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Goettinnensturz

Goettinnensturz

Titel: Goettinnensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Buerkl Anni
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Kleidung der jungen Frau, die der eine Kerl anquatscht, ganz so, als könne er das Wasser reichen. Und die sich das gefallen lässt, weil sie halt Kellnerin ist.
    Und wie sie tanzen und Bier saufen, und daneben sterben die Leut, an Armut und an ihrer Traurigkeit, an dem Kummer, und sie tanzen daneben Hum-Tata. Eine Demo, endlich Protest, endlich runter mit den Masken, aber die meisten schlendern vorbei, ohne zu merken, worum es geht. Gegen wen protestiert wird, ist ihnen gleichgültig, solange das Bier fließt und die Schnitzel duften.
    Sie merken selbst nicht, wie sie älter werden, nur du siehst es, siehst die Falten um die Augen, das Doppelkinn. Siehst wie sich einer zu dir setzt und dir schöne Augen macht – ein bisschen zu schöne Augen, um ehrlich zu sein. Und du, du glaubst, er hat sich geändert seit damals.
    Damals … damals warst du zu hässlich, als dass er mit dir auch nur geredet hätte. Nix als Gemeinheiten. Sie haben dich ausgelacht – in den guten Momenten. In den schlechten haben sie dich angespuckt und Schlimmeres.
    Und jetzt siehst du das Blitzen in den Augen, als sich sein Blick dir zuwendet. Und der war mal dein Schwarm? Die Rollen haben sich verändert. Er steht auf dich – nur du nicht auf ihn. Nicht mehr. Nein, sagst du auf die Frage, ob er dich heimbringen darf. Er sagt das so platt. »Darf« – wie früher unter Teenagern, wo das eine ganz bestimmte Bedeutung hatte. Er lässt nicht locker und schließlich ist er wer hier, in dieser eingeschworenen Gemeinschaft. Vielleicht kann er gar was tun für dich. Sagt er. Also lässt du ihn sein Auto holen und steigst ein. Und dann hat er einen wirklich atemberaubenden Vorschlag. Und du willst schließlich die alten Geschichten hinter dir lassen. Willst höher hinaus, ganz hoch! Also steigst du darauf ein.
    Es wär ja keine Sünde, sagt er, und da musst du lachen. Keine Sünde, die der Rede wert wär! Früher hättest du viel für einen Kuss gegeben, einen nur, den alle gesehen hätten. Und jetzt ist es zu spät dafür.
    Du steigst auf seine Idee ein … weil Erfolg von Sex kommt … nur von Sex. Da kannst du noch sooft den magischen Fels raufkriechen und bitten und betteln. Erfolg kommt von Sex – und Sex von Erfolg, aber das ist ein anderes Thema. Und von harter Arbeit. Was ja fast das Gleiche ist. Und da musst du schon wieder lachen.

5
    Berenike jagte die alte Karre, die sie seit Neuestem fuhr, die kurvige Straße nach Bad Ischl entlang. Jetzt war sie froh, ein Auto zur Verfügung zu haben, wenn auch einen Gebrauchtwagen. Sie hatte Inspektor Kain nicht weiter gefragt, war einfach losgerast. Und jetzt fragte sie sich bang, was sie wohl finden würde – ob es überhaupt etwas zu finden gab.
    Endlich kam die frühere kaiserliche Sommerfrische in Sicht. Prompt verfuhr sie sich auf dem Weg zum Bezirksspital, in dem die Obduktionen stattfanden. Immer noch dieses Flattern in ihr. Jonas, Jonas! Sie musste herausfinden, wo er war, was geschehen war, ob man ihn entführt hatte. Sie musste seine Spur aufnehmen, wenn sie das nicht konnte, wer dann?! Wollte mit Reinhard reden, die Ereignisse in eine Reihenfolge bringen. Von unterwegs rief sie die Handy-Nummer von Jonas an: Nichts, niemand hob ab. Die Mailbox schnarrte und Berenike legte wortlos auf.
    Erschöpft parkte sie gegenüber dem Krankenhauseingang am Straßenrand, kurbelte das Fenster runter, schnappte nach Luft. Sie legte die Arme aufs Lenkrad, ließ ihren Kopf darauf sinken. Nur einen Moment Kraft schöpfen. Und überlegen, wie sie vorgehen sollte. Ein Anflug von Verzweiflung. Wie sollte ausgerechnet sie etwas ausrichten! Und wenn Jonas etwas Schlimmes zugestoßen war … Wie um alles in der Welt sollte sie das aushalten?
    Endlich stieg sie aus, kämpfte gegen das Nachgeben der Beine unter ihr an. Als würde irgendwas sie vom Weitergehen abhalten. Aber sie musste, musste was tun! Den Weg zum Eingang rannte sie, halb taumelnd, keuchend, aber sie rannte, so schnell sie konnte. Vorbei an der Portierloge, vor der es nach altem Zigarettenrauch stank. Weiter, weiter. Eine Stimme hinter ihr, sie drehte sich halb um, sah einen dicklichen Grauhaarigen, der ihr nachzukommen versuchte, sie jedoch nicht erreichte. Im Gegenteil, der Abstand zwischen ihnen wurde größer. Er zerrte an einem seiner Hosenträger, gestikulierte, eine Zigarette in der Hand. »Da können Sie nicht einfach reingehen, gnä’ Frau!«, rief er mit belegter Stimme. Berenike lief ungeachtet dessen weiter, schwere Schritte

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