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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Füße steckten in ehemals weißen, jetzt lehmigroten Turnschuhen ohne Schnürsenkel – ein Souvenir vom Besuch in einer Missionsstation oder das Geschenk eines Händlers, der mit Erlaubnis der Regierung in einem zu einem Basar umfunktionierten Bus die noch befahrbaren Gegenden des Outback abklapperte.
    Ehe Boabo ihn in seinem Eingeborenendialekt begrüßen konnte, sagte der Aboriginal:
    »Ich begrüße Sie. Wo wollen Sie hin?« Er sprach ein gutes, deutliches Schulenglisch, was bewies, daß er auf einer staatlichen oder kirchlichen Schule erzogen worden war.
    Wolf erhob sich und stellte sich hinter dem Feuer auf. »Wir suchen einen Berg, der wie ein Bein aussieht«, antwortete er.
    »Bei Sonnenaufgang«, fügte Chick hinzu. »Darauf kommt es an. Am Tag, ohne Schatten, kann er ganz anders aussehen.«
    »Warum?«
    »Wir sind Geologen.« Wolf fiel diese Antwort spontan ein, und er fand sie sehr gut. »Ich weiß nicht, ob Sie wissen, was ein Geologe ist. Wir erforschen das Alter unserer Erde. Dabei sind wir darauf gestoßen, daß dieser Berg, der wie ein Bein aussieht, hier im Haasts Bluff oder im Petermann der älteste Felsen von Australien sein soll. Früher war er vermutlich eine kleine Insel im Urmeer. Das wollen wir nun feststellen. Kennen Sie solch einen Berg?«
    »Nein.« Der Aboriginal kam näher. Als er in den Feuerkreis trat, sah man, daß er ein alter Mann war. Weiße Haare kräuselten sich unter dem Schlapphut hervor, sein Gesicht glich einer verwitterten Baumrinde. Sein Blick fiel auf die Becher mit Rotwein, und seine Augen weiteten sich begehrlich. »Es gibt hier keinen solchen Berg.«
    »Nicht hier im Umkreis von hundert Meilen … aber vielleicht weiter entfernt.« Chick nahm Boabo den Plastikbecher aus der Hand, füllte ihn randvoll mit Wein und hielt ihn dem Alten entgegen. Der Aboriginal zögerte, leckte sich über die Lippen und zog die wulstigen Augenbrauen zusammen. »Gibt es nicht eine alte Erzählung von diesem Berg?«
    »Bei uns nicht.« Der Alte griff nach dem Becher, roch daran und setzte ihn dann an den Mund. Ohne abzusetzen, trank er den Wein aus. Das Anbieten des Bechers schien aber noch eine andere Bedeutung für ihn zu haben … Er setzte sich an das Feuer, nahm den Schlapphut ab und faltete die Hände im Schoß. Dann nickte er den vier Weißen mit einem Grinsen zu. Boabo allerdings übersah er … Boabo war kein richtiger Aboriginal mehr. Und da er auch kein Weißer war, war er ein Nichts. »Guter Wein.«
    »Ein Feinschmecker.« Wolf lachte. »Das ist ein Burgunder, Mister.«
    »Aus Frankreich … ich weiß.«
    »Da springt doch das Steak aus der Pfanne!« Chick klatschte sich auf die Schenkel. »Der weiß, wo Burgund liegt …«
    »Ich weiß, was Wein aus Burgund ist. Ich bin in der Mission Hermannsburg erzogen worden. Dort tranken meine Lehrer auch Burgunderwein und weißen Wein vom Fluß Rhein …«
    »Das ist ja ungeheuerlich.« Wolf beugte sich vor und sagte dann auf deutsch: »Wenn du in der Schule von Hermannsburg warst, kannst du doch auch Deutsch. Sag mal etwas auf deutsch.«
    Der Alte dachte angestrengt nach, verzog dann freudig sein verwittertes Gesicht, das dadurch nur noch aus Falten und Knoten zu bestehen schien, und deklamierte wie in der Schule: »Festgemauert in der Erden steht die Form, aus Lehm gebrannt …«
    »Ich werd' verrückt.« Wolf nahm ihm den Becher aus der Hand und goß ihn wieder voll Wein. »Schillers ›Glocke‹. Das ist einen neuen Schluck wert. Im Never Never zitiert ein Ureinwohner Schiller. Das glaubt mir später keiner, wenn ich es erzähle.«
    »Sprich wieder Englisch!« knurrte Chick, der kein Wort verstand. »Was hat er gesagt?«
    »Den Anfang einer deutschen Ballade. Eine Gedichtzeile.«
    »Mir ist der Bein-Felsen lieber.«
    Sie warteten, bis der Alte auch den zweiten Becher Wein in sich hineingegossen hatte. Danach holte Cher den Topf mit Gulasch vom Kocher und auch die Schüssel mit den übriggebliebenen Nudeln. Die Augen des Aboriginals strahlten. Mit dem Löffel begann er, das Essen in sich hineinzuschaufeln. Erst als die Schüssel leer war, blickte er wieder auf und grinste dankbar. »Vielleicht kann ich Ihnen helfen«, sagte er plötzlich.
    »Aha!« Chick rieb seine Hände gegeneinander. »Mit vollem Bauch kann er besser denken.«
    »Nein, aber ich sehe, Sie sind meine Freunde.«
    »Das waren wir immer. Warum habt ihr uns mit Bumerangs angegriffen?«
    »Wir lieben keine Fremden. Wo sie auftauchen, wollen sie uns betrügen. Sie sind mit

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