Gold in den roten Bergen
Bumerang aus dunklem Holz vorbei. Chicks Aufschrei kam keine Sekunde zu spät … Sie lagen alle flach auf der Erde, als ein wahrer Hagel von Bumerangs über sie hinwegfegte, diesmal tiefer gezielt, so daß jedes Wurfholz getroffen hätte, wenn sie noch gestanden hätten.
»Kriecht hinter die Wagen!« schrie Wolf zu Sally und Cher hinüber. Sie hatten hinter ihrem Zelt Schutz gesucht, aber einige Bumerangs klatschten gegen Zelttuch und Gestänge und ließen sie bereits schwanken. »Ganz flach … So tief können die Dinger nicht fliegen …«
Chick, der hinter einem Spinifexbüschel lag und sich an den scharfen Blättern geschnitten hatte und im Gesicht blutete, blickt den Wurfhölzern nach. Da sie die Eigenart haben, zu ihren Werfern zurückzukehren, wußte man auch, wo der Gegner stand. Ein Bumerang ist eine verräterische Waffe.
»Sie liegen dort hinter der Bodenwelle!« schrie Chick und kroch nun ebenfalls zu den Wagen zurück. »Verdammt noch mal, wir werden an unsere Gewehre nicht herankommen!«
5
Boabo, der gerade die Kiste mit dem Propangaskocher ausgeladen hatte, brachte sich mit einem großen Satz im Inneren des Toyota in Sicherheit, als der erste Bumerang knapp über seinen Kopf hinweg gegen die Karosserie knallte. Nun lag Boabo zwischen den zusammengerollten Schlafsäcken und Decken, einigen Kartons mit Obstkonserven und Fleischdosen und hörte draußen Chick nach einem Gewehr brüllen.
Ein Gewehr. Griffbereit lagen vor Boabo zwei Gewehre und eine Pistole, festgeschnallt an der Rückseite der vorderen Sitzlehnen, aber er rührte sich nicht, holte sie nicht aus den Halterungen und warf sie Chick und Wolf zu … Er überhörte die Rufe, spähte durch die offenstehende Tür ins Freie und sah die Bumerangs heran- und wieder wegschwirren wie einen Schwarm großer Vögel, die sich auf einen Gegner stürzen.
Wolf nutzte eine Wurfpause der Aboriginals, um mit einigen Sprüngen zu den Wagen zu flüchten. Auch Cher und Sally hatten es inzwischen geschafft, kriechend den VW-Bus zu erreichen, aber sie wagten es nicht, sich aufzurichten und ins Innere zu hechten; sie lagen vor der Schiebetür flach im roten Sand.
»Da liegt der Arsch und zittert!« schrie Chick, als er den Toyota erreicht hatte. Er hatte von innen die Tür zugezogen und war nun vor den Bumerangs sicher. Die Aboriginals konnten ihnen allen nichts mehr anhaben, es sei denn, sie verfügten auch über Schußwaffen. Dann wurde es allerdings kritisch. »Glotzt der Kerl die Gewehre an und rührt sich nicht. Darüber reden wir noch, Knollennase!«
Ein neuer Hagel von Bumerangs schwirrte heran, schlug gegen die Wagen, aber sonst konnten die Wurfhölzer kaum einen Schaden anrichten. Das wollten die Aboriginals vermutlich auch nicht: Ihr Angriff bedeutete lediglich eine Warnung, eine handgreifliche Aufforderung: Kehrt um! Hier habt ihr Weißen nichts zu suchen. Das ist unser Land, das letzte, das uns geblieben ist. Das beste Land habt ihr, die Weißen, uns gestohlen. Ihr zahlt zwar Entschädigungen dafür, die ihr Sozialrenten nennt, aber als Partner betrachtet ihr uns nie. Es ist schon eine Gnade, daß wir für euch ebenfalls Menschen sind …
»Die müssen verrückt sein!« sagte Chick und holte ein Gewehr aus der Halterung.
»Nicht schießen, Chick!« Wolf winkte warnend mit der Hand. »Wenn wir auch nur einen verwunden, können wir das ganze Unternehmen abbrechen.«
»Aber die dürfen uns die Köpfe abschlagen, was?«
»Sie hätten es gekonnt, wenn sie das wollten. Wer weiß, wie lange sie uns schon beobachten. Dieses Bumerangwerfen war wirklich nur ein Schauspiel … eine deutliche Aufforderung zur Umkehr.«
»Da haben sie sich aber geirrt! Morgen früh geht's weiter …«
Die Abenddämmerung ging schnell in fahle Dunkelheit über, und mit ihr kam auch die Abkühlung, ein Temperaturabfall, der einen sogar frieren ließ. Der Sandboden hielt die Tageshitze nur für kurze Zeit fest.
Cher und Sally hatten es geschafft, ebenfalls in den Bus zu springen, und warteten nun ab, was Chick und Wolf tun würden. Sally starrte zu der langgezogenen Bodenwelle hinüber, hinter der sich die Eingeborenen versteckt hielten.
Chick saß mißmutig neben Wolf auf dem Fahrersitz. Das Gewehr lag quer über seinen Schenkeln, geladen, aber noch gesichert. Draußen rührte sich nichts mehr. Einsam lag das Wüstenland unter dem Nachthimmel, der nun begann, sich mit Sternen zu schmücken, die immer mehr und unzählbar wurden, je länger man zu ihm hinaufsah. Dazwischen
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