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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…«
    Wolf war in den Bus geklettert, triefend, eine Wasserspur hinter sich herziehend, und kniete vor Sally. Sie lag auf dem Schlafsack, eine dünne Decke über sich, und versuchte ein Lächeln. »Wie siehst du denn aus?« sagte sie.
    »Ich habe wie ein Wüstenbaum Wasser aufgesaugt. Welch ein unbeschreibliches Gefühl ist das!« Er legte seine tropfende Hand auf ihre Stirn. Wasser rann ihr über die Augen und das Gesicht, sie öffnete den Mund und ließ das dünne Wasserrinnsal in die Mundhöhle laufen. Sie hatte kein Fieber, stellte Wolf fest, sie war einfach nur schwach, sicherlich die Folge der Gehirnerschütterung.
    »Draußen bricht der Himmel ein«, sagte Sally, nahm Wolfs nasse Hand und leckte sie wie ein durstiger Hund ab. »Wo sind Cher und Chick?«
    »Sie tanzen durch den Regen und benehmen sich wie Kinder im Planschbecken.«
    »Und Boabo?«
    »Der ist aus dem Wagen gesprungen, hat sich auf die Erde gekniet und gebetet.«
    »Ich … ich möchte auch hinaus …«
    »Sally! Du brauchst absolute Ruhe.«
    »Bitte, Wolf …«
    »Sally, sei vernünftig …«
    »Ich habe zehn Stunden Hitze, Staub und Rütteln durchgestanden … Laß mich jetzt auch Wasser aufsaugen.« Sie schlug die Decke zurück. »Zieh mich aus. Ich will den Regen mit dem ganzen Körper spüren – wie ihr …«
    Es wäre eine neue Qual gewesen, ihr das zu verweigern, Wolf sah es ein. Er stützte Sally, half ihr beim Ausziehen, und dann trug er sie nackt aus dem Bus und stellte sich mit ihr in die unvermindert herunterstürzenden Wassermassen. Sally schlang die Arme um seinen Hals, preßte ihr Gesicht gegen seine Brust, dehnte sich auf seinen Armen und lachte, als er sich mit ihr im Kreise drehte. Chick und Cher hüpften durch die Dunkelheit heran und umringten sie. Das Licht der Halogenlampe in der Bustür warf einen wellenförmigen Schein über sie.
    »Ich gehe auf wie ein Schwamm!« jubelte Chick. »O Gott, ist das herrlich.«
    »Und ich fühle mich stärker, von Minute zu Minute!« sagte Sally. »Wolf, setz mich ab, stell mich auf die Erde!«
    »Es gibt keine Erde mehr, nur noch roten Schlamm …«
    »Was es auch ist … ich will stehen … stehen … Ich will sehen, daß ich gehen kann.«
    Er ließ Sally vorsichtig von seinen Armen gleiten, stellte sie in den Schlamm und hielt sie fest, als sei sie ein Stück Papier im Wind. Wie sie alle – es muß eine Urbewegung des Menschen sein – hob Sally die Arme in den Regen und breitete sie aus, warf den Kopf in den Nacken und gab sich dem Strömen des Wassers hin. Wolf trat einen Schritt zurück, bereit, sie sofort wieder aufzufangen, falls sie schwankte.
    »Ist das schön!« rief Sally und drehte sich. Sie wankte nicht, taumelte nicht von den Drehungen, suchte keinen Halt bei Wolf … Es war wirklich, als käme mit dem Wasser auch neue Kraft durch ihre Poren und vernichte die unerklärliche Schwäche in ihrem Körper. »Das ist wie ein neues Leben …«
    Jetzt tauchte auch Boabo aus der Dunkelheit auf und kam in das schwache Licht. Er tanzte völlig nackt herum, bekam große Augen und glotzte Sally an. Chick war sofort zur Stelle und gab ihm einen Tritt in den Hintern.
    »Du geile schwarze Sau!« schrie er. »Du bleibst beim Wagen. Hau ab, oder ich trete dich woandershin.«
    Boabo warf noch einen begeisterten Blick auf die sich mit geschlossenen Augen nackt im Regen drehende Sally, warf sich dann herum und rannte in die Finsternis zurück. Sie verschluckte ihn, und außerhalb des Lichtscheines war auch für Boabo die Nacht nur noch schwarz.
    »Genug!« sagte Wolf. »Merkt ihr's? Verdammt, es wird jetzt kalt.«
    Er hob Sally wieder auf seine Arme und trug sie zum Bus zurück. Auf dem Weg dorthin küßte sie ihn immer wieder, auf den Mund, die Nase, die Augen, den Hals, die Schulter … Ihre Lippen tasteten ihn ab und saugten die Nässe von seiner Haut. Erst als er sie im Bus wieder auf den Schlafsack legte, ein großes Handtuch holte und sie abfrottierte, ließ sie von ihm ab, schloß glücklich die Augen und dehnte sich unter seinen Händen.
    »Ich bin wieder so stark«, sagte sie zärtlich. »So ungeheuer stark. Ich könnte jetzt tanzen … tanzen … tanzen … Bleib bei mir, Wolf.«
    »Ich werde immer bei dir bleiben, Sally.«
    Er legte sich neben sie, nahm ihre Hand und hielt sie fest, bis sie erschlaffte. Noch keine fünf Minuten dauerte es, bis Sally eingeschlafen war, mit einem kindlich-glücklichen Lächeln um ihre Lippen.
    Wolf deckte sie wieder mit dem Laken zu, schob ein schmales
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