Gold und Stein
Geschäft vermittelt, also kennt er ihn. Er würde niemanden empfehlen, dem nicht zu trauen ist.«
»Das muss nichts bedeuten. Überall heißt es, der Unbekannte in Wehlau hätte einzig mit dir das Geschäft abschließen wollen, ganz egal, wie günstig die anderen es ihm angeboten haben. Denkst du nicht, dahinter steckt mehr als nur die Hoffnung auf einen guten Gewinn? Das stinkt doch zum Himmel!«
»Was willst du damit sagen? Befürchtest du etwa einen Hinterhalt? Weshalb sollte mir jemand aus Wehlau eine Falle stellen? Seit Jahren habe ich keine Verbindungen mehr dorthin unterhalten. Deshalb habe ich jetzt auch so freudig zugegriffen, als sich mir dank Rehbinder die Gelegenheit geboten hat.«
»
Good grief!
Das ist nicht dein Ernst.« Editha räusperte sich. In ihrem Innern tobte ein heftiger Kampf. Sollte sie Gernot für seine einfältige Gutgläubigkeit verachten oder bewundern? Verstohlen musterte sie ihn von der Seite. »Worauf wartest du eigentlich noch? Tu endlich das Naheliegende und erkundige dich bei Rehbinder, wer dieser rätselhafte Kaufmann in Wehlau ist, was er über ihn weiß und welche Absichten hinter den Geschäften stecken. Erst dann wirst du Gewissheit haben.«
Es hielt sie ebenfalls nicht länger im Bett. Schwungvoll schlug sie die Decke zurück und erhob sich, schlüpfte in ein Hemd, kämmte sich mit den Fingern durch das offene aschblonde Haar. Glatt fiel es ihr bis auf den breiten Hintern hinab. Ihre Finger zitterten, ihr Leib bebte. Schwer atmend zwang sie sich zur Ruhe. Sosehr sie mit sich beschäftigt war, stellte sie dennoch fest, wie gebannt Gernot von der Bettkante aus jeden einzelnen ihrer Handgriffe verfolgte. Langsam trat sie zu ihm, blieb dicht vor ihm stehen, so dass er den Kopf ein wenig recken musste, um ihren Blick zu erwidern. Ihre nackten Zehenspitzen berührten seine Füße. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Gernot senkte verlegen das Antlitz. Als er jedoch feststellte, so die Nase genau auf Höhe ihrer Scham zu haben, schob er sie brüsk beiseite und starrte zum offenen Fenster in den wolkenverhangenen Nachthimmel.
»Ich habe Rehbinder versprochen, das niemals zu tun«, sagte er tonlos.
»Was?«
»Ich habe ihm mein Wort gegeben, nicht nachzufragen, wer mir warum das vielversprechende Angebot mit dem Eibenholz unterbreitet hat. Das war die einzige Bedingung für ein außerordentlich gutes Geschäft zu unerhört günstigen Preisen.«
»Sag das bitte noch einmal«, bat sie und setzte sich vorsichtig neben ihn auf die Bettkante, hielt die Augen dabei starr auf sein Antlitz gerichtet. »Du willst nicht allen Ernstes behaupten, dich angesichts des Geredes hier in Königsberg weiter an diese Zusage halten zu wollen?«
»Rehbinder hat mein Wort.«
»Aber es treibt dich in den Ruin!«
Aufgewühlt sprang sie auf und begann, auf nackten Füßen über den blanken Holzboden hin und her zu laufen. Wieder griffen ihre kurzen Finger in das offene Haar, durchkämmten es, als könnte sie dadurch Erleichterung finden. Schließlich verschränkte sie die Arme vor der Brust, blieb dicht vor Gernot stehen und betrachtete ihn von oben herab.
»
For heaven’s sake!
Bist du wirklich so einfältig? Glaubst du tatsächlich, niemand wollte dir arg? Wie lange nennst du dich schon Kaufmann?« Laut sog sie die Luft ein und warf den Kopf nach hinten.
»Jahr und Tag habe ich meine Geschäfte nach bestem Wissen und Gewissen getätigt. Bis zum heutigen Tag gibt es nichts, was ich mir vorzuwerfen hätte. Auch bei den derzeitigen Abschlüssen nicht. Da können die anderen Kaufleute sich das Maul wetzen, wie sie wollen. Und deshalb, meine Liebe«, jetzt war es an ihm, ihren Blick zu suchen, »habe ich weder von jemandem hier in Königsberg noch in Wehlau oder sonst wo einen Hinterhalt zu befürchten. Voller Vertrauen stehe ich zu der Abmachung mit Rehbinder. Er hat mir den Mann in Wehlau empfohlen. Er wird wissen, warum er mir den Schwur abgenommen hat, nicht nach Einzelheiten zu fragen. Du wirst sehen: Da gibt es keine Falle und keinen Hinterhalt. Warum auch? Oder zweifelst etwa du an meiner Rechtschaffenheit?«
Unter seinen letzten Worten hatte er sich vom Bett erhoben, richtete sich dicht neben ihr zu voller Größe auf.
»
Heaven forbid!
Natürlich zweifle ich nicht an deiner Rechtschaffenheit. Dafür aber zweifle ich allmählich an etwas ganz anderem.«
Eindringlich sah sie ihn an. Ohne Arg erwiderte er ihren Blick. Konnte das tatsächlich wahr sein? Glaubte er allen Ernstes, von
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