Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
nicht. Das schon gar nicht«, Chick beugte sich zu dem Alten vor. »Ihr sauft und schnüffelt euch um den letzten Verstand.«
    »Ist euch das nicht recht?« Petoo sah, während er sprach, in die dunkle, flache Weite hinaus; ein Blick in Einsamkeit und Ewigkeit war es. »Ihr tötet uns nicht mehr mit Gewehren … Ihr bringt uns um mit Träumen aus der Flasche und der Dose. Das ist unauffälliger, lautloser, und man verdient sogar noch dabei.« Er wandte den Blick und sah Wolf an. »Sie nicht, Mister.«
    »Es gibt doch Weiß in der Wüste …«, sagte Wolf verhalten. Die Worte des alten Mannes bewegten ihn.
    »Wo?«
    Wolf tippte auf Petoos Kopf. »Ihr Haar …«
    »Das ist keine Farbe, das ist ein Verdorren wie hier bei diesen Bäumen.« Er machte eine Handbewegung zu den bleichen Holzgerippen um sie herum. »Aber die Weißen sagen: Weiß macht fröhlich, und ich muß viel, viel Weiß in meine Bilder malen.« Petoo setzte seinen Schlapphut wieder auf, den man im Outback Stockman-Hut nennt; der Wind war kälter geworden, von Minute zu Minute. »Dann traf ich eines Tages einen Verwandten in Alice Springs, einen, der in der Stadt geblieben ist, der sogar ein Geschäft hat und gutes Geld verdient. Er war aus Melbourne zurückgekommen, war dahin gefahren, um Geschäfte zu machen, und kam zurück wie ein weißer Herr mit Anzug, Hemd und Krawatte. Er zeigte mir ein Foto, so ein Bild, das man sofort machen kann, und fragte: ›Kennst du das?‹ Ich sehe es mir an und sage: ›Ja. Ich erkenne es. Es ist ein Gemälde von mir. Wo hast du es fotografiert?‹ Und der Verwandte sagt: ›In Melbourne, in einer Kunstgalerie. Noch drei andere Bilder von dir hingen da an der Wand. Was hast du für dieses Bild bekommen, Petoo?‹ Ich habe es noch einmal angesehen, habe überlegt und wußte es dann ›Dreißig Dollar!‹ sagte ich. Und der Verwandte lacht mich aus und ruft: ›Es hängt da in Melbourne mit einem Schild: 1.000 Dollar!‹« Petoo wischte sich über die tiefliegenden Augen. Sein zerklüftetes Gesicht sah im flackernden Feuer aus, als hätten die Flammen große Höhlen hineingefressen. »Am nächsten Tag bin ich zu dem Mann, der immer meine Bilder abholte.«
    »Ich ahne etwas!« sagte Chick und räusperte sich.
    »Nein, er hat mich nicht hinausgeworfen.« Der Alte schüttelte den den Kopf. »Nur einen Schluck Whisky, einen kleinen.«
    »Nicht einen Tropfen.«
    »Er hat mich nicht hinausgeworfen«, wiederholte Petoo. »Er ist ans Fenster getreten, und da zog gerade eine Schafherde vorbei. Auf der einen Seite der Straße trieb ein Hirte sie an, der war ein Aboriginal, und auf der anderen Seite war's ein weißer Hirte. An seiner Seite liefen auch die Hunde. Und der Bilderhändler winkt mich ans Fenster und sagt: ›Da hast du's, Petoo: Wer steht zwischen Schwarz und Weiß? Der Hund! – Nimm deine Farben und mal weiter und frage nicht. Dreißig Dollar für ein Bild – das ist gerecht. Hast du ein Risiko? Mußt du einen Käufer finden? Mußt du Miete für einen Laden bezahlen? Setzt du Anzeigen in die Zeitungen? Veranstaltest du Ausstellungen, wo gefressen und gesoffen wird auf meine Kosten, aber nicht gekauft? Was ich dir bezahle, ist gerecht!‹«
    Der Alte hustete ein paarmal, schluckte krampfhaft und leckte mit der Zunge über seine schartigen Lippen.
    »Gerecht?« fragte er. »Was ist gerecht auf dieser Welt, in unserer Welt der betrogenen wirklichen Besitzer dieses Landes? Ich habe lange darüber nachgedacht, und dann ging ich weg aus Alice Springs, und alle sagten: Er ist tot. Es ist gut, daß sie das denken.«
    »Und wovon leben Sie jetzt?« fragte Wolf. Er duzte Petoo nicht, wie Chick es tat, sondern wollte mit dieser Anrede dokumentieren, daß auch ein Eingeborener das Recht auf Höflichkeit und Achtung hatte.
    Der Alte hob die Schultern, ließ sie wieder fallen und schwieg. »Sie sehen, wir leben«, sagte er darauf nach ein paar Atemzügen. »Jetzt malen zwei meiner Söhne und die Frau eines Sohnes. Mit viel weißer Farbe – für zwanzig Dollar das Bild … Ich kann keines mehr malen. Wie kann man denn ein Maler sein, wenn man weniger ist als ein Hund?«
    Der Alte erhob sich, schlug seinen schmutzigen Mantel um sich und tippte mit dem Zeigefinger an die breite Hutkrempe.
    »Schlafen Sie gut«, murmelte er. »Und vergessen Sie alles, was ich gesagt habe. Keinen Schluck Whisky?«
    »Nein!«
    »Sie sind liebe Menschen – aber grausam. Warum paßt das so oft zusammen?«
    Langsam, mit sichtbarer Würde, kehrte er zu den

Weitere Kostenlose Bücher