Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
nicht erlaubt.«
    »Wen kümmert das?«, sagte sie, sah den Wärter an und fuhr sich langsam mit der Zunge über die Lippen.
    Er grinste und ging hinaus.
    Sobald er die Tür von außen geschlossen hatte, stellte sie den Topf auf die Erde und musterte Hunter. Der erkannte sie nicht, aber er war hungrig, und vom Duft des Schildkrötenragouts lief ihm das Wasser im Munde zusammen.
    »Ihr seid überaus freundlich«, sagte er.
    »Ich habe Euch noch mehr mitgebracht«, sagte sie und zog sich mit einer flinken Bewegung die Röcke hoch bis zur Taille. Es war eine erstaunlich unzüchtige Geste, doch noch erstaunlicher war, was zum Vorschein kam.
    Sie hatte ein wahres Waffenarsenal an Waden und Oberschenkel geschnallt – zwei Messer, zwei Pistolen.
    »Man sagt, ich sei ein gefährliches Weibsbild«, erklärte sie. »Jetzt wisst Ihr, warum.«
    Rasch nahm Hunter die Waffen an sich und steckte sie sich in den Gürtel.
    »Seid vorsichtig, Sir, nicht dass Eure Waffe vorzeitig losgeht.«
    »Seid unbesorgt, ich komme stets erst im rechten Moment zum Schuss.«
    »Kann ich mich darauf verlassen?«
    »Das könnt Ihr«, erwiderte Hunter. »Mein Wort darauf.«
    Sie blickte zur Tür.
    »Ich werde Euch ein anderes Mal beim Wort nehmen«, sagte sie. »Bis dahin, werde ich geschändet?«
    »Das halte ich für das Beste«, sagte Hunter und warf sie zu Boden.
    Sie schrie und kreischte, und der Wärter kam angerannt. Er erkannte sofort, was sich da abspielte, entriegelte hastig die Tür und stürzte in die Zelle.
    »Du verdammter Pirat«, knurrte er, doch da bohrte sich schon Hunters Messer in seinen Hals, und er taumelte rückwärts, fasste nach der Klinge unter seinem Kinn. Als er sie herauszog, spritzte Blut heraus, eine gurgelnde Fontäne, dann brach er zusammen und starb.
    »Rasch, Lady«, sagte Hunter und half Anne Sharpe auf die Beine. Aus den übrigen Zellen ringsherum drang kein Laut. Die Männer hatten alles mit angehört und waren mucksmäuschenstill. Hunter öffnete rasch ein paar Zellentüren. Dann gab er den Freigelassenen die Schlüssel und ließ sie weitermachen.
    »Wie viele Wachen stehen an den Toren?«, fragte er Anne Sharpe.
    »Ich habe vier gesehen«, sagte sie, »und ein weiteres Dutzend oben auf den Mauern.«
    Das stellte Hunter vor ein Problem. Die Wachen waren Engländer, und er wollte nicht mehr töten als unbedingt notwendig.
    »Wir müssen uns etwas einfallen lassen«, sagte er. »Ruft den Hauptmann zu Euch.«
    Sie nickte und eilte hinaus auf den Hof. Hunter blieb zurück, im Schatten. Die Kaltblütigkeit der Frau, die doch eben erst mit angesehen hatte, wie ein Mann brutal erstochen wurde, verwunderte ihn nicht. Ihr war die Furchtsamkeit fremd, die von Frauen am französischen und spanischen Hofe gepflegt wurde. Englische Frauen waren dagegen zäh, mitunter gar zäher als so mancher Mann, und das galt gleichermaßen für Frauen von niedriger wie von hoher Geburt.
    Der Hauptmann der Wache von Marshallsea kam zu Anne Sharpe herüber und sah erst im letzten Augenblick den Lauf von Hunters Pistole aus dem Schatten ragen. Hunter winkte ihn zu sich.
    »Jetzt hört gut zu«, sagte Hunter. »Ruft Eure Männer nach unten und sagt Ihnen, sie sollen ihre Musketen fallen lassen, dann wird keiner sein Leben verlieren. Wenn Ihr es dagegen auf einen Kampf ankommen lasst, werden sie alle mit Sicherheit sterben.«
    Der Hauptmann sagte: »Ich habe mit Eurer Flucht gerechnet, Sir, und ich hoffe, Ihr denkt in Zukunft an mich.«
    »Wir werden sehen«, sagte Hunter, ohne etwas zu versprechen.
    Mit förmlicher Stimme fragte der Hauptmann: »Werdet Ihr Euch morgen um Commander Scott kümmern?«
    »Commander Scott«, sagte Hunter, »wird den morgigen Tag nicht mehr erleben. Jetzt tut, was ich Euch gesagt habe.«
    »Ich hoffe, Ihr denkt an mich –«
    »Vielleicht«, sagte Hunter, »werde ich daran denken, Euch nicht die Kehle durchzuschneiden.«
    Der Hauptmann rief seine Männer nach unten, und Hunter sah zu, wie sie von den Freigelassenen in die Zellen gesperrt wurden.
     
    Sobald Mrs Hacklett Richards ihre Anweisungen erteilt hatte, kehrte sie an die Seite ihres Gemahls zurück. Er war zusammen mit Commander Scott in der Bibliothek und trank Wein. In den letzten Tagen hatte es der Weinkeller des Gouverneurs den beiden Männern angetan, und sie genossen ihn in vollen Zügen.
    Auch an diesem Abend hatten beide bereits viel zu tief ins Glas geschaut.
    »Meine Teuerste«, sagte ihr Mann, als sie den Raum betrat, »du kommst wie

Weitere Kostenlose Bücher