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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Götter haben sie geschickt – und jetzt werden wir alle sterben …«
    Nach diesen Worten war es still, ganz still. Nur das Feuer prasselte.
    Sie sahen sich stumm an. Wolf schlang die Arme um Sally und drückte sie an sich. Jeder wußte, in welcher absolut tödlichen Gefahr sie gewesen war. Die Small-scalled-Schlange ist die giftigste aller Landschlangen, eine Weltrekordlerin im Töten. Experimente haben ergeben, daß eine einzige Giftration ausreicht, zweihundertfünfzigtausend Mäuse zu töten. Ein Biß von ihr ist eine Todesgarantie. Ein Serum, aus Alice Springs sofort herbeigeflogen, wäre in jedem Fall zu spät gekommen. Das Gift lähmte nach kurzer Zeit Stück um Stück des Körpers, bis man qualvoll erstickt.
    »Wo eine ist, sind auch noch mehr!« sagte Chick nach diesem entsetzten Schweigen. Er ging zu dem Beil, hob es auf und wog es in der Hand. »Boabo, hol die Scheinwerfer! Da räumen wir jetzt auf.«
    Mit den starken Halogenhandleuchten suchten sie die Umgebung ab. Chick und Wolf kletterten sogar in die Felsen, die man die ›Götterkugeln‹ nannte, aber da blieb Boabo zurück und leuchtete nur die rundgeschliffenen Steine an. Er hörte, wie Chick und Wolf sich durch Zurufe verständigten, und begann zu zittern, je weiter sich die Stimmen in den Felsen entfernten.
    Sie kommen nicht wieder, dachte er und hatte das Bedürfnis zu weinen. Nie wieder … Sie bleiben verschwunden, verweht, genauso wie ihre Stimmen immer schwächer werden. Die Götter nehmen sie mit. Wir werden sie nie wiedersehen, und es wird keine Spuren geben …
    Plötzlich verstummten die Rufe. Boabo senkte den Kopf, fiel dann auf die Erde, drückte die Stirn in das rote Geröll und wagte kaum zu atmen.
    Die Götter haben sie geholt … Wann kommen sie zu uns?
    Er lag noch immer in seiner demütigen Haltung auf dem Boden, als Chick und Wolf aus den ›Götterkugeln‹ zurückkamen und Boabo mit ihren starken Scheinwerfern anleuchteten. Boabo begann zu zucken. Das gleißende Licht um ihn konnte nur bedeuten, daß nun auch er für immer verschwand.
    Ein Fußtritt von Chick in seinen hochragenden Hintern ließ Boabo aufseufzen. Er rollte sich mit geschlossenen Augen auf die Seite und ergab sich seinem Schicksal. Weit weg waren jetzt die Erziehung in der Mission, die Schule, die Lehre als Automechaniker, das Leben in der Welt der Weißen … Jetzt war er wieder der Aboriginal, den die zornigen Götter holten.
    Was war geblieben von Christus und seiner Mutter Maria, von all den Heiligen und den Wundern, von allen Verheißungen und Hoffnungen auf das Jenseits? Tief im Herzen hatte Boabo immer gewußt, daß die Götter, mit denen sein Volk seit vierzigtausend Jahren lebte, durch ein paar Bibelworte nicht vernichtet worden waren. Sie lebten, verjagt wie sein Volk, in den Wüsten- und Felsengebieten, versteckt an den heiligen Orten, die kein Weißer kannte.
    Und wenn die Weißen die Heiligtümer überfielen wie den Mount Olga oder den Ayers Rock, zu Tausenden herangekarrt mit Bussen, Autos und Flugzeugen – die Götter ertrugen es. Ameisenheere waren diese Menschen; sie bestaunten die Farbveränderungen des Ayers Rock vom Morgengrauen bis zur Dunkelheit, vom blassen Rosa-Violett bis zum strahlenden kräftigen Rot, und begriffen nicht, daß Tag und Nacht, Sonne und Mond aus den Händen der Götter kamen.
    Boabo wachte aus seiner Erstarrung erst auf, als er Chicks laute Stimme vernahm.
    »Wir laufen uns die Füße wund, und der Kerl säuft sich voll!« Er wurde hochgerissen, Chick schnüffelte an seinem Mund und ließ ihn dann wieder fallen. »Nichts! He, Knollennase, was ist los?«
    Boabo fand sich damit ab, daß Chick und Wolf ohne sichtbare Schäden aus den ›Götterkugeln‹ zurückgekommen waren. Irgendwie waren sie anders bestraft worden, das würde sich noch herausstellen. Er öffnete die Augen, blinzelte in das starke Licht, das ihn anschien, und wandte sich dann ab, um der Blendung zu entgehen.
    »Was habt ihr gefunden?« fragte er.
    »Nichts.« Chick ließ seine Lampe sinken. »Wir sollten die Viecher aus ihren Verstecken holen – mit dem Käse. Der Geruch lockt sie an. Auf jeden Fall wird heute wieder Wache gehalten.« Sich zu Wolf umdrehend, sagte er: »Das wird 'ne doppelt schlaflose Nacht …«
    Obwohl Sally wieder eine Rotweinflasche opferte, kam keine Stimmung mehr auf. Chick hatte den weithin stinkenden Romadour in vier Teile geschnitten und im Geröll verteilt und sah alle zehn Minuten nach, ob sich eine neue Schlange

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