das hieße, sie verschenken. Gut aussehende Frau, auch wenn ihre Zunge so viel Gift versprüht wie ’ne Viper“, meinte der Mann dümmlich, doch sein Publikum hörte ihm kaum noch zu.
„Zwölf!“, brüllte ein eifriger junger Matrose.
„Zwanzig!“, bot der Maat, dem Kit bereits die ganze Woche folgte, und ließ gierig seine Blicke über die weiblichen Reize schweifen.
Der Matrose lehnte sich zurück, Enttäuschung stand in seinem jungen Gesicht geschrieben.
„Dreißig!“, hörte Kit sich rufen.
„Fünfzig“, knurrte der Maat barsch.
„Wenn du so viel Kröten hast, dann zahl davon erst mal deine Zeche, Toby Rigg“, keifte die Besitzerin der Taverne, die in einem Stuhl vorm Feuer saß. „Zahl deine Schulden, bevor du für Dirnen bietest, sonst kannst du nich’ drauf zählen, dass ich dich noch mal verstecke, wenn die Männer von Lloyds hinter dir her sin’.“
„Halt dein loses Maul, ich zahl’, wann’s mir passt.“
„Du gibst mir die Penunze sofort, oder du wirst dir wünschen, du hättest es getan“, blaffte die Frau, während sich ihre drei kräftigen Söhne um sie scharten, um jedweden Gegenangriff, den der Maat möglicherweise wagen wollte, im Keim zu ersticken.
„Verkauft an den Piratenkapitän!“, rief die Göttin dazwischen.
Die erstaunte Stille nutzend, schob das Schankmädchen sie zu Kit hinüber. Venus schmiegte sich in seine Arme und verbarg unwillkürlich ihre Blöße an seiner breiten Brust. Bemüht, der sinnlichen Anziehung ihrer warmen verlockenden Kurven zu widerstehen, beschloss Kit, dass es Zeit wurde, die Taverne schleunigst zu verlassen. Früher oder später würde die unvermeidliche Schlägerei ausbrechen, selbst ein Mann seiner Herkunft und Fähigkeiten konnte sie dann nicht mehr vor willkürlicher Gewalt schützen.
„Ich teile die zwanzig, die ich bei mir habe, mit Ihnen, wenn Sie uns hier mit heiler Haut herausbringen. Den Rest bekommen Sie, wenn wir auf meinem Schiff sind“, sagte er zu der Schankmagd.
Kit gab ihr seine Geldbörse mit der sicheren Gewissheit, dass er dies gleich bereuen würde. Natürlich hatte er sich schon aus weit misslicheren Lagen allein herausgewunden, jedoch hatte er da auch nicht die Bürde einer halb bewusstlosen Göttin zu tragen gehabt.
„Hier für euch, Jungs“, brüllte die Magd, nahm einige Goldstücke und alle Silbermünzen aus seiner Börse und warf sie hoch in den Raum.
Während die Tavernengäste um die Münzen rangelten, griff die Schankmagd die taumelnde Venus am Arm und zog sie mit sich. Sofort versuchte der Mann, der seine Gattin feilgeboten hatte, ihnen durch die wogende Menge zu folgen.
Doch Kit stieß bereits die robuste Tür auf, die ins Freie führte, atmete die nach Fisch riechende Luft ein, die ihm nach Stunden in der stinkenden Taverne wie ein wahrer Quell der Frische erschien. Kaum hatte seine Göttin jedoch einen Schritt in die kühle Nachtluft getan, da fiel sie in Ohnmacht wie ein gefällter Baum. Er fluchte, nicht sicher, ob er wütend auf sie
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