Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt
ansah, und aus alter Gewohnheit holte sie schon Luft, um ihm eine Begrüßung zuzurufen, aber sein Blick glitt einfach über sie hinweg.
Es war eindeutig, dass Matt auf der Suche nach ihr ins Café gekommen war. Helen stöhnte und rieb sich die müden Augen. Claire musste ihm gesagt haben, dass sie vermisst wurde. Sie kannte Matt und wusste, wie klug er war, und sie war sicher, dass er sich genau wie Claire einiges zusammengereimt hatte.
Einen Moment lang wollte sie, dass er sie fand, aber er suchte den Raum nach Helens blonden Haaren ab. Als er sie nicht entdeckte, gab er die Suche auf. Helen hätte am liebsten ihre Serviette nach ihm geworfen und ihm zugerufen, dass sie doch nurdrei Meter von ihm entfernt saß, aber sie musste sich eingestehen, dass sie ihm keinen Vorwurf machen konnte.
Trotzdem tat es weh, von jemandem übersehen zu werden, den sie schon seit ihrer Kindheit kannte. Sie sah Matt nach, als er das Café verließ, und plötzlich hatte sie das Gefühl, gesichtslos und unsichtbar zu sein wie ein Geist. Sie fühlte sich einsam.
»Es ist besser für ihn«, sagte Daphne tröstend und berührte über den Tisch Helens Hand. »Die Sterblichen, die sich in uns verlieben, leben nicht lange. Wir Scions ziehen Tragödien magisch an. Es ist sicherer für sie, wenn wir sie verlassen, bevor der Ärger anfängt. Deswegen habe ich Jerry nicht mehr Zeit gegeben …«
»Du hast meinen Vater nie geliebt«, unterbrach Helen sie verbittert und riss ihre Hand unter der ihrer Mutter heraus.
»Nein, habe ich nicht. Ich werde nicht lügen, um mich dir sympathischer zu machen«, sagte Daphne und griff nach der Rechnung. »Aber ich würde ihm nie etwas Böses wünschen. Vergiss nicht, dass er der einzige Mensch war, dem ich meine Tochter anvertraut habe. Du hasst mich dafür, dass ich Jerry nicht liebe? Schön. Aber du kannst mich wenigstens dafür respektieren, dass ich erkannt habe, was für ein besonderer Mensch er ist, und dass ich dir das Geschenk gemacht habe zu glauben, er wäre dein Vater.«
»Jerry ist mein Vater in jeder Hinsicht, die etwas bedeutet«, erwiderte Helen und stand vom Tisch auf.
Sie drehte Daphne den Rücken zu und wartete, bis sie das Geld auf den Tisch gelegt hatte. Auf dem Rückweg ins Hotel, wo sie ihr Gepäck holen wollten, entdeckte Helen auf einmalHector. Sein Blick streifte sie nur, wie es bei Matt der Fall gewesen war. Die Zwillinge waren auch da und suchten die Gegend um den Fähranleger ab. Helen hörte, wie Ariadne Matt etwas zurief. Sie klang überrascht, ihn zu sehen, aber Daphne zog sie zurück ins Hotel, bevor sie hören konnte, was die beiden zueinander sagten. Helen hörte nur noch, wie Claires Name genannt wurde, doch dann schlug die Tür hinter ihr zu, und sie bekam selbst mit ihrem Scion-Hörvermögen nichts mehr mit.
Lucas stand in der Eingangshalle. Helen sah sein Gesicht zwar nicht, aber das war auch nicht nötig. Sie hätte ihn sogar erkannt, wenn er einen Kilometer entfernt um eine Ecke verschwunden wäre und sie nur einen kurzen Blick auf ihn erhaschen könnte. Sie wandte sich hastig ab, denn wenn sie ihn ansah, würde ihre Konzentration nachlassen, und ihre Maske würde sich in Luft auflösen. Als sie hinter ihrer Mutter die Treppe hinaufeilte, hoffte und fürchtete sie gleichermaßen, dass er ihren Namen rufen würde, aber das tat er natürlich nicht.
Im Zimmer raffte Helen die paar Sachen zusammen, die sie besaß, und trug sie zur Tür, wobei sie ihre Tränen und ihre gerötete Nase vor ihrer Mutter verbarg, so gut es ging. Sie versuchte, sich das Haar der Fremden vors Gesicht fallen zu lassen, aber dummerweise trug dieses Mädchen einen Pony. Während ihre Mutter nachsah, ob sie nichts im Zimmer vergessen hatten, lachte Helen unwillkürlich auf, weil sie an ihre letzte Fahrt mit der Fähre denken musste. Da hatte Claire ihr zum ersten Mal von der neuen Familie erzählt, die in das große Anwesen in ’Sconset gezogen war. Claire war überzeugt gewesen, dass sie beide ihren Traumtypen finden und sich unsterblich in ihn verlieben würden,und Helen hatte das total albern gefunden. So albern, dass sie das Thema gewechselt und laut darüber nachgedacht hatte, ob sie sich einen Pony schneiden lassen sollte.
»Also, Claire hatte absolut recht«, murmelte Helen und schmunzelte trotz ihrer Tränen. »Ich finde diesen Pony scheußlich.«
Helen riss die Zimmertür auf und rannte direkt in Lucas hinein. Er brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, um Helens Tränen und das
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