Gold und Stein
Caspar noch auf deinen Schenkeln gesessen und deinen schaurigen Geschichten gelauscht hat.«
»Denkst du immer nur daran?« Ein Anflug von Unmut huschte über sein Gesicht. Die Nasenflügel bebten. »Vergiss es endlich! Nie und nimmer werden wir beide noch ein Kind miteinander haben. Die Zeit ist einfach vorbei. Lass endlich die seltsamen Rezepturen, die die Hundskötterin dir jede Woche aufschwatzt. Schade um das Geld! Viel wichtiger ist doch, trotzdem die Freude aneinander zu genießen.«
»Ist es dir nur um das Geld zu tun?«, platzte es aus ihr heraus. »Steht es also tatsächlich schon so schlecht, dass wir mit jedem Pfennig rechnen müssen?
Heaven forbid!
«
»Hör auf, auf Englisch …«
»Gott bewahre«, fügte sie misslaunig hinzu. »Dann kommt es bald also noch weitaus schlimmer für uns. Umso wichtiger, sich auf das Hier und Jetzt zu besinnen.«
Entschlossen zog sie die Decke von ihren Füßen bis zur Brust hoch und kuschelte sich in das nach Rosen duftende Leinen.
»Was redest du da? Wie kommst du darauf?« Gernot setzte sich auf die Bettkante. »Wer hat behauptet, es stünde schlimm mit uns? Hat Spelmann heute Nachmittag versucht, dir das einzureden? Vergiss den neidzerfressenen, stinkenden Zwerg! Nur weil er sich immerzu mit seinen Geschäften verrechnet und den Litauern und Russen selbst leere Fässer noch zu horrenden Preisen abkauft, geht es nicht auch mit uns anderen am Pregel gleich bergab.«
»Was war das dann heute auf der Holzwiese? Habe ich mir das nur eingebildet, oder hast du tatsächlich verzweifelt um die Aufmerksamkeit der Braker gebuhlt? Selbst Perlbach kam mit seinen kümmerlichen Dauben vor dir dran. Ganz abgesehen davon, dass mir dein guter, alter
Freund
«, sie betonte das letzte Wort mit einem höhnischen Auflachen, »vor Wochen schon zugeflüstert hat, wie argwöhnisch deine lieben Zunftgenossen sind, weil du nicht nur nach Wehlau, sondern auch nach Danzig, Bremen und Lübeck so außergewöhnlich gute Beziehungen unterhältst. Und das ausgerechnet jetzt, wo erst die Altstadt und der Löbenicht, unlängst auch der Kneiphof nach zähem Aufbegehren den Weißmänteln wieder gehuldigt haben. Hast du etwa vergessen, dass wir damit nicht mehr zum Reigen der Bündischen gehören? Dass wir fortan wieder ganz brav im Sinn des raffgierigen Großschäffers und seines Ordens nur das vom Kuchen bekommen dürfen, was die hehren Ritter uns Kaufleuten gnädig übrig lassen? Davon abgesehen, wie hart sie gleich die Daumenschrauben wieder angezogen und neue Abgaben ersonnen haben, um das viele Geld für die teuren Söldner zu beschaffen! Es kann also gar nicht zum Besten mit dir stehen, mein Lieber, wenn du in Zeiten wie diesen ausgerechnet mit fremden Kaufleuten im weiterhin bündischen Wehlau Geschäfte abschließt oder gute Verbindungen nach Danzig und Lübeck pflegst. Jeder weiß, dass die Wehlauer gerade die ersten Schanzen gegen Reuß von Plauens Truppen aufwerfen und die Danziger und Lübecker die aufmüpfigen Kneiphöfer bis zum bitteren Ende noch per Schiff gegen die Deutschordensleute unterstützt haben. Wer als einziger Altstädter mit solchen Lumpen Geschäfte macht, muss am Ende seiner Weisheit angelangt sein.«
»Ich tue nichts Unrechtes«, erwiderte er leise. »Ich tue nichts anderes als das, was alle tun: zugreifen, wenn sich mir eine günstige Gelegenheit bietet. Das war mit der Lieferung Eibenholz aus Wehlau so, das ist mit den Verbindungen nach Danzig und Lübeck nicht anders. Gerade weil sich dort neue Möglichkeiten auftun, wollte ich Caspar dorthin schicken, damit er in unserem Sinn vor Ort mit den Zunftgenossen verhandelt. Dass sich die Lage im Ordensland nach all den Jahren des Stillstands derart rasch gewandelt hat, konnte ich ebenso wenig ahnen wie jeder andere hier am Pregel. Wie aber stehe ich da, wenn ich meine Geschäfte danach ausrichte, wie die Gunst der Ordensritter gerade verteilt ist? Der Handel mit dem Wehlauer Kaufmann ist bereits im April beschlossen worden. Du weißt, ich stehe mit dem Holz bei meinem Gewährsmann in London in der Pflicht. Liefere ich nicht wie verabredet bis zum Herbst, werden wir künftig keine weiteren Geschäfte mit ihm machen. Davon abgesehen, halten es die anderen Zunftgenossen hier auch nicht anders.«
»Nur, dass sie, wenn überhaupt, mit altbekannten Kaufleuten in Wehlau und den anderen Städten zu tun haben und nicht mit gänzlich Unbekannten wie du.«
»Gänzlich unbekannt ist der Kaufmann in Wehlau nicht. Rehbinder hat das
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