Gold in den roten Bergen
Darwin. Dort wartete man in Benssons Labor schon auf die Sendung, um sie unter die Spezialmikroskope zu legen und die Viren in Brutschränken zu aktivieren.
Im Hospital mußte sich Bensson mit den vorhandenen Geräten begnügen. Er hoffte, trotzdem mehr zu sehen als Dr. Tunin oder die Kollegen in Adelaide. Aber mehr als eine Hoffnung war es nicht.
Rock Hammerschmidt lief in dieser Zeit in seinem Isolierzimmer herum wie ein hungriges Raubtier. Vom Fenster zur Tür, von der Tür zum Fenster, immer hin und zurück, im gleichen Rhythmus, mit gleichen Schritten, den Kopf zwischen die Schultern gezogen. Saul Eberhardt, der mit ihm das Zimmer teilte, machte das ungemein nervös.
Eberhardt hatte nach stundenlangem Klagen resigniert. Dieses zweite Einsperren hatte seinen Widerstand gebrochen. Professor Bensson hatte ihm in aller Deutlichkeit erklärt, daß gerade er als Prediger begreifen müsse, daß die Sorge um die Menschheit oberstes Gebot sei. Der Mensch habe eine Verpflichtung auf der Erde und nicht viel Zeit dazu, denn das Sterben begänne, medizinisch gesehen, schon nach der Geburt. Die Uhr ticke also unerbittlich.
»Ich werde Sie für die nächste Predigt in unsere Gemeinde einladen«, sagte Eberhardt, als Bensson fertig war. »Und was passiert mit uns, wenn wir wirklich infiziert sind?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»So etwas Tröstliches habe ich selten gehört«, rief Erhardt sarkastisch. »Wie lange dauert unsere Quarantäne?«
»So lange, wie die Inkubationszeit beträgt.«
»Und wie viele Tage sind das?«
»Das genau wissen wir nicht.«
»Wir sitzen hier also auf Verdacht?«
»So kann man es nennen.«
Wen wundert es, daß Saul sehr mit seinen Nerven zu kämpfen hatte? Zur Stärkung trug außerdem nicht bei, mit Rock Hammerschmidt in einem Zimmer zu wohnen. Rock verfluchte Chick und Wolf, sich selbst und vor allem alle Aboriginals. Der Krankenpfleger der Isolierstation berichtete ihm jede zweite Stunde, was sich draußen in der Stadt tat, und so erfuhren sie, daß die am Todd River lagernden Aboriginalfamilien von der Polizei geschützt werden mußten, daß der Gouverneur pausenlos mit den Parteienvertretern verhandelte und vor allem Mr. Leads für einen sofortigen Abtransport aller in Alice Springs lebenden Aboriginals plädierte. Dafür allerdings gab es keine gesetzliche Handhabe.
Die bisher völlig unbegründete Seuchenangst in Alice Springs wurde somit zu einem Politikum. Per Telefon und Fernschreiber stand der Gouverneur mit der Regierung in Canberra in ständiger Verbindung.
»Verdammt, stellen Sie endlich Ihre Herumrennerei ein«, sagte Eberhardt jetzt völlig genervt. »Das hält ja keiner aus, Ihnen zuzusehen!«
»Dann machen Sie die Augen zu!« bellte Hammerschmidt zurück und lief weiter. »Sie haben keinen, der auf dem OP-Tisch liegt.«
»Davon geht es Eve auch nicht besser. Sie hätten sich eben früher zusammenreißen müssen.«
»Was heißt früher?«
»Bevor Sie mit Eve ins Bett stiegen. Enthaltsamkeit ist immer noch …«
»Stoppen Sie sofort Ihre dämliche Predigt, Saul!« Bei Saul zuckte Eberhardt wie unter einem Messerstich zusammen. »Ihre Enkelin ist auch nicht vom Himmel gefallen. Die hatte mal eine Mutter, und diese Mutter wieder eine Mutter, und die haben Sie bestiegen!«
»Sie elendes Ferkel, Sie!« schrie Eberhardt. »Einen alten Mann können Sie beleidigen … Wäre ich noch so jung wie Sie, wagten Sie das nicht!«
»Aber jederzeit!«
»Mit dreißig Jahren war ich Gebietsmeister im Halbschwergewicht. Ich bin als ungeschlagener Boxer abgegangen. Keine Punktniederlage, keinen K.o. Damals hätte ich Ihre Affenfresse menschlich zusammengeklopft.«
Hammerschmidt blieb nun doch stehen … jähe Verwunderung stoppte ihn. Saul Eberhardt war zu solchen Reden fähig, wer hätte das jemals vermutet? Da saß ein dicker, aufgeschwemmter Greis mit schütterem weißen Haar und boxte den Mastersergeanten Rocky mit Worten zusammen.
»Hat Eve eine Chance durchzukommen?« fragte Hammerschmidt kläglich.
»Ich weiß es nicht.«
»Ich auch nicht. Keiner weiß das. Und da soll ich nicht herumrennen …«
Eberhardt faltete die Hände und blickte Hammerschmidt in die geweiteten Augen.
»Rock …«, sagte er gütig. »Lassen Sie uns in diesem Schicksal demütig werden … Laßt uns zusammen beten.«
»Hilft das was, Pastor?«
»Das müssen Sie selbst spüren.« Eberhardt blickte auf seine gefalteten Hände. Vor ihm stand breit und stark Hammerschmidt, aber das täuschte. Er
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