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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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mir?«
    »Lasst gut sein«, winkte Gunda ab. »Es ändert nichts, wenn ich Euch begleite. Erstens müsst Ihr gar nicht sagen, dass ich Eure Gewährsfrau aus Wehlau bin, und zweitens ist Fischart ohnehin noch in Riga. Sein Sohn vertritt ihn währenddessen im Kontor, habe ich gehört. Wir sollten jetzt rasch zu seinem Haus gehen. Es macht einen besseren Eindruck, wenn sein Sohn aus Eurem Mund erfährt, was sich gerade in Wehlau mit dem von seinem Vater bezahlten Eibenholz abspielt.«
    »Dann seid Ihr also bereit …«
    »Davon habe ich nichts gesagt. Es hängt davon ab, was uns bei den Fischarts erwartet.«
    Sie setzte sich in Bewegung, er folgte ihr erstaunlich langsam. Ohne, dass sie es darauf angelegt hätte, lief sie ihm rasch einen ganzen Schritt voraus. Es war ihr ganz recht, entledigte sie das der leidigen Verpflichtung, das Gespräch mit ihm fortzusetzen. Bald hatten sie das Nachbarhaus der Fischarts erreicht.
    »Einen Moment, meine Liebe.« Rehbinder fasste sie am Arm und zwang sie, stehen zu bleiben und sich zu ihm umzudrehen. »Bevor Ihr das Haus der Fischarts betretet und der Gemahlin unseres Freundes gegenübersteht, muss ich Euch noch etwas gestehen. Vielleicht werdet Ihr mich gleich verfluchen, doch seid gewiss …«
    »Kommt bitte zur Sache, Rehbinder. Ich habe Euch bereits gesagt, dass ich in Eile bin.«
    »Die Fischartin weiß, dass Ihr hinter dem Handel mit dem litauischen Eibenholz steckt.«
    »Was?« Ungläubig blickte sie ihn an. »Aber gerade eben habt Ihr mir noch versichert …«
    »Dass ich Fischart nichts von Euch gesagt habe. Seine Gemahlin hat mich jedoch bedrängt. Sie war in großer Sorge um ihn. Deshalb habe ich mich erweichen lassen, zumal mein Versprechen lautete,
ihm
kein Wort zu verraten. Ich dachte, es wäre unwahrscheinlich, dass sie Euch kennt. Ein großer Fehler, wie ich dann leider festgestellt habe. Mir schien, als würde sie Euch aufgrund meiner Beschreibung doch von irgendwoher kennen.«
    Gunda brauchte eine Weile, bis sie die Tragweite seiner Worte begriff. Einen Moment zögerte sie, ob sie nicht auf der Stelle kehrtmachen sollte. Als sie den kleinen, rundlichen Rehbinder vor sich sah, musste sie an Editha denken. Auf einmal gefiel ihr der Gedanke, dass die feiste Engländerin mit dem Hang zu derben Flüchen dank seines Wortbruchs seit längerem wusste, wer dieses rätselhafte Geschäft mit Gernot abgeschlossen hatte. Es musste ihr einige schlaflose Nächte bereitet haben. Das stimmte Gunda wieder versöhnlich. Sie schmunzelte.
    »Lasst gut sein, mein Lieber.« Sacht berührte sie Rehbinder an den Schultern, hieß ihn so, sich wieder aufzurichten. »Das spielt jetzt keine Rolle mehr.«

23
    B evor Agnes den Türklopfer an der Haustür der Fischarts in die Hand nahm, verharrte sie einen Moment und holte tief Luft. Viel zu schnell war sie vom Löbenichter Flussufer bis zum Altstädter Markt gelaufen. Das Rennen aber war es nicht allein, was ihr Herz zum Rasen brachte. Sie glättete den Stoff ihres Surkots, richtete das Halstuch und strich sich die losen Strähnen des braunen Haares aus dem Gesicht. Mit zittrigen Fingern griff sie nach dem Messingschlag, ließ ihn einmal kräftig gegen das Holz fallen. Es dauerte lange, bis geöffnet wurde.
    »Agnes, du?« Statt der alten Magd stand Caspar vor ihr. Sie schreckte zurück, fasste nach dem Halstuch. Er wirkte nicht weniger verblüfft, griff mit derselben Geste an sein Tuch.
    »Ich muss dich dringend sprechen.«
    »Es tut mir leid, dass ich dich vorhin …, also, ich wollte nicht … Du hast mich völlig …, also, ich habe dir doch gesagt, wie unbeholfen ich in solchen Angelegenheiten bin«, stammelte er. »Aber trotzdem kannst du jetzt nicht … Es ist einfach schlecht, ich muss mich gerade um meine …«
    »Deswegen bin ich nicht gekommen«, ging sie ungeduldig dazwischen. »Es gibt noch etwas anderes, weitaus Wichtigeres, was ich mit dir und auch mit deiner M-m-mutter …«, unerwartet geriet sie bei diesem Wort ins Stocken. Sie holte tief Luft und fuhr rasch mit einem anderen Satz fort: »Es geht gewissermaßen auch um Geschäftliches, und es ist sehr, sehr wichtig. Bitte, Caspar, lass mich rein. An der Tür sollte man nicht über solche Angelegenheiten reden.«
    Zuerst sah es aus, als wollte Caspar nachgeben. Schon machte er eine knappe Bewegung zur Seite, da hielt er inne und sah sie plötzlich verärgert an: »Nein, Agnes, ich habe jetzt wirklich keine Zeit für dich. Vorhin bist du davongerannt, als wäre ich der

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