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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Hunter schenkte ihm keine Beachtung. Er sah zu, wie seine kleine Schaluppe die Nase in den Wind drehte und die Leinen gefiert wurden. Die Segel flatterten laut in der Brise und das Schiff kam zum Stillstand. Hunters Leute stellten sich in einer Reihe entlang der Backbordreling auf und beobachteten das näher kommende Kriegsschiff. Der gesamte Rumpf des Schiffes war schwarz gestrichen und mit Goldverzierungen versehen, und auf dem Heckkastell leuchtete Philipps Wappen – schreitende Löwen. Es war ohne Zweifel spanisch.
    »Wir könnten ihnen ordentlich einheizen«, sagte Enders, »wenn sie an Bord kommen. Ein Wort genügt, Captain.«
    »Nein«, sagte Hunter. Ein Schiff von der Größe war wenigstens mit zweihundert Seeleuten bemannt und hatte noch einmal so viele Soldaten an Bord. Sechzig Mann auf einer offenen Schaluppe gegen vierhundert auf einem größeren Schiff? Beim geringsten Widerstand würde das Kriegsschiff sich einfach ein Stück zurückziehen und solange Breitseiten auf die Cassandra abfeuern, bis sie sank.
    »Lieber mit einem Schwert in der Hand sterben als mit einem papistischen Seil um den Hals oder sich auf dem spanischen Scheiterhaufen die Zehen ankokeln lassen«, sagte Enders.
    »Wir warten«, sagte Hunter.
    »Worauf?«
    Hunter hatte keine Antwort. Er sah zu, wie das Kriegsschiff immer näher kam, bis der Schatten des Großsegels der Cassandra sich auf ihm abmalte. Spanische Stimmen riefen Stakkatobefehle in die zunehmende Dunkelheit.
    Er richtete den Blick auf sein eigenes Schiff. Sanson machte hastig Pistolen schussbereit und rammte sie in seinen Gürtel. Hunter ging zu ihm.
    »Ich werde kämpfen«, sagte Sanson. »Ihr könnt euch ja meinetwegen ergeben wie ängstliche Frauen, aber ich werde kämpfen.«
    Plötzlich kam Hunter eine Idee. »Dann macht Folgendes«, sagte er und flüsterte Sanson etwas ins Ohr. Einen Augenblick später schlich sich der Franzose davon.
    Die spanischen Rufe hielten an. Seile wurden zur Cassandra hinübergeworfen. An Deck des Kriegsschiffes, hoch über ihnen, stand eine lückenlose Reihe Soldaten, die mit Musketen auf die kleine Schaluppe zielten. Der Erste der spanischen Soldaten kletterte hinunter auf die Cassandra. Und dann wurden Hunter und seine Männer einer nach dem anderen mit Musketenstößen gezwungen, die Strickleiter hinauf auf das feindliche Schiff zu klettern.

KAPITEL 15
    Nach den vielen Tagen eng zusammengepfercht an Bord der Cassandra kam ihnen das Kriegsschiff riesig vor. Das Hauptdeck war so weitläufig, als streckte sich eine Ebene vor ihnen aus. Hunters Besatzung, die die Schaluppe bis zum Bersten gefüllt hatte, war von den Soldaten um den Hauptmast zusammengeschart worden und wirkte hier kümmerlich und bedeutungslos. Hunter sah in die Gesichter seiner Männer. Sie wandten die Augen ab, erwiderten den Blick nicht, und ihre Mienen waren wütend, verzagt, enttäuscht.
    Hoch über ihnen machten die gewaltigen Segel einen solchen Lärm, dass der dunkle spanische Offizier, der sich vor ihm aufbaute, schreien musste, um sich Gehör zu verschaffen.
    »Ihr seid Kapitän?«, brüllte er.
    Hunter nickte.
    »Wie ist Name?«
    »Hunter«, rief er zurück.
    »Englisch?«
    »Ja.«
    »Ihr geht zu Kapitän hier«, sagte der Mann, und zwei bewaffnete Soldaten scheuchten Hunter nach unten. Anscheinend brachten sie ihn zum Kapitän des Kriegsschiffes. Hunter schaute über die Schulter und erhaschte einen letzten Blick auf seine verzweifelte Mannschaft rings um den Mast. Schon wurden ihnen die Hände auf den Rücken gefesselt. Die Besatzung des Kriegsschiffes verlor keine Zeit.
    Er stolperte die schmale Stiege hinunter aufs Kanonendeck. Er konnte einen kurzen Blick auf die lange Reihe Kanonen und die bereitstehenden Kanoniere werfen, ehe er grob zum Heck gestoßen wurde. Als er an den offenen Geschützscharten vorbeikam, sah er unten seine kleine Schaluppe liegen, die längsseits des Kriegsschiffes vertäut war. Spanische Soldaten liefen darauf herum, und die spanischen Seeleute der Prisenbesatzung begutachteten Tauwerk und Leinen, machten sich bereit, das Schiff zu steuern.
    Er konnte nicht stehen bleiben, weil eine Muskete in seinem Rücken ihn weitertrieb. Sie kamen zu einer Tür, die von zwei schwer bewaffneten, gefährlich dreinblickenden Männern bewacht wurde. Hunter fiel auf, dass diese Männer keine Uniform trugen und seltsam überheblich wirkten. Sie blickten ihn mit mitleidiger Verachtung an. Einer von ihnen klopfte an die Tür und sagte ein paar schnelle

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