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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nichts hätte darauf hingedeutet, daß vor nur wenigen Stunden über diesem Land der Himmel zerrissen war. Von makellosem, lichtem Blau war das Firmament, und es war zu erwarten, daß es nach dem vollen Aufsteigen der Sonne wieder ein heißer Tag werden würde.
    Boabo war der erste, der erwachte, den Kopf hob, aus dem Fenster blickte und dann vorsichtig aus seiner Decke kroch. Er kletterte über Chick und Wolf hinweg, öffnete leise die Tür und stieg hinaus. Bis zu den Knöcheln sank er im roten Schlamm ein; ein kalter Morast war es, der allerdings nach einer Stunde zu verhärten begann, zu einer rissigen Rinde wurde und dann wieder zu rotem Sand zerfiel, nachdem alle Feuchtigkeit verdunstet war. Aber unter diesem Wüstenboden setzte sich das Wasser fest, bildete eine feuchte Erdschicht, und davon lebten in den langen Wochen der Trockenheit die Akazien und Mallee-Bäume, die Casuarinen und das Spinifexgras.
    Boabo stapfte durch den roten Schlamm zum Bus hinüber. Cher war ebenfalls wach und schob die Seitentür einen Spalt auf.
    »Etwas Besonderes?« fragte sie leise, um Sally nicht zu wecken.
    »Nein, Mrs. Cher. Gestern hätte es fast geklappt, daß wir nach Alice Springs zurückfahren.«
    »Fast! Aber Chick war dagegen?«
    »Wer sonst?«
    »Da hätte ich gar nicht zu fragen brauchen. Die Höllenfahrt geht also weiter?«
    »Noch nicht. Wir bleiben eine Woche hier.«
    »Was? Hier auf diesem Platz? Eine Woche lang? An diesem schrecklichen See?«
    »Mr. Wolf sagt, Mrs. Sally sei nicht transportfähig. Das Rütteln und Stoßen beim Fahren zerstört ihr Gehirn. Sie muß Ruhe haben, im Dunkeln liegen … tagelang …«
    »Und danach?«
    »Soll es weitergehen, zurück nach Norden. Ins Haasts Bluff.«
    »Und wo, Boabo, soll diese Goldmine liegen?«
    »Bei den Ligertwood Cliffs, wenn ich die Karte richtig lese. Nur da.«
    »Du kannst sie lesen. Ich sehe es deinen Augen an. Boabo, betrügst du uns auch nicht?«
    »Ich will doch auch reich werden, Mrs. Cher.«
    »Das ist ein Argument.«
    »Mr. Chick und Mr. Wolf haben sich von Petoo betrügen lassen. Er hat uns falsch geführt. Immer habe ich das gesagt, aber dann hat mich Mr. Chick jedesmal angeschrien: Halt's Maul, Knollennase! Da halte ich es eben. Ich wußte, am Lake Amadeus gibt es keine Felsen. Nur Salz und Sand.«
    »Dann war bisher also alles umsonst?«
    »Ja, Mrs. Cher … umsonst.«
    »Und Chick weiß das?«
    »Natürlich weiß er es jetzt. Aber es war hauptsächlich Mr. Wolf, der Petoo vertraut hat. Es wird noch viel Streit geben zwischen Mr. Wolf und Mr. Chick. Ich habe Angst.«
    Das Zelt stand noch, ein Beweis seiner Stabilität. Aber benutzen konnte man es nicht. Boabo blickte hinein. Auch innen war die Erde zu Schlamm geworden. Unter dem Boden aus Gummi schwappte sie, als läge man auf einem Wasserbett.
    Als Cher leise die Schiebetür wieder zuzog, hörte sie Sallys Stimme hinter sich. Sally saß auf ihrem Schlafsack, nackt, wie sie Wolf hingelegt hatte, und schob die Decke zur Seite.
    »Ich habe alles gehört, Cher«, sagte sie.
    »Dann kennst du die Wahrheit.« Cher kam zu ihr, legte die Hand auf Sallys Stirn und fühlte dann ihren Puls. Sally hatte kein Fieber mehr, sie wirkte kühl und gesund. »Leg dich wieder hin.«
    »Ihr wollt meinetwegen eine ganze Woche hierbleiben?« Sally blieb sitzen, stellte die Beine auf, umfaßte sie und legte ihr Kinn auf die Knie. »Das ist doch Unsinn.«
    »Du hast eine schwere Gehirnerschütterung, Sally.«
    »Ich fühle mich fabelhaft.«
    »Bis wir fahren … Da fällst du wieder um.«
    »Der Regen hat mich gesund gemacht. War das schön, dieser Tanz durch das Wasser! Ich fühle mich so kräftig wie am ersten Tag. Wir kochen jetzt Kaffee, decken den Tisch …«
    »Draußen ist nur roter Schlamm. Es gibt wieder einen See.«
    »Das ist fast wie ein Wunder.«
    »Bis das Wunder in wenigen Tagen verdunstet ist.«
    Sally schob an ihrer Seite den Vorhang vom Fenster und blickte hinaus. In einem satten Grün leuchteten die Bäume unter der aufgegangenen Sonne, noch von Nässe umgeben wie von einem feinen Netz aus Glas. Am nahen Ufer der Bucht kräuselte sich das Wasser im Wind. Wirklich, es gab wieder einen See. Über Nacht hatte sich das Land verändert, sogar auf den Sandbänken grünten plötzlich kleine Büschel.
    Die verbrannte Natur atmete …
    »Hier ist wirklich ein guter Platz«, sagte Sally und zog den Vorhang wieder vor das Fenster. »Der Regen hat alles verwandelt – auch uns. Ich fühle mich wirklich wieder stark
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